Wut in Saudi-Arabien

Mädchen mit HIV infiziert – Minister unter Beschuss

Ausland
21.02.2013 13:15
Der Fall eines zwölfjährigen Mädchens, das durch eine Bluttransfusion mit HIV infiziert wurde, sorgt in Saudi-Arabien für Aufregung. Im konservativen islamischen Königreich sind HIV und Aids Tabuthemen, und auch Kritik an der Regierung ist selten - doch nun ist eine breite Diskussion in der Gesellschaft ausgebrochen.

Die zwölfjährige Reham al-Hakami leidet unter Sichelzellenanämie, weshalb sie am 12. Februar im Krankenhaus von Jazan, ihrem Heimatort, eine Bluttransfusion erhielt, berichtet CNN. Einige Stunden später habe ein Team des Krankenhauses ihre Familie darüber unterrichtet, dass das Blut HIV-positiv gewesen sei. Das Mädchen sei daraufhin in eine Klinik in die Hauptstadt Riad geflogen worden, wo ein HIV-Test eine Ansteckung nachgewiesen habe.

Mohammed Almadi von der Menschenrechtskommission, die von der saudischen Regierung gestützt wird, hat den Fall untersucht. Er spricht von "Fahrlässigkeit" - die seither im Land für Aufregung sorgt. Dazu beigetragen hat ein Online-Video der Zwölfjährigen, in dem sie bittet: "Ich brauche euch, um an meiner Seite zu stehen und für mich zu beten."

Gesundheitsministerium verspricht Entschädigung
Die öffentliche und online geführte Diskussion hat am Montag sogar das Gesundheitsministerium veranlasst, eine Stellungnahme abzugeben: Es habe sich um einen "entscheidenden Fehler" gehandelt, man entschuldige sich bei dem Mädchen, seiner Familie und der saudischen Gesellschaft. Man untersuche die Vorkommnisse und werde sicherstellen, dass Reham al-Hakami finanziell entschädigt werde.

Druck auf Minister trotz Entlassungen
Inzwischen sind mehrere Ministeriumsmitarbeiter gefeuert worden, einige wurden mit Geldstrafen belegt - für Beobachter höchst ungewöhnliche Vorgänge in der als verschwiegen und bürokratisch geltenden Monarchie. Doch der Druck der Öffentlichkeit geht weiter, so verlangte etwa der im Land bekannte TV-Moderator Daoud al-Sharian den Rücktritt von Gesundheitsminister Abdullah al-Rabiah.

Dass dieser die Zwölfjährige einem saudischen Zeitungsbericht zufolge im Krankenhaus besucht und ihr ein iPad geschenkt hat, weiß die Kritiker nicht zu besänftigen. So empörte sich etwa der saudische Prediger Adel Al-Kalabani über Twitter: "Das sollte ins Guinness-Buch (der Rekorde) als die geizigste Entschädigung aller Zeiten."

iPad als erste Entschuldigung
Al-Rabiah hat den Vorwurf am Dienstag in einem TV-Interview allerdings zurückgewiesen - er, der selbst Vater sei, habe schließlich nicht mit leeren Händen auftauchen wollen. Ein Beamter habe ihm mitgeteilt, dass sich das Mädchen ein iPad wünsche, um Passagen aus dem Koran anzuhören, so der Gesundheitsminister. Er sei diesem Wunsch nachgekommen und habe von Kollegen einige Spiele auf dem Gerät installieren lassen.

Familie im Schockzustand
Dass der Tablet-PC als Entschädigung ausreicht, ist aber ohnehin ausgeschlossen. Der Anwalt der betroffenen Familie hat angekündigt, das Gesundheitsministerium "vom obersten Beamten über alle beteiligten Angestellten, die an diesem medizinischen Fehler beteiligt waren", zu verklagen. Die Familie befinde sich immer noch im Schockzustand.

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