UNO-Gipfel in Katar

Klimakonferenz ausgerechnet beim Umweltsünder Nr. 1

Ausland
23.11.2012 11:10
Am Montag startet im Golf-Emirat Katar die UNO-Klimakonferenz. Optimismus ist nicht angebracht: Klimaexperten bezweifeln, dass das knapp zweiwöchige Treffen einen Durchbruch bringt. Die Ziele sind ohnehin bescheiden: Die Weltgemeinschaft will sich lediglich auf Eckpunkte auf dem Weg zu einem Nachfolge-Abkommen des heuer auslaufenden Kyoto-Protokolls zur Eindämmung der Erderwärmung verständigen. Vor Beginn der Konferenz steht ausgerechnet Gastgeber Katar als weltweiter Umweltsünder Nummer eins am Pranger.

Das Emirat am Persischen Golf hat 1,8 Millionen Einwohner und nur etwa ein Siebentel der Fläche Österreichs. Im Ranking der Klimasünder steht Katar jedoch an der Spitze: Jeder Einwohner verursacht im Schnitt 38 Tonnen Kohlendioxid-Ausstoß pro Jahr. Zum Vergleich: In Österreich sind es laut Internationaler Energieagentur etwa 7,8 Tonnen. Hauptgrund für den miserablen CO2-Wert Katars ist die Gas-Industrie: Das Emirat ist der weltweit größte Produzent von verflüssigtem Erdgas. Die Technologie zur Herstellung des Energieträgers erzeugt enorme Mengen an Kohlendioxid.

Gleichzeitig steckt das Umweltbewusstsein im Königreich in den Kinderschuhen. Erst seit 2008 gibt es ein eigenes Umweltministerium. Ein Jahr später organisierte die Regierung eine erste Konferenz zur Reduktion der CO2-Emissionen. Die Zeit drängt: Schließlich hat der Golfstaat neben der Luftverschmutzung auch mit Salz im Grundwasser und dem drohenden Anstieg des Meeresspiegels zu kämpfen. 2022 will der Emir, Scheich Hamad bin Chalifa al-Thani, die erste CO2-neutrale Fußball-WM ausrichten - ein ehrgeiziges Ziel angesichts der gegenwärtigen Probleme.

Was kommt nach Kyoto?
Auf der UNO-Konferenz ab 26. November geht es freilich um größere Herausforderungen als die teils hausgemachte Klima-Misere im kleinen Golf-Emirat. Wichtigster Brocken ist das Ringen um ein Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls aus dem Jahr 1997. Damals hatten sich die Industriestaaten erstmals auf eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen geeinigt. Die Vereinbarung wurde im Lauf der Jahre zunehmend verwässert, die USA und Kanada haben sich gänzlich aus dem Prozess zurückgezogen. Heuer läuft die ohnehin zahnlose Regelung aus, ein neuer Kompromiss ist nicht in Sicht.

Wie soll es also weitergehen mit dem weltweiten Klimaschutz? An dieser Frage haben sich zuletzt drei UNO-Konferenzen abgearbeitet. Mit mäßigem Erfolg: In Kopenhagen wurde 2009 vereinbart, dass die Erdtemperatur um nicht mehr als zwei Grad ansteigen soll. Konkrete Vereinbarungen wurden nicht getroffen. Die Tagung im mexikanischen Cancun 2010 hat neben losen Fahrplänen zur Fortsetzung des Kyoto-Protokolls kaum Ergebnisse gebracht. Im Vorjahr hat der Klimagipfel von Durban die Weltgemeinschaft endgültig entzweit: Die EU hat gemeinsam mit einigen Verbündeten eine zweite Kyoto-Phase ab 2013 beschlossen. Die beteiligten Staaten stehen allerdings nur für etwa elf Prozent der weltweiten Treibhaus-Emissionen. Groß-Sünder wie China und die USA wollen fixe Ziele zur CO2-Reduktion erst für die Zeit ab 2020 festschreiben.

NGOs skeptisch
Entsprechend nüchtern bewerten Umweltexperten die Aussichten vor dem Gipfel in Katar. Johannes Wahlmüller von Global 2000, Österreichs einziger NGO-Vertreter vor Ort, sieht etwa den Emissionshandel als Streitfall. Russland und andere osteuropäische Staaten hätten in der Vergangenheit enorme Emissionsgutschriften erwirtschaftet, die sie nun auf die Waagschale legen wollten. Wenn es die EU nicht schaffe, eine gemeinsame Position in dieser Frage zu finden, könnten die Klimaziele weiter ausgehöhlt werden, befürchtet Wahlmüller.

Der Klima-Sprecher von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, pflichtet seinem österreichischen Kollegen bei: "Vor allem Russland wurde in Kyoto 1997 sehr großzügig mit Verschmutzungsrechten bedacht, die es gar nicht gebraucht hat. Diese will das Land jetzt am Markt verkaufen." Insgesamt gehe es um mehr als zehn Milliarden Tonnen Kohlendioxid, die dadurch in den nächsten Jahren zusätzlich in die Atmosphäre geblasen werden könnten, erklärt Kaiser. Ein drastisches Bild zeichnet auch der WWF: Sollten die Verhandlungen scheitern, drohe der Erde eine Erwärmung um bis zu vier Grad. Somit würde der vor drei Jahren anvisierte Grenzwert um das Doppelte überschritten.

Die dringendsten Baustellen
Auf die Delegierten wartet in Katars Hauptstadt Doha (siehe Bild oben) also ein Monsterprogramm. Neben der Ausgestaltung von "Kyoto II" soll die Finanzierung des neuen Klimafonds GCF geregelt werden. Außerdem steht der Umgang mit nicht mehr vermeidbaren Klimaschäden zur Debatte.

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