Küssel-Prozess

Entlastendes EDV-Gutachten und eine ‘Waffe’ als Souvenir

Österreich
09.01.2013 15:24
In Wien ist am Mittwoch der Wiederbetätigungsprozess gegen Gottfried Küssel und die Mitangeklagten Felix B. und Wilhelm A. fortgesetzt worden. Dabei gab es gleich zu Beginn Skurriles: Ein angeblicher Schlagstock, der im Zuge einer Hausdurchsuchung bei Küssel sichergestellt worden war und der diesem vom Staatsanwalt als Besitz einer verbotenen Waffe und somit als Verstoß gegen das Waffengesetz ausgelegt wird, entpuppte sich als Urlaubssouvenir. Später wurde Küssel durch einen Sachverständigen in Bezug auf die beiden rechtsextremen Internetseiten alpen-donau.info und alinfodo.com entlastet.

Bei dem angeblichen Schlagstock handelt es sich um einen sogenannten Belegnagel, einen abgerundeten und unten verjüngten Stab, der auf Segelschiffen verwendet wird, um an ihm Taue festzumachen. Das Mitbringsel sei ihm vor 30 Jahren von einem Bekannten aus dem Urlaub auf Fuerteventura mitgebracht worden, erklärte Küssel dem Schwurgericht.

Dass die Herkunft in der Tat geklärt sein dürfte, belegt die Aufschrift "Fuerteventura" am Ende des Nagels, wobei darunter ein comichaft gezeichnetes Pärchen in einheimischer Tracht abgebildet ist. Küssels Verteidiger Michael Dohr beantragte daraufhin die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Schifffahrtswesen, der in einem Gutachten feststellen möge, "dass der von der Anklage inkriminierte Gegenstand keine Waffe ist. Wenn das nämlich so wäre, wäre jeder Nudelwalker eine Waffe und jede Hausfrau eine Waffenträgerin".

"Das ist indizierte Willkür"
Das Gericht schied allerdings nach kurzer Beratung diesen Anklagepunkt, der in dem Wiederbetätigungsprozess nur eine untergeordnete Rolle spielt, zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen aus dem laufenden Verfahren aus, wogegen Dohr heftig protestierte: "Das ist indizierte Willkür!"

Demgegenüber wurde jedoch ein Strafantrag vom 4. Dezember 2012 gegen den Zweitangeklagten Felix B. wegen angeblich gefährlicher Drohung - er soll im Jahr 2008 in einem Internetforum wörtlich die "Stilllegung" von Antifaschisten mit einer Giftspritze empfohlen haben - in die Verhandlung einbezogen.

Gutachten entlastet Küssel
Auch die rechtsextremistischen Betätigungen Küssels und der mitangeklagten Felix B. und Wilhelm A. auf der Homepage alpen-donau.info (ADI) bzw. dem zugehörigen Forum alinfodo.com (ADF) wurden am Mittwoch erneut thematisiert. Der auf EDV spezialisierte Ziviltechniker Kurt Judmann konnte in seinem Gutachten allerdings "keine unmittelbare Zuordnung" Küssels zu den beiden Adressen nachweisen. Bei den beiden Mitangeklagten waren auf deren Computer-Festplatten Passwörter gespeichert, eine Nutzung war aber nur bei Felix B. eindeutig feststellbar, der laut Judmann damit einen Transfer von Daten auf ADF vorgenommen sowie Artikel für die ADI erstellt hat.

Beamtin sorgt bei Einvernahme für Aufsehen
Für Aufsehen sorgte zudem die Einvernahme einer Beamtin vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, kurz BVT, die in die langwierigen Ermittlungen gegen Küssel & Co involviert war. Die Frau behauptete zunächst, Küssel habe sich im Internet unter dem Nickname "Heimatlos" einschlägig betätigt, was dieser sowie dessen Verteidiger vehement bestritten. Auf die Frage, wie sie zu ihrer Aussage komme, meinte die 36-Jährige: "Wir vermuten es. Das ist das, was mir von der EDV übermittelt wurde."

Als es um einen BVT-Bericht vom 26. November 2008 ging, den unter anderem auch sie unterschrieben hatte und in dem Küssel ein wörtlich "nachweisbar" strafbares Verhalten angekreidet wurde, erklärte die Beamtin, sie sei "für diesen Bereich" nicht zuständig gewesen. Man sei "arbeitsteilig vorgegangen", daher habe auch sie unterschrieben. Gekümmert habe sie sich aber um einen anderen Verdächtigen. Sie fühle sich daher "nur für den Bereich verantwortlich, den ich bearbeitet habe. Alles andere wäre unseriös".

"Ich hab' in Deutsch maturiert"
Die Zeugin legte auch dar, weshalb ihres Erachtens nach jener User, der seit der Inhaftierung von Felix B. unter dem Nickname "Prinz Eugen" auf dem deutschen Rechtsextremistenforum "Thiazi" postet, ein anderer ist als jener, der dort vorher Beiträge hinterlassen hatte. "Der erste 'Prinz Eugen' war Felix B. Der zweite verwendet eine andere Rechtschreibung und eine derbere Ausdrucksweise. Wir nehmen an, dass man versucht, den Inhaftierten reinzuwaschen und dass es sich um eine Verschleierungsaktion handelt", erklärte die 36-Jährige. Auf die Frage, ob sie eine spezielle Ausbildung habe, um die unterschiedlichen Ausdrucksweisen semantisch beurteilen zu können, bemerkte die Zeugin: "Ich hab' in Deutsch maturiert."

Am Donnerstag wird der Prozess in erster Instanz zu Ende gehen, die Urteile werden in den Abendstunden fallen.

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