Milliarden-Einlagen

Die Vatikanbank als Wiege dubioser Geschäfte

Ausland
23.03.2013 17:00
Papst Franziskus will mit Hilfe eines Malteser Ritters Licht ins Dunkel der Vatikanbank bringen, die oft als Wiege dubioser Geschäfte bezeichnet wird. Ein "Krone"-Lokalaugenschein in Rom.

Hinter dem Eisengitter bewachen Schweizer Gardisten den Weg zu einem versteckt gelegenen Gebäude. Wir, die wir an einem kühlen römischen Abend vom Gehsteig aus einen Blick in den schmalen Durchgang werfen, befinden uns auf italienischem Hoheitsgebiet. Einen Schritt weiter betreten wir den Vatikan, einen eigenständigen Staat mit eigenen Gesetzen und Regeln. Nur ihnen ist das "Institut für religiöse Werke", besser bekannt als Vatikanbank, verpflichtet.

Vor uns im Dunkeln liegt also ihre Zentrale, untergebracht im mittelalterlichen Turm Nikolaus' V., nahe dem Apostolischen Palast. 33.400 Konten und Einlagen von vier Milliarden Euro werden von hier aus verwaltet. Bilanz wird jedoch – öffentlich – keine gelegt. Man weiß, dass Diözesen, Kirchen, Stiftungen und andere katholische Einrichtungen ein Konto unterhalten. Manche Nummernkonten können aber bis heute nicht zugeordnet werden.

Keine ausreichenden Kontrollmechanismen
So kam es, dass trotz vorhandener Milliarden und Goldvorräte die Automaten des Vatikans im Jänner und Februar kein Geld ausspuckten. Der gesamte Kredit- und EC-Kartenverkehr war auf Betreiben der italienischen Zentralbank gesperrt. Banken der EU ist es nämlich verboten, mit Ländern Geschäfte zu machen, die keine ausreichenden Kontrollmechanismen gegen Geldwäsche aufweisen. Der Vatikan erfüllt die erforderlichen Kriterien noch immer nicht. Mittlerweile ist eine Schweizer Bank als weniger zimperlicher Kooperationspartner eingesprungen.

Dazu passt, dass in diesen Tagen, kurz nach der Amtseinführung von Papst Franziskus, das italienische Magazin "L'Éspresso" von einer kleinen Staatsaffäre auf dem römischen Flughafen Ciampino berichtete. Ein enger Mitarbeiter des mächtigen Kardinals und Vatikanbank-Kommissionsmitglieds Tarcisio Bertone wurde von der Finanzpolizei zur Gepäckkontrolle aufgefordert. Es soll mehrere Telefonate und seines Vatikan-Passes bedurft haben, um diese zu verhindern. Transparenz scheint in manchen Kreisen des kleinen Kirchenstaates nach wie vor unerwünscht.

"Wir haben im Vatikan ein Problem des Machtmissbrauchs. Das ist die Welt, mit der unser Papst abrechnen muss", erklärt Don Roberto Davanzo, Direktor der Caritas Ambrosiana. Er empfiehlt Papst Franziskus, loyale und aufrichtige Mitarbeiter auszuwählen, da es "nicht darum geht, ob der Vatikan sein Vermögen nutzt, sondern die Art und Weise, wie er es macht". So wie er denken auch einige der Passanten vor dem festungsähnlichen Gebäude der Bank. Eine ältere Italienerin meint: "Wo das Geld liegt, ist die Versuchung nicht weit. Wir haben zu oft anschauen müssen, wie gute Menschen für schmutzige Geschäfte geopfert wurden."

Ritter des Malteser-Ordens soll Ordnung schaffen
Nun soll ein deutscher Ritter des Malteser-Ordens die Skandal-Bank des Heiligen Stuhls ins Reine bringen. Als eine seiner letzten Amtshandlungen bestellte Papst Benedikt XVI. den Landadeligen und Geschäftsmann Ernst von Freyberg (Bild 2) zum Präsidenten des Instituts.

Gegen Vorgänger Ettore Gotti Tedeschi, einst unbescholtener Bankier, ermittelte die italienische Finanzpolizei 2010 nach nur einem Jahr an der Spitze der Bank wegen des Verdachts auf Geldwäsche. In einem Schreiben an seinem Anwalt bekundete er, um sein Leben zu fürchten, da er zu viel über diverse Machenschaften erfahren habe. Bleibt zu hoffen, dass von Freyberg starke Nerven besitzt.

Skandalchronik Vatikanbank
Papst Leo XIII. hatte 1887 eine "Kommission für fromme Zwecke" gegründet, in der Vermögen und Einnahmen des Pontifex gesammelt werden. 1942 entstand daraus unter Pius XII. eine Bank mit dem Namen "IOR – Istituto per le Opere di Religione", "Institut für religiöse Werke", später Vatikanbank genannt. Juristisch gesehen ist der Papst Alleineigentümer der Bank.

In den 1970er- und 1980er-Jahren kam es unter dem Leiter der Vatikanbank, Erzbischof Paul Marcinkus, zu mehreren Skandalen um Mafia-Konten und undurchsichtige Geschäfte, die 1982 im Mord an dem Präsidenten der Banco Ambrosiano, Roberto Calvi, gipfelten. Er wurde in London unter einer Brücke erhängt aufgefunden, die Jackentaschen voller Ziegelsteine.

Obwohl Papst Johannes Paul II. als Konsequenz daraus ein internes Kontrollgremium installierte, beschlagnahmte die italienische Polizei 2010 23 Millionen Euro von einem Konto des Instituts wegen des Verdachts auf Geldwäsche.

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