Buchhalter bedroht

Merkwürdige Geiselnahme rund um Berlusconi

Ausland
21.11.2012 12:15
Eine merkwürdige, komplizierte Geiselnahme beschäftigt derzeit die Behörden in Italien. Ein Buchhalter des italienischen Ex-Premiers Silvio Berlusconi und seine Frau wurden im Oktober überfallen, publik wurde das allerdings erst jetzt. Im Austausch gegen Lösegeld in Millionenhöhe sollte Berlusconi auch politisch brisante Dokumente erhalten, die Täter zogen angeblich aber erfolglos ab. Nicht nur dass zwischen Tat und Anzeige ganze 31 Stunden vergingen, wirft Fragen auf, die Staatsanwaltschaft hält es außerdem für möglich, dass sehr wohl Lösegeld bezahlt wurde.

Guiseppe Spinelli (linkes Bild vom Mai) und seine Frau wurden am späten Abend des 15. Oktober von drei bewaffneten und maskierten Männern in ihrer Mailänder Wohnung überfallen. Dies hat die Polizei erst am Montag anlässlich der Verhaftung von sechs Tatverdächtigen bekannt gegeben. Spinelli ist ein Buchhalter des italienischen Ex-Premiers Silvio Berlusconi, der so zur Zahlung von Lösegeld in Millionenhöhe gezwungen werden sollte.

Geiselnehmer besaßen angeblich brisante Dokumente
Im Gegenzug versprachen die Täter laut italienischen Medien auch politisch brisante Dokumente zum Fall "Mondadori", einem von vielen Prozessen, in die Berlusconi verwickelt war. Ihm war vorgeworfen worden, das Verlagshaus Mondadori in den 1990er-Jahren illegal übernomen zu haben, unter anderem durch Bestechung eines Richters. Berlusconis Unternehmen Fininvest, das heute seine Tochter Marina leitet, wurde daher im Juli 2011 in letzter Instanz zu einer Strafzahlung von 540 Millionen Euro Schadenersatz an den Konkurrenten CIR verurteilt.

Die Geiselnehmer der Spinellis behaupteten nun, sie hätten Beweise, dass die Richter vom Juli 2011 ihrerseits von einem Erzfeind Berlusconis, Gianfranco Fini, bestochen worden seien. Ob die Vorwürfe der Wahrheit entsprechen, ist unklar - brisantes Material konnten die Ermittler bei den Tatverdächtigen bisher nicht finden.

Laut Anwalt keine Lösegeldzahlung
Die Geiselnahme zog sich über elf Stunden hin - schließlich dauerte es laut Angaben des Buchhalters bis acht Uhr früh, um Berlusconi ans Telefon zu bekommen. Der habe für die Verhandlungen mit den Geiselnehmern wiederum seinen Anwalt Niccolo Ghedini eingeschaltet. Ghedini gibt an, er habe eine Zahlung, ohne die fraglichen belastenden Dokumente gesehen zu haben, verweigert. Dazu sei es aber nicht gekommen: Die drei Geiselnehmer seien am Morgen des 16. Oktober unverrichteter Dinge abgezogen, so Spinelli.

Polizei erst 31 Stunden später informiert
Erst am nächsten Tag wurde die Polizei informiert, die schon letzten Monat drei Verdächtige verhaftet haben soll. Am Montag sollen drei weitere dazugekommen sein - es soll sich um Italiener und Albaner handeln. Nun untersucht die Staatsanwaltschaft auch, ob tatsächlich kein Lösegeld geflossen ist. Schließlich gibt die zuständige Ermittlungsrichterin Paola Di Lorenzo an, dass die Verdächtigen sich in einem abgehörten Telefongespräch über acht Millionen Euro unterhalten hätten. Dabei könnte es sich aber auch um Geld aus anderen kriminellen Aktivitäten der Gruppe handeln - gefunden wurde die Summe auf den bisher beschlagnahmten Konten jedenfalls nicht.

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