Kritik an "Tradition"

Bankgeheimnis wankt – steht Maria Fekter bald allein?

Wirtschaft
06.04.2013 22:20
Im Zuge der "Offshore Leaks"-Affäre kommt Österreich wegen seines Bankgeheimnisses immer mehr in Bedrängnis. Politiker und Experten schießen sich auf die heimische Gesetzeslage ein. Zuletzt übte etwa der renommierte Steuerrechtsexperte Werner Doralt Kritik an den Argumenten von Finanzministerin Maria Fekter, die weiterhin am Bankgeheimnis festhält. Am Samstagabend wurde zudem bekannt, dass nun auch Luxemburg darüber nachdenkt, sein Bankgeheimnis zu lockern - damit könnte Österreich in der EU bald ganz alleine dastehen.

Fekter hatte am schon Freitag am Rande eines Treffens mit EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia in Brüssel erklärt: "Unser Bankgeheimnis hat eine sehr lange Tradition. Die Menschen in Österreich haben ein Anrecht darauf, dass ihre Sparguthaben nicht nur in monetärer Hinsicht geschützt sind, sondern auch vor einem überbordenden Zugriff auf den Informationsaustausch."

"Es ist nicht gerechtfertigt, dass man ein kleines Land hier unter Druck bringen möchte - für eine Tradition, die bei uns in der Bevölkerung gut verankert ist", blieb die ÖVP-Finanzministerin auch am Samstag in einem ORF-Interview ihrer Linie treu. Auch wenn es an ihrer Sichtweise zunehmend Kritik gibt.

"Österreich kann als Steueroase bezeichnet werden"
Österreich könne aufgrund des Bankgeheimnisses durchaus als "Steueroase" bezeichnet werden, bekrittelte Werner Doralt in der Nacht auf Samstag in der "ZiB 24": "Was ist denn eine Steueroase? Ein Land, das durch ein starkes Bankgeheimnis Ausländern ermöglicht, ihr erspartes Geld unversteuert zu bunkern und es dem ausländischen Fiskus vorzuenthalten."

Die aufgeflammte Diskussion über das Bankgeheimnis biete die Chance, "dass etwas in Bewegung gerät". Das Bankgeheimnis diene dem Bankenplatz und nicht den Konsumenten, erklärte Doralt und fügte hinzu: "Weiß Fekter es nicht besser, ist es schlimm. Weiß sie es besser, sagt es aber nicht, ist es auch schlimm."

Am Freitag hatte bereits der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble im "Deutschlandfunk" die Hoffnung geäußert, dass die Enthüllungen der Finanzgeschäfte den Druck zu mehr Zusammenarbeit verstärken könnten. So könnte es in der EU Fortschritte hin zu einem automatischen Informationsaustausch geben. Damit spielte er auf Österreich und Luxemburg mit ihren Sonderregelungen an (Infobox).

Auch Luxemburg zu Änderungen bereit
Tatsächlich dürfte nun auch in Luxemburg Bewegung in die Diskussion um das Bankgeheimnis geraten sein. "Wir wollen eine verstärkte Zusammenarbeit mit den ausländischen Steuerbehörden", sagte der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Der internationale Trend geht zu einem automatischen Informationsaustausch. Den lehnen wir, anders als früher, nicht mehr strikt ab." Luxemburg baue nicht auf Kunden, die Steuern sparen wollen, erklärte Frieden.

Österreich und Luxemburg waren bisher die einzigen EU-Staaten, die ein Verhandlungsmandat an die EU-Kommission über eine Reform der Zinsbesteuerungsrichtlinie blockierten. Man fürchtete, nach solchen Verhandlungen mit fünf europäischen Drittstaaten sowie den USA zum automatischen Informationsaustausch übergehen zu müssen, was de facto eine Aufhebung des Bankgeheimnisses bedeuten würde.

Grüne und SPÖ für Ende der "Blockade"
Österreich dürfe seine Blockade aber nicht länger aufrechterhalten, forderte nun Grünen-Finanzsprecher Werner Kogler. Die Bundesregierung schütze "ausländische Steuerkriminelle großen Stils". Angesichts des Drucks aus Brüssel und Washington sei es nur mehr eine Frage der Zeit, bis es zu einer "sauberen Regelung" komme, so Kogler. "Wir wollen die Regelung sofort, da muss man auch an das Image Österreichs denken."

Oberösterreichs SPÖ-Chef Josef Ackerl warf der Finanzministerin ebenfalls Untätigkeit gegenüber Steuersündern vor. Anstatt der systematischen Steuerhinterziehung samt Schwarzgeldverschub einen Riegel vorzuschieben, sehe sich die Finanzministerin als "Schutzbefohlene von Steuerdieben" und gefährde so den sozialen Frieden und die Stabilität in ganz Europa, empörte sich Ackerl. Fekter mauere und verfolge stur ihren Kurs für Banken und Kapitalmärkte, statt gegen Arbeitslosigkeit und Armut vorzugehen.

Rückendeckung für Fekter von Rauch und FPÖ
Nach der SPÖ-Attacke nahm ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch seine Parteikollegin Fekter in Schutz. Die SPÖ wolle permanent in den Taschen der Österreicher schnüffeln, Fekter stehe dagegen hinter den Sparern, erklärte er am Samstagnachmittag. Mit der Vermögenssteuer wollten "die Genossen" Einblick in das Eigentum der Österreicher, "mit der Aufhebung des Bankgeheimnisses wollen sie nun in die Konten schauen", so Rauch. Wichtig sei hingegen der aktive Kampf gegen Steuerhinterziehung.

Rückendeckung für Fekter dürfte es auch weiterhin von der FPÖ geben. Vizeparteiobmann Norbert Hofer hatte vor wenigen Tagen dafür plädiert, dass das Bankgeheimnis gewahrt werden müsse: "Vor dem EU-Beitritt Österreichs wurde klar versprochen, dass am Bankgeheimnis nicht gerüttelt werden würde. Dieses Versprechen ist einzuhalten."

"Offshore Leaks" noch größer als gedacht
Das Bankgeheimnis war durch die spektakuläre "Offshore Leaks"-Affäre wieder ins Gespräch gekommen. Medien aus 46 Ländern hatten am Donnerstag zeitgleich vertrauliche Daten aus weltweit zehn Steuerparadiesen veröffentlicht (Infobox). Aufgelistet werden mutmaßliche Steuerflüchtlinge aus mehr als 170 Ländern, unter ihnen auch Österreicher.

Laut einem Bericht des deutschen Magazins "Focus" dürfte der Umfang der brisanten Daten noch um einiges größer sein als ursprünglich angenommen: Dem Medium sei eine Festplatte mit Steuerdaten von 100.000 Personen alleine aus Deutschland zugespielt worden. 260 Millionen Kontobewegungen seien darauf dokumentiert.

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