"Krone"-Interview

Naughty Boy: “Hier sage ich, wo es langgeht!”

Musik
29.08.2013 08:00
Er ist zurzeit einer der erfolgreichsten Musiker Englands: Shahid Khan produzierte unter anderem Emeli Sandés Hitalbum "Our Version Of Events" und arbeitet eben an der neuen Britney-Spears-Platte. Seinen Namen haben Sie noch nie gehört? Das liegt daran, dass er unter dem "ungezogenen" Pseudonym Naughty Boy fungiert. Im "Krone"-Interview zeigte sich der selbstbewusste Senkrechtstarter streichelweich und sprach über seine Hit-Single "La La La", seine Abneigung gegen Trends und warum One Direction nicht in sein Schema passen.
(Bild: kmm)

"Krone": Dein echter Name ist Shahid Khan, aber im Musik-Business kennt man dich seit einiger Zeit nur als Naughty Boy. Was ist denn so ungezogen an dir?
Naughty Boy: Ich bin in erster Linie eine freie Seele und wenn es um Musik geht, mache ich einfach, was ich will. Du kannst mir nicht sagen, was ich zu tun habe. Musiklabels wollen sich immer einmischen und dir den Weg vorgeben, aber hier sagt Naughty Boy, wo es langgeht (lacht).

"Krone": Du bist so etwas wie das neue Wunderkind im Musikgeschäft, immerhin hast du in den letzten Jahren mit berühmten Künstlerinnen wie Leona Lewis, Cheryl Cole oder Jennifer Hudson gearbeitet. Kommt dir dieser schnelle Erfolg nicht manchmal etwas surreal vor?
Naughty Boy: Definitiv. Ich mache ja erst seit vier Jahren professionell Musik und wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich in dieser kurzen Zeit so weit komme, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Viel hing auch mit der Produktion von einigen Songs von Emeli Sandés Debütalbum zusammen. Aber Naughty Boy steht für die Kraft der Musik und einen Nummer-eins-Hit in meiner Heimat England zu haben, ist ein Wahnsinn. Das war natürlich nicht geplant (lacht).

"Krone": Nun veröffentlichst du dein Debütalbum "Hotel Cabana". Was steckt denn genau dahinter?
Naughty Boy: Ich habe 2005 in einem Fünf-Sterne-Hotel als Kellner gearbeitet und wurde irgendwie besessen von diesem Hotel. Es ist ein faszinierender Platz, an dem du viel beobachten kannst. Hier steigen nur reiche Leute ab, die das Personal oft wirklich mies behandeln. Es gibt so viele Gründe, warum Leute in Hotels absteigen. Manche möchten vor etwas flüchten, andere wiederum haben eine Affäre und betrügen ihre Frau. Als ich die Arbeit zu meinem Debütalbum begann, wusste ich sofort, dass ich über das Hotel schreiben würde, weil es einfach so viel Interessantes darüber zu erzählen gibt. Außerdem erinnert mich das Album an den Eagles-Song "Hotel California". Wenn du reich und toll bist, dann glaubst du, du hast ohnehin alles geschafft. Irgendwie ist das ganze Albumkonzept eine nette Metapher für das Leben.

"Krone": Wären die Eagles nicht auch tolle Musiker für eine Zusammenarbeit?
Naughty Boy: Das wäre der Wahnsinn. Die Frage ist aber wohl eher, ob die mit mir arbeiten wollen (lacht).

"Krone": Ich finde auch das Cover-Artwork sehr interessant, das mich stark an 70er-Jahre-Horrorfilme erinnert.
Naughty Boy: Ja, ich liebe dieses Zeug. Aber entscheidend war, dass du weder mich noch die Musiker auf dem Album siehst. Ich wollte alles ein bisschen mysteriös halten. Ich wollte etwas anderes machen, die Leute sollen in die Welt des "Hotel Cabana" abtauchen können. Ich mag es, wenn sich die Leute fragen, wer denn dieser Typ ist, was hinter seinen Videos steckt und welches Konzept dem zugrunde liegt. Eine Menge Musik, die heutzutage kursiert, kannst du relativ schnell wegschalten - und genau das will ich verhindern. Ich will schließlich länger in diesem Geschäft bleiben. Da muss man seine Chancen nutzen.

"Krone": Dem Album liegt ein audiovisuelles Konzept zugrunde. Welches Ziel hast du damit verfolgt?
Naughty Boy: Einfach ein kompaktes Produkt erzeugen. Das Album sollte jeden ansprechen. Egal ob jung oder alt, dick oder dünn, arbeitend oder arbeitslos. Nimm nur meine Hit-Single "La La La" – das ist ein kleiner Song und plötzlich wird er in der ganzen Welt groß. Obwohl die Leute aus verschiedenen Kulturen stammen und verschiedene Sprachen sprechen, verstehen sie das Grundprinzip des Songs. Ich will keine Musik für Discos, Clubs oder das Radio erzeugen. Meine Musik soll einfach gut sein und längere Zeit überdauern.

"Krone": Mit Emeli Sandé pflegst du eine besondere Beziehung. Du hast mit ihr schon vor ihrem Durchbruch gearbeitet und auf "Hotel Cabana" ist sie bei insgesamt acht Songs beteiligt.
Naughty Boy: Wir haben wirklich eine spezielle Arbeitsatmosphäre und es tut sehr gut jemanden zu haben, dem man künstlerisch so nahe ist. Wir können uns auch voll vertrauen und wenn wir zusammen Musik machen, ist das plötzlich unheimlich einfach. Ich kann es nicht genau erklären, aber es hat etwas Magisches.

"Krone": Also seid ihr auch auf privater Linie wirklich dicke Freunde?
Naughty Boy: Wir sind die besten Freunde und sie ist mein musikalischer Seelenpartner. Auch auf meiner Naughty-Boy-Reise ist es mir sehr wichtig, jemanden zu haben, der mir gute Ratschläge geben kann. Schließlich ist sie weltweit schon eine sehr große Nummer und ich kann ein Teil dieses Ganzen sein.

"Krone": Mit "La La La" bist du unlängst auf Platz vier der österreichischen Charts gelandet und ganz Europa summt die Melodie des Songs mit. Wie geht es dir mit diesem rasant-spontanen Erfolg?
Naughty Boy: Es ist großartig. Ich gebe nicht viele Interviews und zeige mich nur sehr ungern, umso schöner ist es natürlich, dass die Leute die Musik von Naughty Boy lieben und aufregend finden. Ich bin selbst sehr aufgeregt, schließlich ist das erst der Start.

"Krone": Was muss ein Song deiner Meinung nach enthalten, um wirklich gut zu sein?
Naughty Boy: Er muss dich auf jeden Fall bewegen, sollte dich etwas fühlen lassen. Musik ist so kraftvoll und sollte nicht verschwendet werden. Jedes Wort, jedes Riff kann Menschen verändern. Die Menschen haben einen speziellen Song für ihre Hochzeit und für Begräbnisse. Mein Ziel dabei ist es Songs zu schreiben, die einen kurzfristigen Trend überdauern.

"Krone": Ursprünglich hast du Business und Marketing studiert. Wie riskant war es denn, plötzlich all das Geld und die Zeit in das Musikgeschäft zu stecken?
Naughty Boy: Natürlich war es riskant und es hätte alles völlig danebengehen können. Als ich mein Studium geschmissen habe und mich auf die Musik konzentrierte, hatte ich gar nichts. Ich habe dann bei einer Fernseh-Gameshow 44.000 Pfund gewonnen und hatte damit zumindest Zeit nachzudenken, wie ich das Geld sinnvoll verwenden könnte. Selbst wenn du nicht weißt, warum, musst du einfach weitermachen. Du musst an dich glauben und auch Rückschläge verarbeiten können. Aufgeben ist keine Option (lacht).

"Krone": Du warst auch Pizzalieferant in London. Sind das Erlebnisse, die dich auch jetzt im Erfolg am Boden halten?
Naughty Boy: Auf jeden Fall. Ich weiß genau, wie es sich anfühlt, wenn man nichts hat und oftmals keinen Ausweg mehr sieht. Ich werde diese Zeiten auch nie vergessen und bin immer noch ein totaler Working-Class-Typ. Ich glaube auch nicht alles, was man mir erzählt, und vertraue immer meinem Gefühl. Wie gesagt ist das jetzt erst der Anfang und ich habe noch sehr viel vor.

"Krone": Aufgrund deines damaligen Studiums wirst du dich auch nicht so leicht um den Finger wickeln lassen, wenn es um geschäftliche Belange geht.
Naughty Boy: Vielleicht, aber ich hab das Studium ja recht schnell geschmissen (lacht). Aber meine Kraft liegt im kreativen Prozess. Ich kann natürlich über Pläne, Marketing und Geschäft grübeln, aber ohne gute kreative Einfälle hat das überhaupt keinen Sinn.

"Krone": Wie haben eigentlich deine Eltern auf deinen mutigen Schritt ins Musikgeschäft reagiert?
Naughty Boy: Als ich zu Hause mal erwähnte, dass ich mich im Musikgeschäft durchboxen möchte und jetzt erst einmal nicht arbeite, waren Mum und Dad natürlich verängstigt. Natürlich wollten sie, dass ich einen Studienabschluss und einen guten Job habe. Es war nicht leicht, weil sie nicht an mich geglaubt haben. Das war aber nicht ihr Fehler. Ich musste ihnen halt das Gegenteil beweisen (lacht). Jetzt sind sie stolz auf mich.

"Krone": Zurück zur Muswierig, sich von trendigen Songstrukturen abzukoppeln?
Naughty Boy: Ich finde es nicht schwierig, ganz im Gegenteil. Ich erhalte daraus Kraft. Ich habe etwa einen Song für Rihanna produziert, aber das trotzdem auf meine Art und Weise gemacht. Ich lasse mir halt nicht dreinreden und das hält die Sache auch aufregend.

"Krone": Aber gerade Rihanna ist das Paradebeispiel für Trendmusik.
Naughty Boy: Das stimmt schon, Rihanna ist derzeit wohl der größte Popstar der Welt. Aber Rihanna hat auch viel Macht, denn das nächste Album von ihr könnte ganz anders klingen und die Leute würden es trotzdem hören, weil es eben von Rihanna ist. Sie ist eben ein Popstar und ich liebe Popmusik. Ich bin damit aufgewachsen, habe all die Größen gehört und möchte gerne selbst Teil der nächsten Welle sein.

"Krone": Was ist deiner Meinung nach der Grund, dass derzeit fast alle Stars mit Naughty Boy arbeiten möchten?
Naughty Boy: Ich glaube, das Geheimnis ist die Tatsache, dass ich kein Geheimnis habe (lacht). Ich behandle jeden Menschen als Individualisten, es gibt bei mir keine vorgefertigten Formeln. Alles wird auf die Person zugeschnitten, mit der ich gerade arbeite. Und ich bin kein Komiker, sondern kenne mich mit der Materie aus. Das ist auch das Geheimnis, nur so werden sich die Menschen dir gegenüber öffnen. Ich will einfach die bestmögliche Verbindung zum jeweiligen Künstler schaffen.

"Krone": In nächster Zeit wirst du auch am neuen Album von Britney Spears mitarbeiten. Was können wir uns davon erwarten?
Naughty Boy: Ich arbeite zusammen mit William Orbit an einigen Songs für Britney – nicht am ganzen Album. Das ist aber eine interessante Kooperation, denn ich will mit ihr wirklich gute Pop-Songs machen. Mich interessiert nichts Ultracooles, Trendiges – das ist nicht mein Ding.

"Krone": Du hast sogar eine Zusammenarbeit mit One Direction, derzeit immerhin eine der allergrößten Boybands, abgelehnt. Warum das?
Naughty Boy: Es war keine wirkliche Ablehnung, aber ich möchte mit One Direction lieber auf deren nächsten oder übernächsten Album arbeiten, wenn sie sie sich ein bisschen von den derzeitigen Strukturen lösen und sich musikalisch etwas verändern. Ich kann zu ihrer derzeitigen Ausrichtung einfach nichts beitragen. Sie waren recht schnell recht groß. Ich würde gerne einen Song mit ihnen machen, aber das ist eben nicht der typische One-Direction-Song.

"Krone": Noch mal kurz zurück zu "Hotel Cabana". Auch dort quillt das Album vor Gaststars wie etwa Gabrielle, Bastille oder Ed Sheeran über, um nur ein paar zu nennen. Kommt es da nicht oft zu Meinungsverschiedenheiten, wenn du deine Ideen mit so vielen unterschiedlichen Künstlern ausdiskutieren musst?
Naughty Boy: Nicht mit den Leuten, die du auf dem Album hörst. Es ist schlichtweg wichtig, eine gute Verbindung zu den Leuten zu haben, vor allem, da "Hotel Cabana" mein Album ist, das meine Geschichte erzählt. Ich hatte noch nie Probleme mit Zusammenarbeiten, das blieb mir bislang zum Glück verwehrt.

"Krone": Hast du bestimmten Künstlern schon einmal eine Absage erteilt?
Naughty Boy: Ja, ich habe auch schon Namen abgelehnt, weil es vom Konzept oder der Zeit her nicht gepasst hat, aber ich will sie nicht namentlich nennen, da sie große Kaliber im Musikgeschäft sind.

"Krone": Gibt es denn Künstler, mit denen du noch unter allen Umständen arbeiten möchtest?
Naughty Boy: Adele. Das wäre der absolute Wahnsinn.

"Krone": Hast du da schon Näheres geplant?
Naughty Boy: Dazu will ich nicht viel sagen, aber eine Zusammenarbeit mit Adele steht ganz oben auf der To-do-Liste.

"Krone": Abschließend, was sind denn deine nächsten Schritte?
Naughty Boy: Ich will die Welt erobern. Es ist ein großer Plan, das ist mir bewusst, aber ich bin jetzt mittendrin und will weiterkommen. Darauf liegt mein Fokus.

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