"Fatales Desaster"

Kurzzeit-Alpine-Chef: “Firma war bereits klinisch tot”

Wirtschaft
01.07.2013 12:08
Deftige Worte hat Kurzzeit-Alpine-Chef Arnold Schiefer (Bild) am Sonntagabend in der ORF-Diskussionssendung "Im Zentrum" gewählt, um die Pleite seines Unternehmens zu kommentieren. Schiefer sprach von einem "fatalen Desaster", dessen Aufarbeitung "noch Jahre dauern" werde. Bereits im April sei die Firma "klinisch tot" gewesen.

Auf die Frage, warum Schiefer den Posten übernommen habe, antwortete der Alpine-Chef, es habe trotz der schlechten Nachrichten auch positive Anzeichen für einen "Turnaround" gegeben. Im April hatte das Unternehmen eine 400-Millionen-Euro-Spritze bekommen. Noch am 17. Juni habe es dann für eine neuerliche Rettung gut ausgeschaut, so Schiefer. Banken hätten noch einmal 160 Millionen Euro zugesagt, die Garantien am Tag darauf ausgestellt. Nur dann kam die zugehörige Geldspritze - 200 Millionen Euro - aus Spanien nicht.

"Die Spanier haben über Jahre Hunderte Millionen Euro investiert. Dann konnten sie nicht mehr - das Ergebnis sehen wir", so Schiefer. "Schließlich haben wir die Lieferanten nicht mehr bezahlen können." Die Aufarbeitung des "fatalen Desasters" werde mehrere Jahre dauern. "Im Management hat es Kontrollversagen, Selbstüberschätzung gegeben", erklärte Schiefer.

Schiefer: "Baustellen müssen schnell weiterlaufen"
Nun sei es wichtig, dass die Baustellen möglichst schnell weiterlaufen. Es sei realistisch, "in den nächsten Wochen, 60, 70 Prozent" der Alpine-Arbeiter weiterzubeschäftigen. Bei Großprojekten "appelliere ich an die großen Auftraggeber, die Nachfolgeunternehmen die Aufträge abarbeiten zu lassen", so der Kurzzeit-Chef. Er hoffe, es werde nicht allzu viele Zulieferfirmen treffen.

Ex-Böhler-Uddeholm-Chef: "Schwere Managementfehler"
Der ehemalige Böhler-Uddeholm-Chef Claus Raidl sagte, "die Alpine ist nicht pleitegegangen, weil sie zu wenige Aufträge hatte, sondern offensichtlich schwere Managementfehler passiert sind". Er sprach sich gegen ein Konjunkturpaket für die "überdimensionierte Bauwirtschaft" aus, forderte vielmehr die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung.

Zu den Auffanglösungen für die Alpine-Baustellen in den Bundesländern sagte der Chef der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch, "die steirische Lösung ist die Beste". Dort werden alle Alpine-Mitarbeiter vom Lehrling bis zur Angestellten übernommen. Die "große Frage" für Muchitsch sei allerdings, "was ist, wenn die Alpine-Baustellen dann abgearbeitet sind".

Regionale Auffanglösungen für Tirol und Salzburg
Dem Gläubigerausschuss wurden nun auch regionale Auffanglösungen für Baustellen des insolventen Baukonzerns Alpine in Tirol und Salzburg zur Genehmigung vorgelegt. Die Hans Bodner Baugesellschaft hat ein Angebot für Baustellen der Alpine in Tirol sowie den Industriebau in Salzburg gelegt, und der Tiefbau in Salzburg soll an die G. Hinteregger & Söhne Baugesellschaft gehen.

Der Gläubigerausschuss hatte am vergangenen Freitag bereits drei regionale Lösungen durchgewunken und die Angebote der oberösterreichischen Bauunternehmen Habau und Swietelsky sowie der Salzburger Hinteregger angenommen.

Sozialminister: "Sehr viele werden weiterbeschäftigt"
Sozialminister Rudolf Hundstorfer zeigte sich am Montag optimistisch, dass der Gläubigerausschuss auch der "Vorgehensweise in Tirol und Salzburg zustimmen wird". "Dann hätten wir von den acht Bundesländern, wo die Alpine tätig ist, sieben erledigt. Das heißt, die Zahl 1.800 wird sich entsprechend noch erhöhen", sagte Hundstorfer bei der Präsentation der Juni-Arbeitslosenzahlen. "Es wird sicher auf 2.500, 2.600 hinaufgehen."

Von den schätzungsweise 3.500 Alpine-Mitarbeitern, die als Arbeiter einzustufen seien, werden dem Minister zufolge "sehr viele weiterbeschäftigt werden", aber auch bei den Angestellten gebe es Übernahmen.

Mit den bisher eingeleiteten regionalen Auffanglösungen wären schon einmal rund die Hälfte der 4.905 Mitarbeiter aufgefangen, die allein von der Milliardenpleite der Alpine Bau GmbH unmittelbar betroffen sind. Insgesamt beschäftigt die Alpine hierzulande rund 7.500 Mitarbeiter, im Ausland sind es noch einmal etwa 7.500.

Erste Folgeinsolvenz nach der Alpine-Pleite
Auch Hans-Georg Kantner vom KSV 1870 hatte am Sonntag seine Sorge geäußert, dass viele Zulieferfirmen nun ebenfalls von einer Pleite bedroht sein könnten. "Ich bin überzeugt, dass es Folgeinsolvenzen geben wird", meinte Kantner.

Er sollte Recht behalten: Die oberösterreichische Firma Schnell-Estrich und -Putz GesmbH mit Sitz in Raab (Bezirk Schärding) ist laut Kreditschützern die erste Folgeinsolvenz aus der Alpine-Pleite. Betroffen sind 14 Beschäftigte, deren Dienstverhältnisse bereits beendet wurden, und 44 Gläubiger.

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