Causa Arnautovic

Schinkels: “Wir waren die gleichen Volltrottel”

Sport
30.04.2013 12:13
Marko Arnautovic scheint den Bogen endgültig überspannt zu haben. Nicht wenige Ex-Kicker und nunmehrige Experten fordern nach seinem Rauswurf bei Werder Bremen auch von Teamchef Marcel Koller ein klares Zeichen. Dabei war früher keineswegs alles besser. "Wir waren die gleichen Volltrottel", verrät Frenkie Schinkels gegenüber krone.at. In der Tat gingen er, Ogris, Ivanov und Co. nicht immer gleich nach dem Abendgottesdienst zu Bett, wie wir beim Durchstöbern verstaubter Erinnerungen zutage förderten.

Es ist zum Zerkugeln, wenn Didi Kühbauer, selbst nicht eben der Prototyp eines seitenscheiteltragenden Sängerknaben, seine Erinnerungen an Enfant terrible Trifon Ivanov Revue passieren lässt. "Er war eine faule Sau zum Quadrat", doziert "Don Didi" über den gleichermaßen genialen wie wahnsinnigen Kollegen, mit dem er 1996 als Rapid-Spieler ins Europacup-Finale stürmte. "Ich habe noch nie einen Spieler so schlecht trainieren gesehen wie ihn. Ich hab' gehört, dass er jetzt ein paar Kilos mehr auf den Rippen hat. Aber das wundert mich überhaupt nicht."

"Den konntest du nicht umpolen"
In ihrem Buch "100 Stars in Grün-Weiß" widmen die "Krone"-Redakteure Peter Linden und Peter Klöbl dem launischen Bulgaren und dessen Eskapaden ein eigenes Kapitel. Wie viele Geldstrafen gegen Ivanov bei Rapid verhängt wurden, lässt sich nicht mehr genau entschlüsseln. Fakt ist, dass sämtliche Erziehungsversuche kläglich scheiterten. "Den musstest du lassen, wie er war. Ihn konntest du sowieso nicht umpolen", schmunzelt "Turban-Bomber" Carsten Jancker, jetzt Co-Trainer bei den Rapid-Profis. Auch der damalige Cheftrainer Ernst Dokupil hatte das bald überrissen. "Ich hab' zum Trifon gesagt: 'Mach's oder mach's nicht.' Und er hat's gemacht oder auch nicht", sagt er.

In einem sind sich alle Trifon-Kenner aber einig: Er war ein genialer Kicker und eine starke Persönlichkeit am Platz. "Wenn du Leistung bringst, sind danach alle Mätzchen vergessen", so Dokupil heute.

"Psychiater statt Konditrainer"
Genau an diesem Kriterium scheint sich Skandalboy Arnautovic aber regelmäßig die Zähne auszubeißen. "Wir machen den Marko mit all der Aufmerksamkeit, die wir ihm zukommen lassen, wichtiger, als er ist. Wir müssen jetzt endlich die Reißleine ziehen, sonst tun wir ihm keinen Gefallen", meint TV-Analytiker Schinkels im Gespräch mit krone.at.

Ob Arnautovic nach seiner Verbannung aus dem Werder-Bremen-Kader wegen seiner nächtlichen Tour zumindest noch im Nationalteam tragbar ist? "Nein", legt sich Schinkels fest. "Marcel Koller müsste jetzt endlich ein Zeichen setzen. Oder ihm beim Training statt des Konditrainers einen Psychiater zur Seite stellen."

Selbst habe Schinkels als Trainer durchaus auch schwierige Charaktere zu bändigen gehabt. "Roman Wallner, Adam Ledwon oder auch Roli Linz - das waren alles keine Kinder von Traurigkeit. Aber die haben mir das Vertrauen, das ich ihnen geschenkt habe, mit Leistung zurückgezahlt. Und das vermisse ich bei Arnautovic."

Dass der (Noch-)Werder-Legionär doch noch den Turnaround schaffen könnte, glaubt Schinkels nicht: "Wenn man sich bei Werder Bremen in dieser Situation so aufführt, glaube ich nicht mehr daran. Marko hat von Trainer Thomas Schaaf schon so oft eine Chance bekommen - irgendwann ist Schluss. Und das tut mir weh. Denn ein fitter und konzentrierter Arnautovic wäre für Österreich sehr wertvoll."

"Puffs und Bars"
Dabei war Schinkels selbst als Aktiver "genau der gleiche Volltrottel", wie er unverblümt festhält. Über seine Zeit bei der Austria schildert er in seinem Buch "Die nackte Wahrheit": "Der Ogerl (Andi Ogris, Anm.) war ein Viech - nicht nur am Platz, sondern auch beim Fortgehen. Puffs und Bars - das war unser Revier."

Ogris: "Absoluter Schwachsinn"
Davon will Ogris im Gespräch mit krone.at allerdings nichts wissen. "Ich muss und will nicht alles kommentieren, was der Schinkels in seinem Buch schreibt. Ich hab's auch noch nicht gelesen. Mir ist nur zugetragen worden, wo ich mich mit ihm angeblich überall herumgetrieben hätte. Wenn er meint, das schreiben zu müssen, nur damit sich das Buch verkauft, muss ich mich leider von ihm distanzieren. Denn das ist absoluter Schwachsinn."

Nur so viel: "Dass ich kein Kind von Traurigkeit war und bin, das wissen wir eh alle. Natürlich haben wir auch über die Stränge geschlagen. Aber wir haben gewusst, wann wir uns das erlauben können. Und wenn Arnautovic das in einer Situation macht, in der der Verein eh schon mit dem Rücken zur Wand steht, ist das natürlich nicht förderlich."

Abgefahren sei der Zug für "Arnie" zwar noch nicht, meint "Ogerl", "aber es wird jetzt wirklich einmal Zeit für ein längeres Gespräch mit ihm". Dabei würde Ogris Arnautovic im Nationalteam noch einmal begnadigen. "Wenn er sich im Team nichts zu Schulden kommen hat lassen, dann würde ich's dabei belassen. Aber solche Aktionen sind halt wirklich mühsam."

Auch wenn ihm klar ist, dass im heutigen Medien- und Internetzeitalter jede kleine Dummheit sofort publik wird. Durchzechte Nächte von Profi-Fußballern sind im Gegensatz zu damals heute kaum noch geheim zu halten.

"Happel war der größte Ziager"
Überhaupt galten nächtliche Ausflüge früher als Kavaliersdelikt, wie ORF-Reporter-Legende Peter Elstner zu berichten weiß. "Damals sind Rapid-Spieler noch gemeinsam mit den Austrianern ausgegangen", berichtet er gegenüber krone.at. Mit den im seinem Gedächtnis fein säuberlich archivierten Schmankerln ließen sich spielend unzählige Bücher füllen. So weiß Elstner etwa davon zu berichten, dass Trainer-Gigant Ernst Happel einmal seinen lebensfrohen Primgeiger Branko Milanovic spätnachts von einer Diskothek "abholte" - einen Tag vor einem wichtigen Cupspiel mit Rapid gegen den Sportclub wohlgemerkt.

Happels Rundum-Betreuung ging sogar so weit, dass er "Partylöwe" Milanovic in seiner Wohnung übernachten und ausnüchtern ließ und ihm auch noch Frühstück zubereitete. Dann ging's ab zum Cupspiel, in dem Milanovic quasi zur Strafe 90 Minuten durchspielen musste. Und ein Tor erzielte. Happel sprach den ganz Tag über kein einziges Wort mit Milanovic - bis nach dem Spiel. Da raunte der grantige Trainer seinem launischen Spielmacher ein griesgrämiges "Hast Glück g'habt" zu. Woher Happel überhaupt wusste, in welcher Diskothek sich Milanovic herumgetrieben hatte? "Der Happel war ja selbst der größte Ziager", sagt Elstner. "Der wusste über die Ausgeh-Tricks der Spieler bestens Bescheid."

Constantinis Fehleinschätzung
Kultig auch, als sich Ex-Teamchef Didi Constantini in seiner Zeit als Profi bei Wacker Innsbruck als Meteorologe versuchte. Und kläglich scheiterte. Einen Tag vor einem Auswärtsspiel in Kapfenberg war der Platz im Kapfenberger Stadion tief verschneit. Eine Wetterbesserung war nicht in Sicht. Constantinis (fatale) Schlussfolgerung: Das Spiel wird abgesagt.

Ergo machten er und seine Spielerkollegen die Nacht zum Tag - dem Vernehmen nach war dabei nicht nur Himbeersaft im Spiel. Am nächsten Morgen gesellte sich zum Brummschädel der Wacker-Profis auch noch eine Schocknachricht: Der Platz in Kapfenberg ist vom Schnee befreit, das Spiel kann stattfinden. Die Innsbrucker Feier-Biester hatten gerade einmal die Fahrt in die Steiermark über Zeit, um ihren Rausch auszuschlafen. Das Spiel wurde übrigens 1:0 gewonnen.

Alaba, Reus, Götze als Vorbilder
Heute gelten derartige Eskapaden trotz allem als Ausnahmen. Auch weil die aktuellen Kicker wissen, dass YouTube, Google und Co. in der Regel nichts verborgen bleibt. "Die jungen Menschen wachsen ja damit auf und können daher mit den Medien auch besser umgehen", sagt Schinkels. Der sich dafür stark macht, nicht Skandalboys wie Arnautovic, sondern Vollblut-Profis wie David Alaba ins Rampenlicht zu zerren: "Alaba, Reus, Götze - das sind für mich die modernen Profis mit der richtigen Einstellung. An ihnen sollen sich die Kids und Jugendlichen orientieren."

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(Bild: KMM)



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