Leiser Schwede

Volvo V40: Die elegante Premium-Alternative

Motor
02.01.2013 09:59
Wer geglaubt hat, ein chinesischer Eigentümer sei der Niedergang der Marke Volvo, der sollte sich langsam mit dem Gedanken anfreunden, dass er sich getäuscht hat – und den Volvo V40 ausprobieren. Der ist in Sachen Design geradezu eine Lichtgestalt und auch ansonsten ein sehr besonderes Auto.
(Bild: kmm)

Bei Premium in der Kompaktklasse denkt man gemeinhin an Audi, BMW oder Mercedes. Ab sofort zähle ich auch Volvo zu dieser honorigen Gilde. Der Innenraum ist von einer unaufgeregten Schlichtheit und doch so hochwertig, dass er sich vom Mitbewerb angenehm abhebt. Nehmen wir den Innenspiegel als pars pro toto: Mit seinem extrem schmalen Chromrand kennzeichnet er die Eleganz des ganzen Fahrzeuges.

Die "schwebende Mittelkonsole" ist mittlerweile zum fixen Bestandteil bei Volvo geworden. Sie hat zwar keinen praktischen Vorteil, weil das Ablagefach dahinter praktisch nicht erreichbar ist, aber sie macht optisch richtig was her, vor allem auch durch die gebürstete Oberfläche. Da ist alles sehr wohnlich, stylisch und gut gelungen, auch wenn man der Fairness halber dazusagen muss, dass der Testwagen mit feinem Leder ausgestattet ist. Es hinterlassen aber auch die Kunststoffe einen hochwertigen Eindruck.

Platz ist nicht die größte Stärke des V40
Sowohl die Karosserieform als auch die Modellbezeichnung des Volvo V40 lassen Kombiambitionen vermuten – doch der Schein trügt. Der Schwede ist ein Beau mit relativ wenig Platz hinterm Po: Gerade mal 335 bis 1.032 Liter lassen sich hinter der hohen Ladekante verstauen, was den Schweden nicht für eine Fahrt zu Ikea prädestiniert. Außer man lässt liefern. Auf der Rückbank halten es zwei Leute ganz gut aus, allerdings tun sich Menschen mit großen Füßen schwer beim Aussteigen, weil sich die Basis der Rückbank weit in den Fußraum wölbt. Die Plätze an der Sonne sind sicher vorne (nicht nur mit dem optionalen Panoramaglasdach). Die Frontsitze sind bequem UND bieten Seitenhalt, auch die Beinauflage ist angenehm lang.

Pssst!
Besonders Menschen mit empfindlichen Ohren sei der V40 ans Herz gelegt. Kaum Windgeräusche, sogar die Lüftung ist superleise. Habe ich mich erst noch gefragt, wozu ich eine auffällige Ganganzeige im Cockpit brauche, war es mir bald klar: Der Motor ist kaum zu hören! Dabei ist der 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner, der im Testwagen V40 T4 immerhin 180 PS leistet (und bei Ford mit der Bezeichnung EcoBoost eingesetzt wird) kein Kind von Traurigkeit. Er spricht nur minimal turboverzögert an und hängt gut am Gas. 7,7 Sekunden vergehen für den Sprint auf Tempo 100, maximal sind 217 km/h (Tacho 221) drin. Interessanterweise wird bei diesem Tempo abgeregelt, obwohl 225 km/h in der Zulassung stehen. Das eigentlich nicht ganz sanfte Wesen der hervorragend gedämmten Maschine lässt sich beim Abschalten erahnen, da schüttelt sich der Wagen kurz, aber kräftig. Aber das Start-Stopp-System wird man vielleicht ohnehin lieber deaktivieren.

Perfekt zum auch bei hohem Tempo leisen Innenraum passt die Stereoanlage des Testwagens, die bestechenden Sound liefert. Und sie kann auch laute Töne.

Was das Fahren angeht, ist der Volvo V40 auf der komfortablen Seite zu Hause. Dennoch fährt er sich sehr präzise, selbst wenn es schnell und schneller und dazu kurvig wird; man merkt, dass seine Gene vom bekanntlich gut befahrwerkten Ford Focus stammen. Der Testwagen rollt nur etwas hart ab, und die Lenkung dürfte bei hohem Tempo gerne etwas weniger leichtgängig sein. Das Sechsganggetriebe schaltet sich hervorragend, wenn die Hand nicht gerade am abgeflachten Schaltknauf abrutscht. Der ist übrigens stylischerweise von innen beleuchtet.

Bei aller Sportlichkeit ist der V40 T4 ein recht sparsamer Geselle. Zwar habe ich den Normverbrauch von 5,5 l/100 km deutlich verfehlt, aber 7,4 Liter gehen voll in Ordnung. Auch Vollgasfahrten stürzen einen nicht in den Ruin: Auf einem Trip von Wien nach Landsberg/Lech samt vielen Vollgaskilometern auf deutschen Autobahnen zeigt der Bordcomputer im Schnitt zehn Liter an.

Der Mensch als Maß der Dinge
Es fällt auf, dass sich Volvo sehr am Menschen orientiert, was den Umgang mit dem V40 betrifft, angefangen damit, dass es keinen klassischen Tankdeckel gibt. Einfach die Klappe öffnen, schon wartet die Öffnung auf den Tankrüssel. Das digitale Armaturenbrett kennt drei unterschiedliche Erscheinungsformen, aus denen der Fahrer je nach Geschmack oder Bedarf wählen kann. "Eco" mit blaugrünem Grundton setzt einen Analogtacho in die Mitte und gibt Spritsparhinweise. "Elegance" ist selbsterklärend, aber eher fad, während "Sport" ebenso selbsterklärend, aber nicht fad ist: In bösem Rot-Schwarz gehalten wird der Tacho zum Drehzahlmesser, das Tempo wird mittendrin in großen digitalen Ziffern angezeigt. Wenn man mal herausgefunden hat, wie es geht, lassen sich in jeder Anmutung viele Infos abrufen. Dazu gehört sogar eine Tempoanzeige in Meilen pro Stunde.

Schön fürs Auge ist die Grafik des Displays auf der Mittelkonsole. Auch die Navigationskarten sehen mittlerweile elegant aus. Das war bei Volvo nicht immer so. Dass das Navi meist den Dienst versagt, ist hoffentlich nur eine dem Testwagen innewohnende Eigenschaft. Knöpfe gibt es viele, dazu eine relativ logische Menüführung, auch wenn zum Komfort eines selbsterklärenden Bediensystems wie etwa dem BMW iDrive noch ein Stück fehlt. Doch sogar auf einem USB-Stick mit mehreren Ordnern voll Musik lässt sich bestens surfen.

Einzig die Haptik der Elemente an Multifunktionslenkrad und Lenkstockhebeln passt nicht ganz zum Premiumanspruch. Mit Letztgenannten hat es Volvo überhaupt etwas zu gut gemeint. Die Hebel ragen an den Händen, die das Lenkrad halten, vorbei und sind dadurch relativ schwer erreichbar, wenn man sie braucht. Dafür kommt man umso häufiger an, wenn man sie nicht braucht. Noch nie habe ich beim Einparken so oft versehentlich den Scheibenwischer betätigt. Den Einparkassisten werde ich trotzdem nicht verwenden, auch wenn die Übersicht nach hinten wirklich schlecht ist. Parkpiepser und Rückfahrkamera reichen.

Typisch Volvo: Assistenten sonder Zahl
Der V40 hat eine echte Assistenten-Premiere an Bord: den Fußgänger-Airbag. Sensoren erkennen kollisionsgefährdete Passanten und lösen Airbags aus, die die A-Säulen und einen Teil der Frontscheibe abdecken. Und der bekannte City-Notbremsassistent arbeitet jetzt bis 50 statt bisher 30 km/h. Neu sind außerdem Radarsensoren, die beim Rückwärtsrangieren vor Querverkehr warnen. Hinzu kommen teils optionale Techniken wie Müdigkeitswarner, Verkehrsschildanzeige, Toter-Winkel-Überwachung oder Spurhalteassistent mit Lenkradeingriff. Tadellos funktioniert der Radartempomat (überschreitet bei Bergabfahrten aber das eingestellte Tempo). Der Kollisionswarner nervt hingegen manchmal, etwa wenn man auf der Landstraße zum Überholen ansetzt und er nicht checkt, dass man dem Vordermann beim Beschleunigen absichtlich kurzzeitig näherkommt.

Der Volvo V40 ist eine Premiumalternative für Individualisten, und das auf dem Preisniveau des Golf. Die Preisliste fängt für den Volvo V40 T4 mit 180 PS bei 25.600 Euro an (und reicht mit zwei Eskalationszwischenschritten bis 31.270 Euro für die Topausstattung namens Summum). Eine gute Investition, die auf jeden Fall Geschmack und Stil beweist.

Warum?

  • Der V40 hebt sich wohltuend von der Masse ab
  • Sehr edler Auftritt.

Warum nicht?

  • Es könnte etwas mehr Ablagemöglichkeiten geben.
  • Kofferraum ist zu klein.

Oder vielleicht …

… 1er BMW, Audi A3, Mercedes A-Klasse.

… V40 T5 mit 254 PS. Am besten mit R-Design.

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(Bild: kmm)



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