Studie belegt:
Deutsche Politiker sind risikofreudiger als das Volk
Das, so die Forscher, gelte für sämtliche Risikobereiche, die in der Studie erhoben wurden: Autofahren, Geldanlagen, Sport und Freizeit, Karriere, Gesundheit und Vertrauen. Die Autoren - Wissenschaftler des Exzellenzclusters "Languages of Emotion" der Freien Universität Berlin und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin - bewerten die überdurchschnittliche Risikofreude der Bundestagsabgeordneten positiv. "Andernfalls würden wichtige gesellschaftliche Entscheidungen angesichts der kaum überschaubaren Risiken oft nicht getroffen", sagt der Soziologe und Hauptautor der Studie, Moritz Heß. "Die Folge wären Stagnation und gesellschaftlicher Stillstand."
Eine Gefahr für die Demokratie sehen die Forscher in der gesteigerten Risikofreude nicht. "Das Ergebnis zeigt eine gelungene, sinnvolle Arbeitsteilung zwischen Bürgern, Wählern und Politikern", erklärt der Wirtschaftswissenschaftler Gert G. Wagner. Denn die individuelle Risikofreude der Abgeordneten und Politiker würde durch demokratische Strukturen und parlamentarische Abläufe gebremst.
28 Prozent der Abgeordneten antworteten
Für ihre Studie hatten die Forscher Ende 2011 alle 620 Abgeordneten des Bundestags schriftlich befragt. Davon antworteten 28 Prozent. Vergleiche mit den statistischen Merkmalen aller Abgeordneten zeigen, dass die Stichprobe der Studie repräsentativ ist. Um einen Vergleichswert für die Risikofreude der Bevölkerung zu erhalten, wurden Daten des sogenannten Sozio-oekonomischen Panel (SOEP), der größten und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland, ausgewertet.
Auf einer Skala von Null (= gar nicht risikobereit) bis Zehn (= sehr risikobereit) schätzen die Politiker ihre Risikobereitschaft selbst ein. Sie gaben den Grad ihrer allgemeinen Risikoneigung an sowie ihre Risikobereitschaft beim Autofahren, bei Geldanlagen, in Freizeit und Sport, in der beruflichen Karriere sowie mit Blick auf ihre Gesundheit und Vertrauen in fremde Menschen. Darüber hinaus machten sie Angaben zu ihrer Risikoneigung bei politischen Entscheidungen. Auf eine Frage nach der parteipolitischen Zugehörigkeit der Abgeordneten wurde bewusst verzichtet, um auszuschließen, dass die Ergebnisse der Studie für parteipolitische Zwecke genutzt wird.
Für das SOEP werden seit 1984 jedes Jahr mehrere Tausend Menschen befragt. Zurzeit sind es etwa 30.000 Befragte in mehr als 14.000 Haushalten. Die so erhobenen Daten geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Weil jedes Jahr dieselben Personen befragt werden, können nicht nur langfristige gesellschaftliche Trends, sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung von Lebensläufen besonders gut analysiert werden.
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