"Pharao" besorgt

Ägypten: Erster Toter bei Protesten gegen Mursi

Ausland
26.11.2012 08:22
Die Proteste gegen die Machtausweitung des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi haben Medienberichten zufolge bereits ein Todesopfer gefordert. Bei einem Angriff auf das Büro der Muslimbruderschaft in der Nildeltastadt Damanhur kam am Sonntagabend ein Mensch ums Leben.

"Das Mitglied Islam Fathy Masoud, 15, wurde getötet und 60 Personen wurden verletzt, nachdem Schläger das Hauptquartier der Muslimbruderschaft in Damanhour angriffen", hieß es. Polizei sei nicht vor Ort gewesen.

Gegner und Anhänger gehen auf die Straße
Bereits im Laufe des Sonntags war es in Kairo und der Provinz Al-Baheira erneut zu Straßenschlachten zwischen der Polizei und den Gegnern Mursis gekommen. Allein auf dem Kairoer Tahrir-Platz protestierten mindestens 5.000 Menschen gegen den Kurs des Islamisten. Die ägyptischen Aktienkurse sackten wegen der Krise im Land dramatisch ab.

Salafisten wollen Überreste des alten Regimes bekämpfen
Um ihre Solidarität mit Mursi zu bekunden, gingen am Sonntagabend in mehreren ägyptischen Städten aber auch Tausende Islamisten auf die Straße. An den Demonstrationen nahmen nicht nur Angehörige der Muslimbruderschaft teil, sondern auch Anhänger der radikalislamischen Salafisten. Sie erklärten, nun sei die Zeit gekommen, um Mursi in seinem Kampf gegen die Überreste des alten Regimes beizustehen. An diesem Dienstag wollen sowohl die Islamisten als auch die liberalen Kräfte erneut auf die Straße gehen, was bei vielen Ägyptern die Angst vor neuer Gewalt schürt.

Besorgter Präsident sucht Gespräch mit Beratern und Richtern
Zur Vorgeschichte: Mursi hatte am vergangenen Donnerstag eine Verfassungserklärung erlassen, die von der Opposition als "Staatsstreich" bezeichnet wurde (siehe Infobox). Laut seiner Erklärung dürfen die Gerichte des Landes die Umsetzung seiner Dekrete nicht behindern. Sie haben auch nicht das Recht, die Verfassungskommission aufzulösen. Diese Machterweiterung des Präsidenten, die der Nobelpreisträger und Oppositionspolitiker Mohammed ElBaradei mit jener eines "Pharaos" verglichen hatte, löste die heftigen Proteste im post-revolutionären Ägypten aus, im Zuge derer bereits mehr als 500 Menschen verletzt wurden.

Das Ausmaß der Kritik an seiner Verfassungserklärung aus dem In-und Ausland beunruhigt Mursi offensichtlich zunehmend. Nach Angaben der staatlichen Medien rief er am Sonntag zum zweiten Mal binnen 24 Stunden seine Berater zu sich. Für Montag lud er mehrere Richter ein, um mit ihnen nach einem Ausweg aus der Krise zu suchen, wie die unabhängige Kairoer Tageszeitung "Al-Shorouk" meldete. Die Richter, von denen viele aus Protest in den Ausstand traten, werfen ihm vor, die Unabhängigkeit der Justiz untergraben zu wollen.

Muslimbrüder: Präsident denkt nicht an Rücknahme
Die ägyptische Präsidentschaft bezeichnete vor dem Hintergrund des immer größer werdenden Drucks die umstrittene Verfassungserklärung am Sonntagabend als vorübergehend. Sie gelte nur, bis eine neue Verfassung verabschiedet sei, zitierten lokale Medien aus einer Stellungnahme.

Doch laut der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, die im vergangenen Jahr von den Muslimbrüdern gegründet worden war, denkt Mursi keineswegs an die Rücknahme seiner umstrittenen Entscheidungen. Ein führender Parteifunktionär meinte gegenüber "Al-Shorouk", der Präsident habe nach Verkündung seiner Verfassungserklärung am vergangenen Donnerstag enormen Zuspruch aus der Bevölkerung erhalten. Deshalb werde er an seinen Entscheidungen festhalten. Hinter den Protesten vermutete der Islamist eine "Verschwörung", die den Sturz Mursis zum Ziel habe.

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