Künftig billiger?

EU beendet “Bananenkrieg” mit Lateinamerika

Wirtschaft
09.11.2012 14:55
Fast 20 Jahre hat er gedauert, jetzt ist der "Bananenkrieg" zwischen EU und Lateinamerika zu Ende gegangen. Der Streit um Einfuhrzölle auf lateinamerikanische Bananen galt als der längste Handelskonflikt in der Geschichte der Welthandelsorganisation. Es ein wirklich "historischer Moment", geriet WTO-Chef Pascal Lamy angesichts der nun erfolgten Einigung ins Schwärmen. Ob die krummen Dinger im Obstregal nun spürbar billiger werden, bleibt jedoch abzuwarten.

Mit dem Austausch der beglaubigten Vertragsdokumente zum "Genfer Bananenabkommen" zwischen der EU und zehn lateinamerikanischen Staaten wurde am Donnerstag der offizielle Schlussstrich unter den bisher längsten Handelskonflikt der WTO-Geschichte gezogen. In der EU werden nun Einfuhrzölle auf lateinamerikanische Bananen schrittweise gesenkt - von 148 Euro je Tonne (2009) bis auf 114 Euro im Jahr 2017.

Auch wenn derzeit noch nicht abzuschätzen ist, ob die Bananen für Europas Konsumenten nun spürbar billiger werden - die Senkung des Zolls pro Tonne erscheint nicht so gravierend -, der Konkurrenzkampf zwischen den Lateinamerikanern und den Bananenproduzenten in Afrika, der Karibik und der Pazifik-Region - den sogenannten AKP-Staaten - dürfte härter werden. Dies wiederum könnte durchaus Auswirkungen auf die Preise im Supermarkt haben.

US-Konzerne als große Profiteure der Zoll-Absenkung
Doch auch nach dem nun erzielten Bananen-Kompromiss bleibt es bei einer gewissen, teils historisch gewachsenen Vorzugsbehandlung von Erzeugern in den oft vergleichsweise ärmeren AKP-Ländern durch die EU. So dürfen ihnen Ausgleichszahlungen von insgesamt bis zu 200 Millionen Euro gewährt werden.

Unterm Strich kommt die Absenkung der EU-Einfuhrzölle aber vor allem den in Lateinamerika operierenden Erzeugern zugute, unter ihnen große US-Konzerne. Die Produktivität dieser Betriebe ist meist erheblich höher, was die Herstellung preisgünstiger macht.

Harte Kritik an EU-Bananenpolitik
Der Streit war teils mit harten politischen Bandagen geführt worden. Der EU wurde vorgehalten, sie subventioniere mit ihrer Bananenpolitik ehemalige Kolonien Frankreichs, Spaniens und Großbritanniens. Viele der AKP-Staaten, vor allem in Afrika, hatten ihre Unabhängigkeit erst viel später als die früheren Kolonien in Amerika erreicht. Um die wirtschaftliche Entwicklung oft bettelarmer Ex-Kolonien zu fördern, waren ihnen Erleichterungen für den Zugang zu europäischen Märkten eingeräumt worden.

So richtig kochte der Disput hoch, nachdem die EU 1993 eine Bananenmarktordnung einführte. Damit wurden die exotischen Früchte handels- und zolltechnisch unterschieden in "Gemeinschaftsbananen" aus EU-Mitgliedsstaaten - zum Beispiel von den zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln -, "AKP-Bananen" und "Drittlandbananen", wobei Letztere mit erheblichen Zöllen belegt wurden.

Lateinamerikaner klagten mit US-Rückendeckung
Dagegen gingen die Lateinamerikaner mit etlichen Klagen vor. Und mit kräftiger Rückendeckung der USA, die ihrerseits Druck auf die EU ausübten. Zwar exportieren die USA selber keine Bananen, aber einige der wichtigsten Exporteure in Ländern wie Costa Rica oder Ecuador sind US-Konzerne.

Auf den nun erzielten Kompromiss hatten sich die Beteiligten im Grundsatz nach mehreren einzelnen Streitfällen eigentlich bereits im Jahr 2009 geeinigt. Bis alle Vertragsdetails unterschriftsreif waren, verging so viel Zeit - wie WTO-Chef Lamy scherzte -, dass "mancher, der damit im WTO-Sekretariat sowie in den Regierungen beschäftigt war, inzwischen pensioniert ist".

"Krummes Ding" als Hoffnungsschimmer für Welthandel?
Für Lamy ist der Deal jedenfalls ein Hoffnungsschimmer. Überall wächst als Folge der Finanzkrise der Protektionismus. Die Verhandlungen über die Liberalisierung des Welthandels kommen nicht voran. Immer mehr Konflikte werden bei der WTO abgeladen. Vom Streit um Chinas Exportbeschränkungen bei seltenen Rohstoffen bis hin zum Kampf zwischen Boeing und Airbus. Dass dafür ein krummes Ding wie die Banane den Ausweg weisen kann, darf jedoch bezweifelt werden.

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