Stimmzettel-Skandal
Bulgarien: Sieger Borissow will Wahl annullieren lassen
Dem früheren Ministerpräsidenten zufolge wäre es für Bulgarien besser, Neuwahlen anzuberaumen, weil die Patt-Situation im Parlament zu keiner stabilen Regierung führen könne. Die GERB will angesichts einer fehlenden Mehrheit im Abgeordnetenhaus ein Minderheitskabinett vorschlagen. "Wir wissen, dass es keine Aussicht auf Erfolg gibt, aber wir schulden es unseren Wählern, die uns als stärkste Parlamentskraft gewählt haben", so Borissow.
Hunderttausende Stimmzettel manipuliert?
Ermittler hatten am Samstag in einer privaten Druckerei nahe Sofia 350.000 offenbar gefälschte Stimmzettel beschlagnahmt. Sie wurden bei der Auszählung nicht berücksichtigt. Der Druckereibesitzer soll enge Verbindungen zu Borissow unterhalten. Zahlreiche Stimmen in der bulgarischen Öffentlichkeit sprachen von Manipulation, auch die Staatsanwaltschaft erhob entsprechende Anschuldigungen.
Borissow prophezeite, dass sich die Vorwürfe als "Lüge" herausstellen würden. Zugleich warf er den Anklägern vor, seine Partei bei der Wahl um "fünf bis sechs Prozent" gebracht zu haben. Laut Staatsanwaltschaft konnte bisher nicht vollständig geklärt werden, ob die Wahlzettel zum Zweck der Manipulation gedruckt wurden.
Regierungsbildung nahezu unmöglich
Die zentrale Wahlkommission hatte am Mittwochabend die offiziellen Wahlergebnisse bekannt gegeben. Sie bestätigen das politische Patt zwischen den Lagern: Stärkste Fraktion im Parlament ist die GERB mit 30,5 Prozent, gefolgt von ihrem politischen Hauptgegner, den Sozialisten, mit 26,6 Prozent der Stimmen. Die Interessensvertretung der türkischen Minderheit, DPS, erzielte 11,2 Prozent, die Nationalisten von Ataka 7,3 Prozent.
Die neue Sitzverteilung im 240-köpfigen Parlament macht die Regierungsbildung mühsam: Die GERB entsendet 97 Abgeordnete ins Parlament. Eine als wenig wahrscheinlich geltende Koalition mit Ataka, die als kleinste Fraktion über 23 Abgeordnete verfügt, käme nur auf insgesamt 120 Sitze und somit auf exakt die Hälfte der Abgeordneten im Parlament. Die Sozialisten haben als zweitstärkste Parlamentskraft 84 Sitze. Sie streben eine Koalition mit der DPS an, die 36 Abgeordnete ins Parlament schickt. Dadurch erreicht keine der derzeit als denkbar geltenden Koalitionen eine parlamentarische Mehrheit, um eine Regierung bilden zu können.
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