Unter Krawallen

Griechen-Regierung boxt ihr Milliarden-Sparpaket durch

Ausland
08.11.2012 07:02
Das griechische Parlament hat in der Nacht auf Donnerstag ein umstrittenes Sparpaket in Höhe von 13,5 Milliarden Euro gebilligt. Die Maßnahmen, die vor allem Familien, Arbeiter und Pensionisten treffen, sind Voraussetzung für weitere Hilfen aus dem Ausland in Höhe von 31,5 Milliarden Euro. Bei einem Nein zum Paket im Parlament wäre Griechenland praktisch pleite gewesen. Begleitet wurde der Beschluss von schweren Krawallen.

Das Sparpaket sei "ein optimistisches Zeichen. Der erste Schritt wurde gemacht. Der nächste Schritt ist die Billigung des Haushaltes (am Sonntag)", erklärte Regierungschef Antonis Samaras (Bild) nach der Abstimmung gegen Mitternacht. Die Entscheidung war allerdings denkbar knapp: Nur 153 Abgeordnete, drei mehr als nötig, votierten für das Sparpaket. 128 stimmten dagegen, 18 enthielten sich.

Schwerer Rückschlag für Koalition
Für die Koalitionsregierung aus Konservativen, Sozialisten und der Demokratischen Linken ist das Abstimmungsergebnis im Parlament ein harter Schlag. Noch in der Nacht schloss die sozialdemokratische Pasok sieben Fraktionsmitglieder aus, weil sie das Sparpaket nicht mittragen wollten. Die konservative Partei Neue Demokratie trennte sich ebenfalls von einem Abgeordneten.

Damit hat die Drei-Parteien-Koalition nur noch eine Mehrheit von 18 Stimmen in Abgeordnetenhaus mit seinen 300 Sitzen. Beobachter rechnen in den nächsten Tagen mit einer Regierungsumbildung.

"Entscheidung zwischen Euro oder Drachme"
Samaras hatte zuvor im Parlament die Abstimmung über das neue Sparprogramm für die wichtigste Entscheidung seit Jahrzehnten erklärt. Es sei "eine Entscheidung zwischen Euro oder Drachme", sagte der Regierungschef am Mittwochabend. "Heute ändern wir alles ein für alle Mal. Wir schaffen Privilegien ab und bekämpfen die Steuerhinterziehung. Das ist eine Revolution", meinte Samaras.

Opposition: "Regierung aus Merkelisten"
Der Chef der stärksten Oppositionspartei, Alexis Tsipras vom Bündnis der radikalen Linken (SYRIZA), forderte Neuwahlen, weil das Land die Sparprogramme nicht mehr ertragen könne. "Das Volk wird Sie dazu zwingen", sagte Tsipras. Er warf der Regierung vor, nur Befehle der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel auszuführen. "Sie sind Merkelisten!", wetterte Tsipras.

Der Präsident der mitregierenden Sozialisten, Evangelos Venizelos, warnte die Partner in der EU. Viele hätten nicht verstanden, dass das griechische Volk mit seinen Kräften "am Ende" sei. Noch mehr Sparmaßnahmen würden die griechische Gesellschaft ins Chaos stürzen. Der Chef des kleineren Koalitionspartners Demokratische Linke, Fotis Kouvelis, erklärte, warum seine Partei sich der Stimme enthalte. Mit dem reinen Sparprogramm sei er einverstanden. Er lehne aber tiefe Einschnitte im Arbeitsrecht wie leichtere Entlassungen und Kürzungen der Abfindungen ab.

Randalierer kämpften gegen Polizei
In Athen kam es am Mittwochabend zur größten Demonstration seit Monaten. Über 100.000 Menschen sollen auf die Straße gegangen sein, um großteils friedlich gegen das Sparprogramm zu demonstrieren. Vermummte Randalierer allerdings - rund 200 sollen es gewesen sein - schleuderten Steine und Brandflaschen auf die Polizei. Die Beamten setzten massiv Tränengas ein. Die Demonstration wurde daraufhin auch wegen starken Regens aufgelöst. Auch in der Hafenstadt Thessaloniki gingen mehrere Tausend Menschen auf die Straßen, berichteten lokale Medien.

Pensionsalter wird um zwei Jahre angehoben
Details der griechischen Sparpläne waren bereits Anfang der Woche durchgesickert und hatten eine neue Streikwelle ausgelöst - schon am Dienstag und Mittwoch waren weite Teile der griechischen Wirtschaft lahmgelegt worden. Neben den Kürzungen der Pensionen um bis zu 25 Prozent werden auch Weihnachtsgelder endgültig abgeschafft, hieß es. Bislang bekamen Pensionisten und Staatsbedienstete 400 Euro Weihnachtsgeld. Das Pensionsalter wird von 65 auf 67 Jahre angehoben. Alternativ kann jemand mit 62 Jahren Pension beziehen, wenn er 40 Jahre gearbeitet und in dieser Zeit in die Rentenversicherung eingezahlt hat.

Familien, die mehr als 18.000 Euro im Jahr verdienen, sollen kein Kindergeld mehr erhalten. Dem Sparprogramm zufolge werden zudem die Gehälter der Direktoren in staatlichen Unternehmen und entsprechenden Stellungen um 20 Prozent gekürzt. Gekürzt werden auch die Löhne von Richtern und Militärs. Abfindungen im Falle von Entlassungen werden ebenso kleiner.

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