Stadt zum Staunen

Ewiges Rom: Eine Weltstadt spielt Theater

Reisen & Urlaub
15.12.2012 17:00
Egal, ob im Advent, wenn die Stadt weihnachtlich geschmückt ist, oder im Sommer unter strahlend blauem Himmel. Kaum eine Weltstadt hat dem Auge so viel zu bieten wie Rom: Die Kirchen, Ruinen, Palazzi und Plätze scheinen wie Kulissen eines Theaters, durch das die Besucher staunend hindurchgehen dürfen. Eine Stadt zum Schauen.

Es ist klar: Rom ist kein touristischer Geheimtipp. Egal, zu welcher Jahreszeit man in die italienische Metropole reist, man muss sich darüber im Klaren sein, dass Tausende andere die gleiche Idee hatten. Bloß gut, dass Rom dermaßen viel zu bieten hat, dass man den Trampelpfaden ausweichen kann, wenn man das möchte. Freilich: Wer die großen Sehenswürdigkeiten sehen will, der muss sich unweigerlich ins Getümmel stürzen. Der Petersdom, die Spanische Treppe, das Kolosseum, die Vatikanischen Museen, das Pantheon, der Trevi-Brunnen, die Piazza Navona, sie alle gehen an Spitzentagen vor Besuchern fast über.

Für die mühselige Warterei und das Gedränge wird man an solchen Orten von einigen der größten Weltwunder der Kulturgeschichte reich entlohnt. In den Vatikanischen Museen kämpft man sich an Tausenden bedeutenden Skulpturen und Gemälden vorbei – von der antiken Laokoon-Gruppe bis zu den von Raffael ausgestalteten Zimmern –, bis man am Ende endlich in der Sixtinischen Kapelle steht. Michelangelos Meisterwerk, bevölkert von Heiligen und Sündern, von Sibyllen und Propheten, von Gott und Adam. Das Betrachten der gemalten Vielfalt erfordert gute Nackenmuskulatur. Das ständige Starren an die Decke hat dem Künstler bekanntlich selbst auch nicht gut getan. Michelangelo ruinierte sich bei der Arbeit am vielleicht bedeutendsten Kunstwerk aller Zeiten Rücken und Gesundheit.

Heute führen in der "Sistina" die Besucher mit dem Wachdienst alltäglich (unfreiwillig) eine kleine Komödie auf: Wenn das Gemurmel der Besucher zu stark anschwillt – und das passiert alle 30, 40 Sekunden – brüllen die Wächter "Silenzio!" durch die ehrwürdige Halle. Dazu kommt das obligatorische "No foto!", das ebenso lautstark mahnend durch den Raum gellt. Was natürlich nur wenige davon abhält, die millionenfach abfotografierten Motive auch selbst noch einmal in ziemlich finsteren, nicht ganz scharfen Bildern digital zu verewigen. Schließlich gilt es, Festplatten-Platz und lange Diaabende zu füllen.

Rom gibt sich dramatisch
Solche etwas bizarren Szenen passen ganz gut nach Rom, einer Stadt, die sich gerne dramatisch gibt. All die barocken Kirchen, Brunnen, Palazzi und Statuen wirken wie die Kulissen eines Welttheaters, das die ewige Stadt seit Jahrhunderten stets aufs Neue aufführt. Sie sind stumme Hinterlassenschaften einer Zivilisation, die ihre Umwelt möglichst künstlerisch-prachtvoll gestalten wollte. Zum Ruhm Gottes oder auch aus eigenem Geltungsdrang, aus Freude am Schönen oder aus purer Prunksucht. Oder aus all dem auf einmal.

Großartige Bildwelten findet man in Rom zuhauf. In der überbordenden Farbenpracht von Il Gesù, der Stammkirche des Jesuitenordens, deren zentrales Deckengemälde wie ein Bild mit 3D-Effekt anmutet. Oder am Trevi-Brunnen mit seiner von allegorischen Figuren reich bevölkerten Schauwand. Gruselig wird die Schaulust in der Kirche Santa Maria della Concezione bedient, wo in fünf Kapellen die Gebeine von 4.000 Kapuzinermönchen gehütet werden: Kunstvoll baute man da Rückenwirbel zu Lustern zusammen, arrangierte Schädel, Schenkelknochen und Schulterblätter zu Wandmustern. So morbid ist nicht einmal die Kapuzinergruft.

Und es gibt die Nebenschauplätze, in denen man römische Geschichte und Kultur (fast) in aller Stille nahe kommen kann. Die Priscilla-Katakomben im Norden der Stadt sind weit weniger überlaufen als die berühmteren unterirdischen Anlagen im Süden. Weniger eindrucksvoll sind sie deshalb nicht. Auch der weitläufige Park rund um die Villa Borghese lädt sommers wie winters zum entspannten Flanieren ein, ebenso wie der Botanische Garten in der Nähe des Vatikans.

Lautes, junges, buntes Rom
Wer das laute, junge, bunte Rom kennenlernen will, der muss allerdings über den Tiber, nach Trastevere. Das studentisch geprägte Viertel fängt am Abend zu leben an: Dutzende Lokale und Restaurants reihen sich aneinander, hier kriegt man ebenso High-End-Sterneküche (wie in der eleganten "Glass Hostaria") wie Pizzastücke im Gassenverkauf. Und das Leben auf den malerischen Straßen hört nicht auf – schon gar nicht, seitdem ein rigides Rauchverbot in Lokalen herrscht. Cineasten sollten sich das "Nuovo Sacher" nicht entgehen lassen. Der italienische Starregisseur Nanni Moretti betreibt dieses Kino in Trastevere, das den Charme vergangener Jahrzehnte verbreitet. Selbst wer kein Italienisch kann, ist nicht fehl am Platz: An vielen Tagen laufen Filme im englischen Original.

Für Filmfreunde ist aber kein Rom-Besuch ohne die Cinecittà komplett. Das ruhmreiche Studio, in dem nicht nur Federico Fellini und Sergio Leone ihre Meisterwerke drehten, beherbergt eine ständige Schausammlung, in der man sich Requisiten (von "Ben Hur" bis "Casanova") und allerhand andere Überbleibsel aus der goldenen Zeit des europäischen Films anschauen kann. Die Cinecittà ist dabei kein schrilles Disneyland, kein Event-Park, wo Plastikhaie ihre Mätzchen machen, hier atmet alles eher die Eleganz und den Zauber des europäischen Film-Theaters. Bloß eine DVD von Fellinis "Roma" führen sie nicht im Museums-Shop. Schade, denn Fellinis bildgewaltige Fantasien bilden die Atmosphäre der Weltstadt wunderbar ab. Rom-Besucher sollten sich den Film dringend besorgen.

Aber nicht alles an Rom ist theatralisch: Auch wenn man hinter den ausladenden Gesten der Römer und Römerinnen, ihrem glutvollen südländischen Temperament manchmal ein bisschen Show vermutet, steckt dahinter eine Riesenportion echte Herzlichkeit. Und die braucht es manchmal auch: Wenn die Straßen vor Touristen wieder einmal überquellen, sorgen die Römer schon selbst für eine angenehme Atmosphäre in ihrer Ewigen Stadt.

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