Kühler Empfang
Palästinenser fühlen sich von Obama verraten
Die Palästinenser hatten große Hoffnungen in Obama gesetzt. Damals, in der Anfangszeit seiner ersten Amtszeit. "Wenn wir uns nächstes Jahr hier wiedertreffen, kann es schon eine Vereinbarung geben, die zu einem neuen UNO-Mitglied führt - einem unabhängigen, souveränen Staat Palästina", sagte der US-Präsident 2010 vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen. Das Protokoll vermerkte Applaus. Den erhält Obama am Donnerstag bei seinem Besuch im Westjordanland und den Gesprächen mit Abbas kaum noch.
Wütende Demonstrationen während militärischem Empfang
Stattdessen grassiert die Enttäuschung, an den Straßenrändern in Ramallah hängen übertünchte oder zerschlagene Obama-Plakate mit der Aufschrift "No Hope". Sondereinsatzkräfte der Polizei mussten wütende Demonstranten im Zaum halten, während Abbas den hohen Staatsgast mit militärischen Ehren in Empfang nahm.
Das Verhalten der USA hat viele Palästinenser aus ihren Träumen gerissen. Nur ein Jahr nach seiner von Hoffnung gekennzeichneten Rede ließ Obama 2011 die Anerkennung Palästinas als UNO-Vollmitglied scheitern. Die Aufwertung der Palästinenser im vergangenen November zum UNO-Beobachterstaat (siehe Infobox) ging nur durch, weil es in der Vollversammlung kein Veto gibt.
US-Präsident: "Palästinenser verdienen eigenen Staat"
Nun kam der US-Präsident mit leeren Händen nach Ramallah, einen Friedensplan hatte er nicht im Gepäck. Bei seiner Ramallah-Visite forderte er die Palästinenser zur Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen mit Israel auch ohne einen Siedlungsstopp auf. Dies hat Abbas bisher zur Voraussetzung von Gesprächen gemacht.
Obama betonte, die Palästinenser verdienten "ihren eigenen Staat". Er sei deshalb ins Westjordanland gereist, "weil die USA zutiefst hinter der Schaffung eines unabhängigen und souveränen palästinensischen Staates" stünden. Das wichtigste Ziel müsse es sein, Souveränität für die Palästinenser und Sicherheit für die Israelis herzustellen. "Wenn wir das hinbekommen, dann haben wir auch eine Lösung für die Siedlungsfrage", erklärte er.
Abbas: "Sie sind sehr willkommen in Palästina"
Abbas bezeichnete eine Friedensregelung in Nahost nach dem Treffen als "notwendig und unvermeidbar". Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Obama sagte der Palästinenserpräsident: "Wir glauben, dass es möglich ist." Abbas sprach von einer "guten Runde von Gesprächen" mit Obama und dankte dem US-Präsidenten für die fortwährende Unterstützung der Vereinigten Staaten für die Palästinenser. "Sie sind sehr willkommen in Palästina", sagte er zu Obama.
Den meisten Palästinensern gilt der US-Präsident allerdings nur noch als Schutzpatron der Israelis. Sie erwarteten wenig bis gar nichts von dem Besuch und hätten ihn am liebsten ausgeladen. "Der Besuch ist mir egal, weil nichts dabei herauskommen wird", meinte etwa ein 30-jähriger Mann aus Ramallah.
Traum vom eigenen Staat in weiter Ferne
Dass der mächtigste Mann der Welt vier Jahre lang die Israelis nicht an den Verhandlungstisch bringen, ja nicht einmal zu einem Siedlungsstopp bewegen konnte, erfüllt die Palästinenser mit Bitterkeit. Ihr Traum vom Ende der seit mehr als 45 Jahren andauernden israelischen Besatzung und dem Leben in einem eigenen Staat scheint in unerreichbare Ferne zu rücken. Und diese Frustration könnte in neue Gewalt umschlagen, fürchten auch viele Israelis.
Die Beteuerung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu, auch seine neue Regierung strebe weiter eine Zwei-Staaten-Lösung in Nahost an, glaubt indessen jenseits der grünen Linie kaum jemand. Denn die fortschreitende Besiedelung des Westjordanlandes durch die Israelis macht diesen Staat nicht nur aus Sicht der Palästinenser immer unwahrscheinlicher.
Raketenabschuss nur wenige Stunden vor Obama-Besuch
Wie brenzlig der Konflikt weiterhin ist, zeigte der Abschuss von vier Raketen durch militante Palästinenser aus dem Gazastreifen Richtung Südisrael - nur wenige Stunden vor Obamas Abstecher nach Ramallah. Der Abschuss der Raketen zeige "die anhaltende Gefahr aus dem Gazastreifen", sagte der US-Präsident.
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