Urteile in Graz

Wiederbetätigungs-Prozess endet mit fünf Schuldsprüchen

Österreich
05.12.2012 16:30
Nach mehr als einem halben Jahr Verhandlungsdauer ist am Mittwoch in Graz der erstinstanzliche Prozess gegen zehn Männer wegen NS-Wiederbetätigung mit Schuldsprüchen, aber auch einigen Freisprüchen zu Ende gegangen. Der Hauptangeklagte, der vor allem in der Steiermark bekannte Rechtsextremist Franz Radl (r.), wurde für schuldig befunden und fasste 24 Monate Haft aus, acht davon unbedingt. Vier weitere Angeklagte kamen mit bedingten Haftstrafen davon. Fünf junge Männer wurden freigesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Nach einer überraschend kurzen Beratungsdauer von etwa vier Stunden befanden die Geschworenen drei der Männer wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung am Grazer Karmeliterplatz während eines Public Viewings zur Fußball-WM 2010 für schuldig. Sie hatten dort "SS, SA, wir sind wieder da" und ähnliche Parolen gesungen. Die jungen Männer fassten acht, drei und zwölf Monate bedingte Haft aus. Sie erbaten Bedenkzeit oder kündigten Rechtsmittel an. Auch die Staatsanwaltschaft will Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen einlegen.

Unsicher waren sich die Laienrichter bei den Handlungen in einem Grazer Lokal. Auch dort sollen dieselben drei Männer "Heil Hitler" und anderes kundgetan haben. Die Geschworenen sprachen in diesem Fall jedoch sämtliche Angeklagten frei.

Radl "verzeiht" Geschworenen
Franz Radl wurde für schuldig befunden, Flugblätter verteilt und zwei Websites für Holocaust-Leugner Gerd Honsik mit einschlägigem Material betreut zu haben. Außerdem wurden bei ihm Aufkleber in größerer Stückzahl gefunden, die gegen das Gesetz verstießen. Freisprüche bekam Radl wegen des Vorwurfs der Verteilung der Aufkleber und wegen einer brisanten CD für Volksschulkinder. Der Oststeirer kündigte sofort Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, zu den Geschworenen sagte er unter anderem: "Ich verzeihe Ihnen, aber ich werde alle Rechtsmittel ausschöpfen."

Eine weitere Verurteilung betraf einen der Angeklagten wegen eines Foren-Eintrags im Internet, den er selbst geschrieben hatte und der ebenfalls gegen das Verbotsgesetz verstieß. Dieser Beschuldigte wurde zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt.

Die restlichen fünf Verdächtigen durften den Gerichtssaal am Mittwoch mit Freisprüchen verlassen.

"Unwissenheit" oder "Dummheit" als Rechtfertigung
Alle zehn Angeklagten hatten in ihren Schlussworten um Freisprüche gebeten. Manche schoben ihre einschlägigen Sprüche, Gesänge und Pickerl-Aktionen auf jugendliche Dummheit, andere wiederum wollen nicht gewusst haben, dass es sich dabei um Wiederbetätigung gehandelt haben könnte. Radl hatte eigentlich einen längeren Vortrag geplant gehabt, aber "es gibt keine Beweise, daher verzichte ich auf längere Ausführungen". "La commedia e finita", meinte er.

Von den zehn Angeklagten im Alter von 21 bis 44 Jahren hatten sich acht bereits im Frühjahr vor Gericht verantworten müssen. Teilweise wurden sie hier - nicht rechtskräftig - zu sechs bis 18 Monaten Haft verurteilt. Dabei ging es allerdings ausschließlich um Körperverletzungen bei zwei Auseinandersetzungen in dem Grazer Lokal sowie bei dem Public Viewing zur Fußball-WM. Bei dem zweiten Prozess kam nun zur Sprache, was die Schlägereien überhaupt ausgelöst hatte - nämlich zum Teil rechtsradikale Äußerungen.

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