"Gift-Fabrik"

Italien: Arbeiter besetzen Stahlwerk nach Schließung

Ausland
28.11.2012 12:02
Tausende Stahlarbeiter protestieren derzeit in Süditalien gegen die Entscheidung ihres Arbeitgebers, des Stahlwerks Ilva in Tarent, den Betrieb einzustellen. Seit Montag halten sie das Werk besetzt (Bild). Nach monatelangem Kampf der Firmenleitung gegen Gerichte und Behörden wegen der Versäumnisse bei der Einhaltung von Umweltauflagen sahen sich die Betreiber des als "Gift-Fabrik" bekannten Stahlwerks gezwungen, den Betrieb zu schließen.

Die Arbeiter, die nun um ihre Existenz fürchten, ließen sich das nicht gefallen und besetzten umgehend die Fabrik. "Man nimmt uns unsere Arbeit. Was gehen uns diese Probleme an, die kommen von denen da oben", wurde ein wütender Arbeiter im Ö1-"Morgenjournal" zitiert.

Proteste weiten sich auf andere Städte aus
Mittlerweile weiten sich die Proteste auch auf andere Städte aus. In Genua gingen am Mittwoch Ilva-Mitarbeiter auf die Straße, um gegen die Schließung zu protestieren. Dabei kam es zu chaotischen Zuständen in der Innenstadt, berichteten italienische Medien. Eine Delegation von Ilva-Mitarbeitern reiste nach Rom, um vor dem Regierungssitz zu protestieren, in dem am Donnerstag ein Treffen zwischen der italienischen Regierung, dem Ilva-Management und den Gewerkschaften geplant ist.

"Die Lage ist für die öffentliche Sicherheit besorgniserregend, weil in Tarent Tausende Jobs bei Ilva und in der Zulieferindustrie auf dem Spiel stehen", warnte Italiens Innenministerin Annamaria Cancellieri.

Gutachten: "Gesundheit durch Emissionen schwer belastet"
Zur Vorgeschichte: Nachdem ein vom zuständigen Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten im Vorjahr festgestellt hatte, dass die Fabrik hohe Mengen an Dioxin und anderen umwelt- und gesundheitsgefährdenden Stoffen freisetzt, die zu einer Erhöhung von Krebs-, Herz- und Lungenkrankheiten in der Region führen, mussten bereits vor Wochen einige Abteilungen der Fabrik geschlossen werden. "Aus den Ergebnissen geht klar hervor, dass die Gesundheit der Bevölkerung in Tarent durch die Emissionen schwer belastet ist", hieß es im Gutachten.

Nachdem vor Kurzem auch Haftbefehle gegen zahlreiche Mitglieder des Konzernmanagements erlassen worden und die geforderten Umweltauflagen aus Sicht des Werks unerfüllbar waren, sahen sich die Betreiber am Montag gezwungen, die Produktion in Tarent komplett einzustellen.

Stahlwerk zählt zu den größten in Europa
Das Ilva-Werk in Tarent ist eines der größten Stahlwerke Europas und der größte Arbeitgeber in der Region. Von der Schließung der Fabrik sind 11.500 Arbeitsplätze betroffen, weitere 8.000 Arbeitsplätze hängen von dem Standort ab. 2011 meldete das 1905 gegründete Unternehmen der Familie Riva einen Umsatz von zehn Milliarden Euro.

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