Flöttl "sehr erfreut"

BAWAG-Prozess zu Ende: Freisprüche rechtskräftig

Wirtschaft
15.05.2013 19:27
Im BAWAG-Prozess sind nun alle Freisprüche rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft ihre Berufung gegen alle Urteile, auch jenes gegen den Investmentbanker Wolfgang Flöttl (Bild), zurückgezogen hat. Dies erklärte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien am späten Mittwochnachmittag. Damit ist das seit Juli 2007 laufende BAWAG-Verfahren rund um Spekulationen mit Geldern der Bank und die Vertuschung des Verlusts endgültig zu Ende.

Im Juli 2008 war Flöttl vom Schöffengericht zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, zehn Monate davon unbedingt. Das Urteil des Schöffensenats unter Vorsitz von Richterin Claudia Bandion-Ortner, der späteren Justizministerin, wurde im Dezember 2010 wegen Mängeln aufgehoben. Im zweiten BAWAG-Prozess wurde Flöttl dann vom Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Christian Böhm im Dezember 2012 freigesprochen, die Staatsanwaltschaft legte aber zunächst Nichtigkeitsbeschwerde ein und ging in Berufung.

Flöttl laut Anwalt "sehr erfreut"
Nun seien alle Rechtsmittel zurückgezogen worden, so Flöttls Anwalt, der kurz zuvor von der Staatsanwaltschaft verständigt wurde. Sein Mandant befinde sich derzeit in New York und sei "sehr erfreut" über den Ausgang des Verfahrens, erklärte der Jurist.

Elsner saß viereinhalb Jahre ab
Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner hatte im ersten Prozess die Höchststrafe von zehn Jahren erhalten, wovon er viereinhalb Jahre abgesessen hatte. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er für haftunfähig erklärt. Sein ehemaliger Generalsekretär Peter Nakowitz fasste drei Jahre unbedingt aus. Ex-BAWAG-Chef Johann Zwettler erhielt fünf Jahre Haft, ist jedoch ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen haftunfähig. Der ehemalige Aufsichtsratspräsident Günter Weninger wurde zu einem Monat bedingt verurteilt.

Alle anderen Angeklagten wurden im zweiten Verfahren freigesprochen. Diese Freisprüche für Wolfgang Flöttl, die Ex-Vorstände Christian Büttner, Hubert Kreuch, Josef Schwarzecker und den Prüfer Robert Reiter wurden nun mit Rechtsmittelverzicht der Staatsanwaltschaft rechtskräftig. Für den Verzicht gibt es keine Begründung, die Anklagebehörde müsse diesen Schritt auch nicht begründen, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Viele Fragen weiterhin ungeklärt
Im Prozess wurden viele Fragen nicht geklärt. Flöttl hatte mit der gewerkschaftseigenen BAWAG, wo sein Vater Generaldirektor war, jahrelang riskante Spekulationsgeschäfte gemacht und nach dessen Abgang in engem Kontakt mit Elsner die "Karibik-Geschäfte" weitergeführt. Nach mehreren riesigen Verlusten ab Herbst 1998 wurden die Geschäfte schließlich gestoppt. Die Bankführung vertuschte die Verluste nach außen, nach innen versuchte eine "Bilanzrunde" die Löcher zu stopfen. Erst mit dem Konkurs des BAWAG-Geschäftspartners Refco im Jahr 2005 flog der Skandal auf, die Mühlen der österreichischen Justiz begannen zu mahlen. Der Skandal kostete dem ÖGB seine Bank, die an den Hedgefonds Cerberus verkauft werden musste.

Flöttl präsentierte von Anfang an Elsner als einzig Schuldigen an der Misere. Unterstützt wurde er von den meisten übrigen Angeklagten, die Elsner als autoritären Tyrannen darstellten. Völlig anders die Darstellung Elsners, der den Totalverlust, den Flöttl gleich mehrmals mit den BAWAG-Millionen baute, bis heute bestreitet - stattdessen habe Flöttl das Geld eingesteckt, behauptet der Ex-Bankchef. Flöttl wiederum verwies im Prozess auf einen Computercrash, durch den seine Buchhaltungsunterlagen zerstört worden seien.

Als "Bedienungsanleitung" für künftige Bankskandale bezeichnete Elsners Verteidiger bei der Urteilsverkündung im zweiten Verfahren die Begründung der Freisprüche. Das Gericht habe es sich demnach leicht gemacht und nicht nach dem Verbleib des Geldes geforscht. Flöttls Verteidiger hingegen sieht das Urteil einfach so gut begründet, dass die Staatsanwaltschaft freiwillig auf ein Rechtsmittel verzichtete.

Elsner empört: "Flöttl hat gestohlen"
Elsner wiederum zeigte sich am Mittwochabend empört über den nunmehr rechtskräftigen Freispruch für Flöttl. Dieser hätte nicht wegen Beihilfe zur Untreue, sondern wegen Betrugs und Diebstahls angeklagt werden müssen: "Er hat ja nicht spekuliert, er hat gestohlen."

Elsners Ehefrau Ruth sprach von "einer Skurrilität der Justiz": "Da macht jemand im Prozess ein Geständnis, und am Ende gibt's für ihn einen Freispruch". Ihr Mann habe in der Zwischenzeit Beweise geliefert, dass das Geld nicht verloren worden sei, "sondern einfach eingesteckt". "Man will der Frage, wo die 1,4 Milliarden Euro geblieben sind, einfach nicht nachgehen", empörte sie sich.

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