Nach Zypern-Hilfe

Experten: Ende der staatlichen Bankenrettung naht

Wirtschaft
26.03.2013 20:09
Auch wenn in der EU immer wieder betont wird, dass es sich bei Zypern um einen Einzelfall handle, der mit keinem anderen Krisenland innerhalb der Euro-Zone vergleichbar sei, scheint sich nun eine Wende abzuzeichnen: Die Sanierung von Banken mit dem Geld der Steuerzahler soll in der Euro-Zone nach dem Rettungspaket für Zypern der Vergangenheit angehören. Davon sind zumindest zahlreiche Finanzexperten überzeugt.

Die Aussagen von Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, der am Montag das Zypern-Rettungspaket quasi als Blaupause für andere marode Staaten hingestellt hatte, dürften also trotz des nachgereichten Dementis von den Finanzmärkten richtig gedeutet worden sein - diese drehten als Reaktion auf Dijsselbloems Aussagen deutlich ins Minus.

Experte: "Garantien verleiten zu hohen Risiken"
Nicht nur die Eigentümer der Banken, sondern auch Investoren und wohlhabende Sparer müssten künftig mit Verlusten rechnen, wenn sie ihr Geld Instituten mit riskanten Geschäften anvertrauten, befindet der Präsident des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest. "Es ist nicht die Sache des Steuerzahlers, Investoren abzusichern - das ist nur schädlich, weil es dazu führt, dass zu hohe Risiken eingegangen werden", betont der Volkswirtschaftsexperte.

Das Vertrauen in den Staat als Retter in der Not habe Investoren dazu verleitet, zu große Risiken einzugehen und die Krise erst möglich gemacht, erklärt Fuest weiter. "Von dieser Mentalität müssen wir wegkommen, sonst können wir keinen privaten Bankensektor haben." Es müsse ein klares Signal geben: "Wenn eine Bank kippt, sind die Investoren dran - und zwar die Eigentümer der Bank und die nachrangigen Investoren."

Verkleinerung des Bankensektors in Zypern unumgänglich
Da Zyperns Finanzkrise vor allem von seinen maroden Großbanken und dem überdimensionierten Bankenanteil an der Gesamtwirtschaftsleistung des Landes herrührt, gehört zum Rettungsplan eine Verkleinerung der größten Bank und die Schließung der zweitgrößten Bank des Landes. Dabei werden Bankkunden mit Einlagen über 100.000 Euro einen Großteil ihres Geldes verlieren.

Für Karel Lannoo, den Geschäftsführer des Centre for European Policy Studies in Brüssel, waren die Reflexe der Märkte am Montag unverständlich. Es sei schließlich klar, dass Guthaben über 100.000 Euro bei Bankpleiten verloren gingen, meint Lannoo. Bis zu diesem Betrag seien die Einlagen aber gesetzlich geschützt.

Bisher Hunderte Milliarden Steuergeld in Banken gesteckt
Nach Ausbruch der Finanzkrise 2008 steckten die Euro-Staaten Hunderte Milliarden Euro öffentlicher Gelder in die Banken - aus Angst vor einem Zusammenbruch des Finanzsystems. Schon vor zwei Jahren gab die EU die Devise aus, Banken müssten künftig ohne Steuerzahlergeld gerettet oder geschlossen werden können.

Die gesetzliche Grundlage dazu soll vom Europäischen Parlament und den Mitgliedsstaaten bis Juni beschlossen werden. Das Parlament will erreichen, auch Einlagen über 100.000 Euro in die Konkurs- oder Sanierungsmasse einzubeziehen.

Fachleute sind sich sicher: Krise wird noch schlimmer
Bevor die Schuldenkrise überwunden werden kann, wird sie zunächst aber schlimmer, sind sich die Wissenschafter einig. In den Bankensektoren etlicher Länder würden noch Risiken schlummern. Es werde deshalb noch weitere Bankenschließungen geben, bei denen private Gläubiger Geld verlieren dürften, sagt Fuest. Dies sei auch notwendig, um die Staaten mit den Rettungskosten nicht weiter in die Verschuldung zu treiben und damit das Wachstum abzuwürgen.

Fuest vermutet Schwachstellen bei den Banken in Spanien, Portugal und Griechenland. Lannoo sieht neue Krisenfälle auch in Belgien und den Niederlanden aufkommen. In Belgien könne die Sanierung der Dexia-Bank den Staat noch teuer zu stehen kommen, da er dem Institut schon drei Mal hohe Garantien gegeben habe. In den Niederlanden gebe es große Sorgen um die Großbank ING.

Slowenien will lieber Spanien als Zypern sein
Seit mehr als einem halben Jahr wird auch Slowenien als möglicher Kandidat für den EU-Rettungsschirm gehandelt. Das kleine Euro-Land leidet derzeit unter seinem ebenfalls maroden Bankensektor und dem Einbruch der Wirtschaft.

Unsere Nachbarn selbst weisen Parallelen mit Zypern jedoch zurück. Die beiden Länder ließen sich nicht vergleichen, betonte die slowenische Notenbank vor Kurzem. Der Notenbankchef zeigte sich überzeugt, dass es in Slowenien nicht zu einer derart ernsten Zuspitzung wie in Zypern kommen könne. Auch die slowenischen Finanzexperten sehen Unterschiede zu der Insel: "Die Situation in Slowenien ähnelt vielmehr Spanien als Zypern", sagte Matej Simnic von der Investmentfirma Alta zur Tageszeitung "Delo".

Bankensektor in Luxemburg noch größer als in Zypern
Noch höher als in Zypern, wo die Bilanzsumme der Banken acht Mal so hoch war wie das Bruttoinlandsprodukt, ist die Abhängigkeit vom Finanzsektor in Luxemburg. Das Verhältnis zum BIP ist hier 20 zu eins.

Trotzdem sei Luxemburg ein ganz anderer Fall als Zypern, wie Julian Presber von der Luxembourg School of Finance erklärt. Zyperns Großbanken seien nur im Heimatmarkt tätig und damit im globalen Portfolio-Management nicht erfahren gewesen. Sie haben den Großteil der Einlagen außerdem in riskante griechische Staatsanleihen gesteckt. Im Vergleich dazu habe der größte Teil der mehr als 140 Banken im kleinen Luxemburg seine Zentralen im Ausland. Auch sei die Branche nach Produkten und Geschäftsfeldern diversifiziert und daher weit weniger krisenanfällig.

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