Blasphemie-Vorwurf

Pakistan: Verfahren gegen Mädchen (14) eingestellt

Ausland
20.11.2012 18:28
Ein geistig zurückgebliebenes 14-jähriges Mädchen aus Pakistan (im Bild bei ihrer Haftentlassung im September), das im August dieses Jahres wegen Blasphemie angeklagt worden war, ist laut eines Berichts im staatlichen Fernsehsender PTV am Dienstag vom Hohen Gerichtshof in Islamabad von allen Anklagen freigesprochen worden. Das heftig kritisierte Verfahren gegen die junge Christin wurde fallengelassen, weil sich die Vorwürfe als haltlos erwiesen hatten.

Aus Mangel an Beweisen stellte das pakistanisches Gericht das umstrittene Blasphemie-Verfahren gegen die junge geistig zurückgebliebene Christin ein. "Der Hohe Gerichtshof in Islamabad hat alle Vorwürfe gegen meine Mandantin verworfen", sagte der Anwalt der Jugendlichen, Tahir Naveed Chaudhry, am Dienstag.

Die Einstellung des Verfahrens gegen Rimsha Masih kann noch vor dem Verfassungsgericht angefochten werden. Masih und ihre Familie halten sich unter dem Schutz der Regierung an einem unbekannten Ort auf. Die Festnahme des Mädchens hatte sowohl international als auch unter muslimischen Klerikern in Pakistan für Proteste gesorgt. Laut einer ärztlichen Diagnose leidet die Minderjährige an einer Lernbehinderung.

Imam dürfte dem Mädchen "Beweise" untergejubelt haben
Zur Vorgeschichte: Die 14-Jährige war Mitte August in der Hauptstadt festgenommen und nach drei Wochen Haft auf Kaution freigelassen worden. Ihr wurde vorgeworfen, Koran-Seiten verbrannt zu haben (siehe Infobox). Das Verfahren nahm jedoch eine überraschende Wendung, als die Polizei einem Imam aus der Nachbarschaft der Familie vorwarf, die beschädigten Seiten in die Tasche des Mädchens geschmuggelt zu haben.

Vermutet wurde, dass der Imam Christen aus dem Armenviertel vertreiben wollte. Nach der Festnahme des Mädchens flohen tatsächlich die meisten Christen aus Angst vor Übergriffen aus dem Stadtteil. Der Imam streitet die Vorwürfe ab. Er wurde festgenommen, dann aber auf Kaution freigelassen, nachdem einige Belastungszeugen ihre Aussagen zurückzogen.

Todesurteile wegen Blasphemie noch nie vollstreckt
Am vergangenen Donnerstag hatte ein pakistanisches Gericht erstmals seit zwei Jahren wieder ein Todesurteil wegen Blasphemie verhängt. Verurteilt wurde ein Mann, weil dieser den Propheten Mohammed verunglimpft hatte. Zuvor war im November 2010 die Christin Asia Bibi wegen Blasphemie zum Tode verurteilt worden. Sie ist seitdem inhaftiert. Ihr Fall hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Papst Benedikt XVI. setzte sich erfolglos für ihre Freilassung ein.

Zwar wurde in Pakistan bisher kein Todesurteil wegen Blasphemie vollstreckt, mehrere Angeklagte wurden aber nach ihrer Freilassung gelyncht.

In seiner jetzigen Form wurde das Blasphemie-Gesetz 1986 vom Militärdiktator Muhammad Zia ul-Haq eingeführt. Islamisten laufen Sturm gegen eine Änderung des Gesetzes, das sie für gottgemacht halten. Das umstrittenes Gesetz verbietet die Beleidigung jeder Religion, wird aber in der Praxis nur bei angeblicher Herabsetzung des Islam angewandt.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele