Alm-Causa

Berlakovich: Neues System für Flächen-Berechnungen

Österreich
22.04.2013 13:30
Nachdem in der Vorwoche eine "Sonderkommission" unter der Leitung von Ex-EU-Agrarkommissar Franz Fischler gegründet worden war, hat nun Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (Bild) auch eine Überarbeitung des heimischen Vermessungssystems für Futterflächen angekündigt. Wie berichtet, fordert die EU-Kommission von Österreich bis zu 64,2 Millionen Euro an Fördergeldern zurück - wegen falscher Flächenangaben alleine in den Jahren 2006 bis 2008.

"Die Bauern sind keine Betrüger." Das stellte Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich im Durcheinander um die Almflächenvermessungen fest, das jetzt von der "Sonderkommission" gelöst werden soll. Die Bauern hätten nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, so der Minister in einer Aussendung am Montag. "Wenn Fehler in der Agrarbürokratie passiert sind, müssen diese restlos aufgeklärt werden", betonte Berlakovich und deutete damit das erste Mal indirekt auch an, dass das heimische Flächenerfassungssystem womöglich nicht EU-komform sein könnte.

Bereits in der Vorwoche hatte Fischler gemeint, dass der Leitfaden für die Vermessungen noch aus dem Jahr 2000 stamme, es aber seither zahlreiche Änderungen in der EU gegeben habe. Der als Mediator hinzugezogene Experte tüftelt gerade an einem "Stufenplan", um die Gründe für die Differenzen zwischen den von der AMA errechneten und von den Landwirtschaftskammern angegebenen Futterflächen im Rahmen der Fördermittelanträge an die EU zu ermitteln.

Fischler: "Schwierige Fällen vor Ort anschauen"
Sobald ein wenig mehr Klarheit herrscht, werde laut Fischler die Überprüfung kritischer Fälle erfolgen, bei denen bereits ein Bescheid oder eine Mitteilung der AMA vorliege - also Rückzahlungsaufforderungen bzw. auch Strafen. Zahlreiche Bauern sind bereits entsprechende Schreiben ins Haus gefalttert. Schwierige Fälle würden laut Fischler "an Ort und Stelle" angeschaut. Der Ex-EU-Kommissar meinte dazu, bis Juni - bis dahin erhofft sich Österreich Aufschub seitens der EU - seien aber wohl nicht alle dieser Fälle zu klären.

Neben Fischler wird die Kommission laut Berlakovich von jeweils zwei AMA-Vertretern, Landwirtschaftskammer-Vertretern und Ministeriumsangehörigen besetzt. "Die Kommission wird aufklärende und beratende Funktion haben und ab sofort die Arbeit aufnehmen", so Berlakovich am Montag. Sie werde arbeiten, solange Klärungsbedarf besteht.

Grüne und FPÖ werfen Berlakovich Versagen vor
Kein gutes Haar lassen Grüne und FPÖ an der Fischler-Kommission. Diese sei keineswegs objektiv, solange keine unabhängigen Alm-Experten im Gremium vertreten sind. FPÖ-Agrarsprecher Harald Jannach forderte zudem, dass auch betroffene Almbauern in der Kommission sitzen sollten. Jannach sprach von einer bisher "chaotischen Vorgangsweise" des Ministers.

Der grüne Agrarsprecher Wolfgang Pirklhuber meinte: "Österreich hat das von der EU geforderte Flächenidentifizierungs- und -kontrollsystem, was die Almen betrifft, spät und äußerst mangelhaft umgesetzt." Auch er erklärte in einer Aussendung, dass "Minister Berlakovich sein eigenes und das Versagen der Agrarbürokratie in der Alm-Causa" nun eingestanden habe.

AMA und Landwirtschaftskammern kalmieren
Bei dem höchst emotionalen Thema, das nun durch die Landtagswahlkämpfe in Tirol und Salzburg zusätzlich aufgeheizt wird, ist man aber seitens der Landwirtschaftskammern und der AMA um eine Beruhigung und Versachlichung bemüht. Oberstes Gebot sei die "Rechtssicherheit", erklärte der Präsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, Hermann Schultes, vergangene Woche. Ihn freue die Einsetzung von Ex-EU-Agrarkommissar Fischler als Chef einer "'Sonderkommission' zur Klärung der Alm-Frage" - um eine möglichst objektive Umsetzung einer Vereinbarung sicherzustellen.

Die in den vergangenen Tagen viel gescholtene AMA als Kontrollorgan verteidigte unterdessen ihre Kontrollen als vollkommen korrekt. Franz Hautzinger, AMA-Aufsichtsratschef und Burgenlands Landwirtschaftskammerobmann, verteidigte die Arbeit der Agrarmarkt Austria als "entsprechend dem rechtlichen Rahmen". Die AMA halte sich in ihren Tätigkeiten an EU- und nationale Rechtsvorschriften. In der Diskussion um die Almflächen plädierte Hautzinger für eine "Versachlichung".

Flächenangaben bereits seit Jahren in der Kritik
Das Landwirtschaftsministerium hatte wegen des Streits mit der EU Ende März eine Verlängerung der Frist für die Antragstellungen auf Flächenförderung bei der EU-Kommission beantragt. Damit möchte Berlakovich genügend Zeit gewinnen, um durch die Neuvermessungen möglichen Rückzahlungen zu entgehen.

Seit Jahren werden nämlich von der EU Abweichungen zwischen tatsächlicher und beantragter Weidefläche auf den österreichischen Almen beanstandet. 2009 hatte Österreich in dieser Causa gegen die EU-Kommission vor dem Gerichtshof der Europäischen Union verloren, seither kommt es zu zahlreichen Fördergeldrückzahlungsbescheiden bei den Futtterflächen.

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