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Frischer Wind in Lissabon: Verjüngte Stadt am Tejo

Reisen & Urlaub
17.11.2012 17:00
Lange galt die Stadt der sieben Hügel an Europas Südwestzipfel als leicht verblasste, altmodische Schönheit voller Fado-Nostalgie. Jetzt haben neue Stadtviertel, originelle Lokale, Galerien, Künstler und Designer sie verjüngt und "aufgepeppt".

"Zauberhaft ist dieser Ort, und du willst nie wieder fort. Bist du fern von Lissabon, träumst du immer nur davon, von der Stadt der Portugiesen", sangen die Comedian Harmonists in den 30er-Jahren, und in vielen Dingen ist der altmodische Charme dieser Stadt seither gleich geblieben: Die Stadt auf den Hügeln am Tejo lebte lang vom Prunk vergangener Tage, ihre pastellfarbenen Häuser verblassten, die berühmten Azulejo-Kacheln an ihren Fassaden wurden immer brüchiger, der in Lokalen allerorts gespielte Fado voller Wehmut passte ideal zum allgemeinen Gefühl der Nostalgie; das vom melancholischen Nationalschriftsteller Fernando Pessoa beschriebene Gefühl eines "ruhigen Landlebens in der Stadt" charakterisierte die engen Straßen und kleinen Plätze.

Der berühmte, von einem Schüler Gustave Eiffels erbaute eiserne Aufzug zwischen den Stadtvierteln Baixa und Bairro Alto zieht weiterhin Touristen an, ebenso die nostalgische Straßenbahnlinie 28, die eine rumpelnde Stadtrundfahrt bietet, und die gemütlichen Kiosks an der breiten Prunkstraße Avenida da Liberdade, die nach dem Flanieren oder dem Einkaufsbummel in den benachbarten Luxusgeschäften zum Ausruhen bei einem Gläschen Wein und einer Nascherei einladen.

Wer altmodischen, ein bisschen morbiden Charme sucht, hat es in Lissabon nicht schwer. Überall gibt es kleine Konditoreien, Cafés und Bars, enge Gassen, in denen nur Geschäfte mit Knöpfen, Borten und Spitzen – oder nur Uhrmacher, nur Schuster, nur Tischler zu finden sind.

Verjüngtes Lissabon
Dazwischen aber wurde die Stadt verjüngt und "aufgepeppt". In einem prunkvollen Bankgebäude der Innenstadt verlockt das avantgardistische MUDE-Mode- und Designmuseum; für die Weltausstellung von 1998 entstand am Tejo ein komplettes neues Stadtviertel mit dem Ozeanarium, einem der größten Aquarien der Welt. Im historischen Belém steht das Berardo-Museum, das Werken moderner Künstler aus aller Welt großzügig Platz bietet. Ganz in der Nähe, unter den Pfeilern der an San Franciscos Golden Gate Bridge erinnernden Brücke über den Tejo, entwickelt sich mit der LX Factory in den Backsteingebäuden alter Druckereien und Manufakturen eine Insel der Kreativen, voll origineller Bars und Restaurants, Geschäfte, Büchereien, Galerien und Ateliers. Hier gibt es den besten Schokoladenkuchen, die tollsten Naturkosmetika, die fantasievollsten Designer.

Ums Eck hat Joana Vasconcelos, Portugals derzeit gefragteste Künstlerin, ihr riesiges Atelier. Dort entstehen Werke aus "exotischen" Bestandteilen wie Tampons, Plüschtieren oder Bügeleisen – und mit Spitzen umhäkelte Keramiktiere.

Blühendes Nachtleben
Trotz Wirtschaftskrise – oder vielleicht sogar deshalb – blühen Design und Mode in der Stadt, gibt es schicke Lokale am Flussufer und alternative Bars, ein blühendes Nachtleben. Beim Flanieren fühlt man sich an Berlins Slogan "arm, aber sexy" erinnert. Dazu passt auch das Projekt der Galeria de Arte Urbana: Graffiti-Künstler bekommen Wände an leer stehenden Häusern, an Mauern und sogar einem Parkhaus zur Verfügung gestellt, die Werke werden stolz präsentiert. Das Gesicht der alternden Schönheit Lissabon bekommt dadurch neue Facetten, wird bunter, fröhlicher, durch den Mix aus Nostalgie und Avantgarde immer interessanter.

Das Lied vom "zauberhaften Ort" bewahrheitet sich an jeder Ecke: Wir träumten nach der allzu kurzen Städtereise bald von einer Wiederkehr...

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