1925-2013

Kommunengründer Otto Muehl mit 87 Jahren gestorben

Österreich
27.05.2013 07:28
Er revoltierte mit den Mitteln der Kunst gegen die Gesellschaft und hat dabei sowohl Grenzen überschritten als auch Gesetze gebrochen: Sonntag früh ist der an Parkinson erkrankte und an Herzproblemen leidende Aktionist und Kommunengründer Otto Muehl im Alter von 87 Jahren "friedlich im Kreis seiner Freunde in Portugal gestorben", wie die Leiterin des Muehl-Archivs, Daniele Roussel, bestätigte. Muehl war einer der umstrittensten Künstler der Zweiten Republik. Wegen verschiedener Sittlichkeitsdelikte saß er sechseinhalb Jahre in Haft.

Otto Muehl wurde am 16. Juni 1925 im burgenländischen Grodnau als Sohn eines Volksschullehrers und einer Hausfrau geboren. 1940 wurde der Gymnasiast zum Landdienst, später zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht eingezogen. Zwischen 1948 und 1952 absolvierte er ein Lehramtsstudium für Deutsch und Geschichte an der Uni Wien, 1952 begann er ein Studium der Kunstpädagogik an der Akademie der bildenden Künste. Während des Studiums arbeitete er als Zeichenlehrer in einem Kinder-Therapieheim.

Seine ersten künstlerischen Arbeiten waren Skulpturen aus Gerümpel. Muehl machte Bekanntschaft mit Günter Brus, Hermann Nitsch, Kurt Kren und anderen, die in der Folge den Wiener Aktionismus prägten oder begleiteten. 1962 entstand das Manifest "Die Blutorgel", im Jahr darauf wurde das "Fest des psycho-physischen Naturalismus" von der Polizei abgebrochen. 1968 wurde Muehl nach der Aktion "Kunst und Revolution" verhaftet, er verbrachte zwei Monate in U-Haft.

Von der Praterstraße über den Friedrichshof nach La Gomera
1970 gründete Muehl die Kommune Praterstraße in Wien. Zwei Jahre später erwarb seine Gruppe den Friedrichshof im burgenländischen Bezirk Neusiedl am See. In ihrer Blütezeit zu Beginn der 80er-Jahre umfasste die Kommune, die zahlreiche Stadt-Dependancen sowie eine Niederlassung auf der spanischen Kanareninsel La Gomera umfasste, mehr als 600 Personen und verzeichnete auch erstaunliche wirtschaftliche Erfolge.

"Despot" Muehl landete wegen Sittlichkeitsdelikten in Haft
Die konkrete Arbeit an der radikalen Utopie von der Veränderbarkeit der Welt durch Kunst endete jedoch in Chaos, in heftigen Vorwürfen gegen den Errichter eines "despotischen, demütigenden, unterdrückenden Systems" und schließlich vor Gericht. 1991 wurde Muehl wegen Sittlichkeitsdelikten bis hin zur Vergewaltigung, Verstößen gegen das Suchtgiftgesetz und Zeugenbeeinflussung schuldig gesprochen und zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Sechseinhalb Jahre Haft verbüßte er.

Späte Entschuldigung 2010: "Ich bereue es sehr"
Nach seiner Entlassung 1998 lebte er gemeinsam mit einigen Künstlerfamilien in der "Art & Life Family"-Kommune in Portugal. 2010 entschuldigte er sich anlässlich einer Ausstellung im Wiener Leopold Museum erstmals öffentlich. Er habe sich "in einigen Sachen grundsätzlich geirrt", gab er in einem zur Veröffentlichung bestimmten Brief zu.

"Ich habe meine Wirkung als sogenannter Häuptling innerhalb der Kommune unterschätzt", hieß es in dem Schreiben weiter. "Die Stellungnahme der Jugendlichen damals im Gerichtssaal machte mich fassungslos. Ich wollte sie befreien und habe sie mit sexueller Überschreitung stattdessen überrumpelt und gekränkt. Es war auf keinen Fall meine Absicht. Ich hoffe, dass sie mir verzeihen. Ich bereue es sehr."

Künstlerischer Stellenwert umstritten
Die Einschätzung der künstlerischen Bedeutung des Werks von Otto Muehl ist ebenso unterschiedlich wie die von ihm gewählten Ausdrucksformen. Schon in seiner ersten Aktion "Versumpfung einer Venus" im Jahr 1963 und den folgenden "Materialaktionen" spielte Sexualität und das Herantasten an künstlerische wie gesellschaftliche Tabus eine große Rolle. Kaum eine internationale Aktionismus-Ausstellung kommt ohne seine Werke aus.

In den frühen 1970er-Jahren wandte sich Muehl vom Aktionismus ab und begann wieder zu malen. Seither entstanden neben vielen expliziten Darstellungen etwa Siebdrucke mit Politikerporträts oder zuletzt sogenannte "Electric Paintings" - elektronisch gemalte Collagen, bei denen Einzelfotos von Aktionen am Computer weiterentwickelt wurden. Bild 5 zeigt die Werke "Hitler und Eva Braun" und "Hinrichtung", beide aus dem Jahr 1984.

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