Bootsfahrt in Indien

Auf Keralas Flüssen zur inneren Ruhe treiben lassen

Reisen & Urlaub
06.03.2013 14:05
Kerala ist sooo anders. Auch Indien, aber der südliche Bundesstaat ist jener Flecken des hektischen, oft nervenden Subkontinents, in dem das Leben langsamer ist. Für wohlhabende Inder – und davon gibt es immer mehr – und Urlauber aus aller Welt ist der kleine Landflecken am untersten Ende längst zum erholsamen Wohlfühlort geworden.

So richtig die Seele baumeln lassen und die Zeit genießen. Am Ufer erlebt man buntes Leben, auf dem Wasser die Ruhe. Sanfter kann man kaum über das Wasser gleiten. Es scheint, als würde man auf einem Spiegel schweben, in dem sich ein tropisches Paradies verdoppelt. Jenes an Land und dessen Reflexion auf dem Wasser.

Den dicken Dieselmotor, der für die kaum merkliche Vorwärtsbewegung sorgt, hört man kaum. Der Kapitän, der vorne stoisch still am Steuerrad hockt, scheint ebenso zu schlafen wie die Kraftquelle des Bootes. Man muss seine Ohren extrem spitzen, um dessen leises Tuckern wahrnehmen zu können. Es ist ein schüchternes, so, als wollte sich die Maschine verstecken und der Natur das Geräuschemachen überlassen. Wenn hinten, in der Kochecke, nicht ein paar Töpfe scheppern würden, könnte man glauben, dass man in einen Stille-Kokon eingewebt wurde. Was den Ohren versagt bleibt, dürfen aber die Augen voll genießen – pure Tropen-Idylle und die Menschen.

Bunte Häuser werden von der langsamen Zeit bedächtig vorbeigezogen. Frauen, die am Wasser ihre Wäsche waschen, Kinder, halb nackt, die fröhlich winken und dann wieder irgendein simples Spiel fortsetzen. Manchmal löst sich von einem Haus ein schmales Kanu, das mit bedächtigen Händen, die ein Paddel halten, bewegt wird. Über das Wasser zum Einkaufen, zu Freunden, zur Arbeit in einem der saftig-grünen Reisfelder, in denen sich Heerscharen von Vögeln niedergelassen haben. Vielleicht wollen sie sie verscheuchen, um die Ernte zu schützen.

Curry auf dem Wasser
Auf den grünen Pflanzen-Inseln, die im Wasser treiben, blühen Seerosen, Vögel aller Arten lassen sich darauf nieder und überlegen sich, ob sie nicht noch einen Fisch fangen oder ebenso ruhig und gelassen bleiben sollten wie die Menschen, die ihnen vom Boot aus zuschauen. Winzige Dörfer ziehen vorbei, bunte Tempel und ganze Wälder aus mächtigen Kokospalmen. Der "Schiffs-Stewart" – er hat uns, ebenso wie der Kapitän, nie seinen Namen gesagt – tischt zu Mittag und am Abend Selbstgekochtes auf. Hühnercurry, auf unseren Wunsch einheimisch scharf, Linseneintopf, Reis, gebratene Essbananen (die sind mehlig und schmecken gar nicht so wie jene Frucht, die wir kennen), indisches Fladenbrot und eine Art Bananen-Pfannkuchen als Dessert. Köstlich, der Mann versteht sein Handwerk.

Wir sind in der Stadt Alleppey zugestiegen – als die einzigen Passagiere. So müssen hier früher Könige gereist sein. Eigenes Boot, eigener Kapitän, eigener Koch. Die einzige Schlafkabine ist mit Doppelbett, Dusche, WC und sogar einer Klimaanlage ausgestattet. Es gibt aber auch welche mit bis zu drei Doppelkabinen, auf denen die ganze Familie das "Backwater-Feeling" genießen kann. Nach der Tagesetappe wird das Boot am Ufer festgebunden, der Kapitän sichert das Vorderdeck und unsere bequeme Sitzecke mit Moskitonetzen vor den lästigen Beißern ab – dann gibt’s Cocktails und noch mehr Fluss-Ruhe. Diesmal nächtliche. Zu sehen gibt es nichts mehr, jetzt ist es eine Idylle zum Hören. Das sanfte Plätschern des Wassers, das letzte Kreischen der Vögel, bevor auch sie sich zur Ruhe begeben. Kein Mensch schaut hier noch auf eine Uhr, kein Mensch kümmert sich um das, was in seiner normalen Welt so kostbar ist und viel zu rasch vergeht – die Zeit.

Seelenbaumel-Reise auf den "Backwaters"
Knapp 24 Stunden lang dauert im Normalfall das, was man in Kerala als Hausbootfahrt auf den "Backwaters" verkauft. Man kann es aber auch bis zu 12 Tage lang genießen. Ich habe Hunderte solcher Boote gesehen. Alle schauen so aus wie jene Schinakeln, auf denen man früher den Reis von den Feldern transportiert hat. Die meisten hat man heutzutage für solche, wie wir es sind, gebaut – Touristen, Menschen aus aller Welt, die das Einmalige genießen wollen. Die "Backwaters" mit ihren "Inland Waterways" sind eine insgesamt etwa 1.500 Kilometer lange Kette von Kanälen, die aus einem Netzwerk von 44 Flüssen, unzähligen Lagunen und vielen Seen besteht. Das Wasser ist ein Gemisch aus salzigem, das aus dem Arabischen Meer zufließt, und "süßem", das die Flüsse anliefern.

Man kann die "Seelenbaumel-Flussreise" im Reisebüro, aber auch selbst über das Internet buchen (im Normalfall zahlt man etwa 90 Euro pro Person und Tag). Die Preise variieren, aber was immer es kostet: Wenn das Reiseziel Kerala heißt, muss sie ein Fixpunkt sein. Sonst besteht Kerala aus Millionen von Palmen, einer durchaus eindrucksvollen Berglandschaft mit einigen Zweitausendern und vor allem aus vielen Menschen. Auf den 38.000 Quadratkilometern (zum Vergleich: Österreich hat 84.000) leben in Kerala 34 Millionen.

In Kochi Geschichte erleben
Von den drei großen Städten Calicut, Kochi und Trivandrum ist Kochi sicher die interessanteste. Ein paar Tage in einem der guten Hotels – viele befinden sich in schönen alten Kolonialbauten – genügen aber, um das Feeling der Stadt einsaugen zu können. Die Portugiesen waren die Ersten, die hier eingedrungen sind. Einer ihrer berühmtesten Seefahrer, Vasco da Gama, der mit der erstmaligen Umrundung des Kaps der Guten Hoffnung den maritimen Handelsweg nach Indien geöffnet hat, ist hier begraben. Er starb am 24. Dezember 1524 in Kochi – an Malaria. Man findet sein Grab in der St.-Francis-Kirche, dem ältesten christlichen Gotteshaus Indiens.

Später kamen die Holländer, dann die Briten. Sie alle haben hier Spuren hinterlassen. Vor allem aber die Juden, nach denen heute noch ein eigenes Stadtviertel samt historischer Synagoge benannt ist. Wer schöne und wertvolle Souvenirs einkaufen will, ist hier am richtigen Platz. Aber Achtung: Etwa 50 Prozent des genannten Kaufpreises können heruntergehandelt werden.

Entspannung für den Körper im "Beach Resort"
Die schönsten Strände Keralas liegen im extremen Süden. Weiter südlich noch als die Hauptstadt Trivandrum. Kovalam heißt das zurzeit populärste "Beach-Resort". Dort gibt's Hotels aller Kategorien – auch recht noble – und trotzdem kaum bevölkerte, elendslange Sandflächen am Rande des türkisfarbenen Meerwassers. Und hier geht das Seelenbaumeln weiter. Überall bietet man Ayurveda-Behandlungen an. Im Vergleich zu jenen in Österreich sind es Spottpreise, die man hier dafür verlangt. Und – wir haben uns überzeugt – es sind sensible Experten, die das Resultat liefern: Entspannung pur – diesmal hauptsächlich für den Körper. Der Geist war ja zuvor schon auf dem Hausboot dran.

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