Golfes Bruder

Seat Leon: Der Sport-Golf mit spanischem Design

Motor
16.11.2012 07:40
Nur zwei Wochen nach dem VW Golf bringt der Volkswagen-Konzern am 23./24. November dessen spanischen Ableger auf den Markt. Die dritte Generation des Seat Leon bringt praktisch alle wesentlichen Qualitäten des Wolfsburger Stammhalters mit, unterscheidet sich aber im Detail – und im Preis.
(Bild: kmm)

Vereinfacht könnte man sagen: Der Seat Leon ist ein spanischer Golf. Allerdings wird ihm das nur teilweise gerecht, weil sein Charakter tatsächlich ein anderer ist. Er paart die technische VW-Solidität mit etwas Jugendlich-Frischem, einem sportlicheren Zugang zum Autofahren und auffälligerem Design.

Am auffälligsten sind sicher die optionalen (und teilweise serienmäßigen) LED-Scheinwerfer mit ihrem klar konturierten, kantigen Tagfahrlicht. Obwohl Seat nicht die Innovationsmarke im Konzern ist, übernimmt der Leon damit die Vorreiterrolle in der Kompaktklasse. Die Lichtfarbe entspricht fast Tageslicht, die Helligkeit fast Xenonlicht, aber LEDs sind deutlich billiger zu haben und sollen ein Autoleben lang halten. Je nach Ausstattungsversion kosten sie im Paket inklusive Alufelgen und LED-Heckleuchten 800 bis 1.200 Euro Aufpreis. Die Optik der Front gewinnt damit immens und wird richtig scharf.

Solch scharfe Züge haben die spanischen Designer der ganzen Karosserie mitgegeben. Drahtige Sicken und Kanten sind ins Blech geschnitten, dreieckige Formen kennzeichnen den neuen Leon. Wo der VW Golf 7 manchen zu "langweilig" ist, zieht der Seat den Design-Trumpf. In der Seitenansicht fühlt man sich etwas an Audi erinnert, aber der Leon wirkt schlanker als ein A3. So schlank, dass ihn ein unbedarfter Beobachter durchaus ins A0-Segment stecken könnte, dem z.B. Seat Ibiza, VW Polo und Audi A1 angehören.

Fahrverhalten passt zum Design
Das Versprechen, welches das schnittige Design gibt, hält das Fahrverhalten des neuen Seat Leon. Technisch entspricht das Fahrwerk dem Golf (also vorne McPherson-Achse, hinten bis 150 PS Verbundlenker-, darüber Vierlenkerachse), allerdings ist es im Seat wie gewohnt sportlicher abgestimmt. Er neigt sich in Kurven weniger als der Golf, hält straff die Spur, ohne zu untersteuern, wobei auch der Seat serienmäßig von einer elektronischen Quersperre unterstützt wird. Auch unebener Belag bringt weder Auto noch Fahrer aus der Ruhe, auch im Gebälk knistert nichts.

Die Lenkung arbeitet direkt und vermittelt exzellentes Feedback von der Straße. Ein Auto, das auf kurvigen Bergstraßen richtig Spaß macht. In der Sport-Version FR lassen sich über das "Seat Drive Profile" die Charakteristik der Lenkunterstützung, der Gasannahme und des DSG-Getriebes in den drei Modi eco, comfort und sport zu variieren, zusätzlich gibt es eine Individualeinstellung. Auf der Autobahn überzeugt der Seat Leon mit akkuratem Geradeauslauf.

Bei aller Sportlichkeit ist der Spanier auch komfortabel, nicht zuletzt deshalb, weil die Spurweite gewachsen ist. Es sei leicht, ein Auto sportlich abzustimmen, heißt es bei Seat, aber schwierig, es sportlich UND komfortabel abzustimmen. Und die breitere Spur komme einer guten Kurvenlage derart entgegen, dass man bei der Dämpferabstimmung nicht so kompromisslos sein müsse.

Motoren von 86 bis 183 PS
Die drei Motorversionen (allesamt keine Einstiegstriebwerke), die ich bei der Präsentation in Andalusien testen konnte, unterstreichen den spaßigen Zugang. Schon der Schwächste der drei – der 122 PS starke 1.4 TSI - geht mit seinen 200 Nm ab 1.400/min. munter zu Werke und lässt die 140 PS und 250 Nm der nächsthöheren Stufe kaum vermissen, wirkt sogar etwas harmonischer. Beim stärkeren setzt der Turboschub bei 1.500 Touren vehementer ein und verlangt nach viel Gefühl im Gasfuß, wenn man zwar zügig, aber nicht ruckartig fahren will. Vor allem, wenn das "Drive Profil" auf Sport steht. Die Fahrleistungen sind natürlich mit 0-100=8,2 statt 9,3 Sekunden und 211 statt 202 km/h Vmax etwas besser, der Normverbrauch mit genügsamen 5,2 l/100 km dagegen gleich.

Sehr kraftvoll geht der 150 PS starke 2.0 TDI zu Werke, dank maximal 320 Nm ab 1.750 Nm auch schon von unten heraus. Dieser Dieselversion stehen 8,4 Sekunden und 215 Sekunden ins Datenblatt geschrieben, und mit einem Verbrauch von 4,1 l/100 km mit Start-Stopp-Automatik frisst er einem nicht die Haare vom Kopf. Bei forcierter Fahrweise fällt der Verbrauchsunterschied zu den Benzinern noch deutlicher aus, weil sie nach höheren Drehzahlen verlangen und der Bordcomputer dann entsprechend höhere Werte anzeigt.

Außerdem stehen zwei 1.2-TSI-Benziner mit 86 bzw. 105 PS und ein 1.8 TSI mit 180 PS sowie zwei 1.6 TDI mit 90 bzw. 105 PS und ein 2.0 TDI mit 183 PS zur Verfügung. Sparsamster Motor ist der 105-PS-Diesel mit Start-Stopp-Automatik und einem Normverbrauch von nur 3,8 l/100 km.

Allen Varianten kommt das im Vergleich zum Vorgänger deutlich geringere Gewicht zugute, was sich in Fahrleistungen und Verbrauch zeigt. Der neue Leon ist bis zu 90 kg leichter als der alte, der leichteste bringt nur 1.113 kg auf die Waage.

Kürzer, aber mehr Platz im Innenraum
Im Vergleich zu seinem Vorgänger ist der neue Seat Leon fünf Zentimeter kürzer (4,26 m lang, 1,82 m breit, 1,46 m hoch), bietet aber mehr Platz für Insassen und Gepäck. Das kommt vor allem durch den um knapp sechs Zentimeter gewachsenen Radstand. So fasst der Kofferraum jetzt (analog zum Golf) 380 Liter, nervt aber mit einer hohen Ladekante. Auf den Sitzen herrscht raummäßige Wohlfühlatmosphäre. Sie bieten auch guten Seitenhalt, der Fahrersitz ist serienmäßig höhenverstellbar. Die Anmutung kommt an das Golf-Niveau nicht ganz heran, der Materialmix wirkt im Spanier eine Spur billiger. Sehr angenehm: viel Platz für Krimskrams von Schlüssel bis Handy. Was aber typisch VW ist, ist die Haptik: Es fühlt sich jeder Hebel, jeder Schalter an, wie er sich anfühlen sollte. Das hat auch der Seat vielen teureren Autos voraus.

Je nach Ausstattung verfügt auch der Seat Leon über den näherungssensitiven Touchscreen aus dem VW-eigenen Modularen Entertainment-Baukasten, der Bedienelement erst einblendet, wenn sich die Hand nähert. Dadurch ist etwa die Navigationskarte besser zu sehen. In Sachen Software geht Seat aber eigene Wege, dadurch erreicht das Navi in Grafik wie auch Menüführung nicht das Golf-Niveau.

Dieses erreicht der Leon aber, was die Aufpreisliste betrifft. Nach und nach werden alle elektronischen Helferlein bestellbar sein, die es auch im Wolfsburger gibt, vom aktiven Spurhalteassistenten bis zum Radartempomaten. Und die Multikollisionsbremse (die nach einem Unfall mit Airbagauslösung einen weiteren Aufprall durch eine automatische Vollbremsung verhindert) ist ebenso serienmäßig.

Anders als im Golf ist um 15.990 eine Basisversion ohne Klimaanlage (aber mit elektrischen Fensterhebern und Funkzentralverriegelung) erhältlich. Wirklich interessant wird es allerdings erst mit den drei besseren Ausstattungsversionen: Reference (mit Klima, geteilter Rückbank und Touchscreen ab 16.990 Euro), Style (mit Tempomat, Bluetooth-Anbindung, beheizbaren Außenspiegeln etc. ab 20.290 Euro) und die dynamisch ausgerichtete Variante FR (mit sportlich abgestimmtem Fahrwerk und LED-Scheinwerfern ab 22.990 Euro). Im kommenden Jahr gehen weitere Motorisierungen, unter anderem eine Ecomotive-Version mit einem CO2-Ausstoß von 89 Gramm und eine Erdgasvariante an den Start. Mitte 2013 folgt eine dreitürige Version, Ende 2013 ein Kombi.

Wem der VW Golf zu unspektakulär ist, wer aber dennoch Wert auf dessen Qualitäten legt, aber auch mit teils einfacheren Kunststoffen auskommt, der ist beim Seat Leon richtig. Dass man dabei auch noch Geld spart, ist auch kein Fehler.

Warum?

  • Solide und doch verspielt
  • Ganz schön böse LED-Scheinwerfer

Warum nicht?

  • Navi-Grafik und Menüführung nerven

Oder vielleicht …

… doch den Golf? Oder einen anderen der vielen Kompakten, wie Hyundai i30, Kia Ceed, Ford Focus, Opel Astra.

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(Bild: kmm)



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