Mächtige Lobbys

Wird neuer Papst durch Absprachen bestimmt?

Ausland
10.03.2013 16:05
"Hirte" oder Diplomat, Italiener oder Ausländer, Konservativer oder Erneuerer: Nicht nur die christliche Welt fiebert derzeit der Wahl des Papst-Nachfolgers entgegen. Fraglich ist dabei aber, ob tatsächlich der beste, von Gott gewollte Kandidat die Wahl für sich entscheiden wird - denn dem am Dienstag beginnenden Konklave zur Wahl des neuen katholischen Kirchenoberhauptes könnten Absprachen und Übereinkünfte zwischen verschiedenen "Papstmachern" vorausgegangen sein.

Als Favorit geht laut Medienspekulationen - und Wettanbietern - der Mailänder Erzbischof Angelo Scola ins Konklave (siehe Infobox). Die reformorientierten Kardinäle, vor allem ausländische Papst-Wähler, darunter der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn, unterstützen Berichten zufolge Scolas Kandidatur.

Der 71-Jährige genießt wegen seiner pastoralen Erfahrung unter den Papst-Wählern breiten Respekt. Als Garant für Kompetenz, Klarheit und Transparenz und offenbar auch dank der Unterstützung einiger "grandi elettori" (große Papst-Wähler) werden ihm in Berichten zwischen 30 und 50 Stimmen zugeschrieben. Als möglicher Gegenpart aus dem veränderungsbereiten Lager wird jedoch immer wieder auch der US-Kardinal Sean O'Malley genannt.

Wird neuer Papst ein Reformierer?
Entscheidend bei den von den Kardinälen im Rahmen der Generalkongregationen geführten Gespräche ist die Frage nach einer grundlegenden Reform der Kurie nach den Skandalen, die die Kirche in den vergangenen Jahren erschüttert haben. Dieser Punkt scheint mittlerweile zentral bei der Wahl eines Nachfolgers von Papst Benedikt XVI. geworden zu sein.

Der Druck der Kardinäle auf eine Reform der Kurie infolge des "Vatileaks"-Skandals, in dem es auch um die Intrigen und Machtkämpfe im Vatikan ging, ist stark gewachsen. "Zu häufig gibt die Kurie nach außen mehr ein Bild des Karrierismus ab, sie steht weniger für den Dienst an den Gläubigen", sagte kürzlich der südafrikanische Kardinal Wilfrid Napier.

Die Favoriten der mächtigsten Kirchenlobbys
Doch auch dem Konklave dürften intensive Absprachen und Übereinkünfte zwischen verschiedenen "Papstmachern" vorausgehen, wie die italienische Presse spekuliert. Die Erwartungen einflussreicher "Pressure-Groups" spielen offenbar innerhalb des Kardinalskollegiums eine nicht zu unterschätzende Rolle.

So stellt "Opus Dei" in der Person des 69-jährigen peruanischen Kardinals Juan Luis Cipriani Thorne, des Erzbischofs von Lima, einen einflussreichen Papst-Wähler. Das "Werk Gottes", vom verstorbenen Papst Johannes Paul II. besonders gefördert, verfügt über viel Geld und Macht und übt in Spanien, Italien und Lateinamerika einen starken Einfluss aus. Die Organisation soll in erster Linie Scola sowie den Kanadier Marc Ouellet favorisieren. Laut informierten Kreisen unterstützt die Organisation auch den ungarischen Primas Peter Erdö.

Die in über 40 Ländern vertretene Erneuerungsbewegung "Comunione e Liberazione", die in Italien auch politisch mitmischt, steht ebenfalls hinter Scola. Die Organisation hegt laut Insidern - wie Opus Dei - auch Sympathien für den Kanadier Marc Ouellet. US-Kardinal Sean O'Malley wiederum wird im Konklave, ebenso wie der Erzbischof von New York, Timothy Dolan, von den "Kolumbus-Rittern" ("Knights of Columbus") unterstützt.

Die vom US-Priester Michael McGivney 1882 gegründete Vereinigung ist mit mehr als 1,7 Millionen Mitgliedern nach eigenen Angaben die größte Laienorganisation der katholischen Kirche. Der Vorsitzende der Kolumbus-Ritter, Carl Anderson, sitzt im Aufsichtsrat der Vatikanbank IOR. Die Vereinigung hat unter anderem die Restaurierung der Fassade der Peterskirche finanziert.

Unklar bleibt indessen, welchen Kandidaten die Gemeinschaft "Sant' Egidio", eine Gruppierung mit mehr als 60.000 Mitgliedern in 73 Ländern und besten Kontakten zum Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI., Bischof Georg Gänswein, favorisiert. Ebenso im Dunkeln liegen die Favoriten von "Regnum Christi" ("Legionäre Christi") oder etwa der "Fokolarbewegung" ("Focolarini"), die laut eigenen Angaben 100.000 Mitglieder in 182 Ländern und mehr als 4,5 Millionen Menschen, die weltweit mit ihr "in Verbindung stehen", zählt.

Scola hofft auf "heiligen Pastor" als Kirchenoberhaupt
Favorit Scola bat die Gläubigen am Sonntag um Gebete für das Konklave. "Beten wir, damit der Heilige Geist seiner Kirche einen Mann schickt, der sie auf den Spuren der großen Päpste der letzten 150 Jahre führen kann", sagte der Mailänder Erzbischof am Ende der Messe, die er in der Basilika "Santi Apostoli" in Rom zelebrierte. Scola äußerte die Hoffnung, dass die Kirche von einem "heiligen Pastor" geführt werde.

Der vatikanische Pressesprecher, Federico Lombardi, rechnet jedenfalls mit einem kurzen Konklave. "Im letzten Jahrhundert waren Konklave ziemlich kurz, sie dauerten zwei, drei oder vier Tage", sagte Lombardi. Mit vier Wahlgängen pro Tag sei es einfach, "die Stimmen auf jenen Kandidaten zu orientieren, der den stärksten Konsens auf sich vereinen kann".

Auf die Frage, ob sich die Kardinäle schon jetzt einen Namen für den Fall einer Papst-Wahl ausdenken würden, antwortete Lombardi: "Ich kann Ihnen versichern, dass sich von 115 Papst-Wählern nicht viele über die Wahl ihres Papst-Namens Sorgen machen müssen." Damit gab er zu verstehen, dass die Zahl der Favoriten im Rennen um den Stuhl Petri durchaus gering sei.

Konklave startet am Dienstagnachmittag
Am Montag findet noch die zehnte Generalkongregation zur Vorbereitung des Konklaves statt, dabei werden weitere Gespräche über den möglichen neuen Papst geführt.

Das Konklave beginnt dann am Dienstagnachmittag. Vor dem Einzug der 115 Papst-Wähler in die Sixtinische Kapelle ist um 10 Uhr eine besondere Messe für eine gute Papst-Wahl ("Pro Eligendo Romano Pontifice") geplant. Um 16.30 Uhr beginnt die Prozession der Kardinäle, die von der Paolinischen Kapelle in die Sixtinische Kapelle ziehen werden. Danach sollen die Tore der Sixtinischen Kapelle geschlossen werden. Gegen 19 Uhr ist mit einem Ergebnis der ersten Wahl zu rechnen.

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