Hundstorfer vs. WKÖ

All-in-Verträge boomen – Zwist um Einschränkungen

Wirtschaft
14.08.2013 13:04
Längst haben nicht mehr nur hoch bezahlte Manager sogenannte All-in-Verträge, in denen von Normalarbeitszeit bis Überstunden alles abgegolten wird. Laut einer Erhebung der Statistik Austria ist bereits jeder fünfte Arbeitsvertrag "all in". Sogar bei Hilfskräften, Handwerkern oder Verkäuferinnen ist das keine Seltenheit mehr. Sozialminister Rudolf Hundstorfer fordert Einschränkungen und Transparenz, Gewerkschaften und Arbeiterkammer stärken ihm den Rücken. Der Koalitionspartner ÖVP und die Wirtschaft sind wenig angetan.

Der Sozialminister will vermeiden, "dass Leute, die 20 Stunden Pauschale haben, permanent 40 machen", sagte er am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal". In diesen Fällen müsste es weitere Zuzahlungen geben. Durch All-in-Verträge werde indirekt der Kollektivvertrag ausgehebelt, die Menschen würden auf die Gesamtarbeitszeit gerechnet unter KV-Niveau bezahlt.

Beispiel Elektriker: 3.600 Euro zu wenig im Jahr?
Einem Elektriker zum Beispiel, der einen All-in-Lohn von 2.500 Euro bekommt und im Monat regelmäßig 30 Überstunden leistet, entgingen im Jahr 3.600 Euro, rechnet das Sozialministerium vor: Der branchen- bzw. ortsübliche Lohn liege bei 2.200 Euro, die Überstundenpauschale beträgt hier also 300 Euro. Mit diesen 300 Euro würden aber nur 15 Überstunden im Monat abgegolten (Grundlage: Stundenlohn für Normalarbeitszeit = 12,17 Euro, 1,5-facher Überstundenlohn = 19,07 Euro), der Arbeitnehmer bekomme daher monatlich 15 Überstunden im Wert von 300 Euro nicht abgegolten.

"All in" in vielen Branchen im Steigen
Dass Elektriker All-in-Verträge haben, ist nicht mehr unüblich. Laut Statistik Austria haben bereits 44.100 Handwerker eine solche Klausel im Arbeitsvertrag, das sind 9,6 Prozent. Auch rund jede zehnte Hilfsarbeitskraft (16.600 Menschen) und jeder zehnte Fabriksarbeiter oder Monteur (20.000 Personen) werden nach dem Pauschalprinzip bezahlt. Noch höher ist der All-in-Anteil bei Akademikern (30,4 Prozent), Technikern (23,5 Prozent), Bürokräften (17,8 Prozent) und Verkäufern (16,4 Prozent).

Klar an der Spitze liegen weiterhin die Manager: Von den 130.900 österreichischen Führungskräften schreiben 54,6 Prozent keine Stunden. Trotzdem entfällt nur ein Siebentel aller All-in-Verträge auf Manager, aber 17 Prozent auf Hilfskräfte, gibt Hundstorfer zu bedenken. "Das war nicht geplant, auch nicht, dass das im Verkaufs- und Dienstleistungsbereich angewendet wird." Dadurch werde umgangen, dass in manchen Fällen Überstunden korrekt entlohnt werden: "Ein Paket Überstunden wird bezahlt, aber ein ganzes weiteres Paket machst du unbezahlt", sagte Hundstorfer.

Hundstorfer will Transparenz im Arbeitsvertrag
Die Lösung, die Hundstorfer vorschwebt, ist Transparenz. Im Arbeitsvertrag solle klar ausgewiesen werden, wie viele Überstunden durch die Überzahlung abgedeckt sind und ab wann man de facto gratis arbeiten würde. "Alle Überstunden, die außerhalb des vertraglich vereinbarten Gehalts liegen, müssen dann natürlich ebenfalls bezahlt werden", so der Minister. Ganz abschaffen will Hundstorfer die All-in-Verträge aber nicht.

ÖGB: "All in" nur noch für leitende Angestellte
Stärker bläst da schon die Gewerkschaft zum Angriff. Bernhard Achitz, der Leitende Sekretär des ÖGB, forderte am Mittwoch, dass All-in-Klauseln nur mehr für leitende Angestellte erlaubt sind. Im Vertrag solle zudem "das für die Normalarbeitszeit zustehende Grundgehalt ersichtlich sein". Auch die Gewerkschaft der Privatangestellten spricht sich für eine Beschränkung von All-in-Verträgen auf "tatsächliche Führungspositionen" aus. Die Arbeiterkammer will wie Hundstorfer mehr Transparenz in den Verträgen.

WKÖ: Entlastung der Betriebe nicht einschränken
Eine Abfuhr bekam der Sozialminister erwartungsgemäß von der Wirtschaftskammer. WKÖ-Sozialpolitikexperte Martin Gleitsmann hielte es für einen "Fehler", die Entlastungsmöglichkeiten der Betriebe einzuschränken, wie er im Ö1-"Mittagsjournal" sagte. Gerade in den Krisenjahren 2008 und 2009 habe die Flexibilität geholfen, die Verluste der heimischen Unternehmen in Grenzen zu halten.

Auch der Koalitionspartner will von einem All-in-Verbot für normale Angestellte offenbar nichts wissen: Wenn Hundstorfer bei den Regierungsverhandlungen eine konkrete Regelung zu All-in-Verträgen ansprechen wolle, könne man das im Rahmen eines Gesamtpakets diskutieren, so Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner.

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