Diskriminierung

Zwangspension für alte Richter: Ungarn vom EuGH verurteilt

Ausland
06.11.2012 10:29
Der Europäische Gerichtshof (EuGh) hat am Dienstag Ungarn wegen der Zwangspensionierung von Richtern aufgrund des Alters verurteilt. Die "starke Absenkung des Rentenalters ungarischer Richter stellt eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung aufgrund des Alters dar", hieß es in dem Urteil. Während die ungarische Regierung das Urteil nicht kommentieren wollte, sprach die Opposition von einer "neuen Ohrfeige" für Premier Viktor Orban.

Die Senkung des Eintrittsalters in den Ruhestand um acht Jahre ist nach Ansicht des Gerichtshofs "keine zur Erreichung des Ziels der Vereinheitlichung des Rentenalters im öffentlichen Dienst erforderliche Maßnahme". Da die nationale Regelung eine Ungleichbehandlung herbeiführe, die zur Erreichung der verfolgten Ziele weder geeignet noch erforderlich sei und somit nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahre, "hat Ungarn gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen". Während das Pensionsalter der Richter von 70 Jahren auf 62 Jahre gesenkt worden sei, werde das allgemeine Pensionsantrittsalter ab 2014 von 62 auf 65 erhöht.

Unabhängigkeit der Richter in Gefahr
Das höchste Pensionsalter ungarischer Richter lag nahezu eineinhalb Jahrhunderte lang bei 70 Jahren, bis Orbans rechtskonservative Regierung dies änderte. Die EU-Kommission hatte deswegen Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erhoben. Sie sah die Unabhängigkeit der Richter in Gefahr, da durch eine befristete Herabsetzung des Pensionsalters viele Richter vorzeitig in Pension geschickt und durch Orban nahestehende Juristen ersetzt werden können. Die ungarische Opposition teilte diese Bedenken und fürchtete, dass die Regierung im Justizapparat lediglich Platz für Parteifreunde schaffen wollte.

Gesetz ohnehin wieder außer Kraft gesetzt
Allerdings hat das ungarische Verfassungsgericht in der Zwischenzeit das umstrittene Verfassungsgesetz außer Kraft gesetzt. Nun können sich 274 heuer pensionierte Richter an das ungarische Arbeitsgericht wenden. Auch Orbans Regierung verwies in einer Aussendung darauf, dass sich die EuGH-Entscheidung auf eine Regelung beziehe, die das Verfassungsgericht bereits im Juli 2012 außer Kraft gesetzt habe. Das nunmehrige Urteil werde zwar zur Kenntnis genommen, man habe aber nicht die Absicht es zu kommentieren, hieß es.

Opposition: "Neue Ohrfeige für Orban"
Dies wiederum bezeichneten die oppositionellen Sozialisten als "besonders empörend". Das Urteil sei eine "neue Ohrfeige für Orban", erklärte der sozialistische Abgeordnete Gergely Barandy in einer Aussendung. Orbans Versuche, sich das System der Richter einzuverleiben, seien zum Scheitern verurteilt worden.

Nach Ansicht von Ex-Premier Ferenc Gyurcsany, dem Vorsitzenden der oppositionellen Demokratischen Koalition, müsse die Regierung Orban nun die 300 zwangspensionierten Richter um Verzeihung bitten, ihnen Entschädigungen zahlen und den alten Arbeitsplatz zurückgeben. Der EuGH habe mit seinem Urteil einen "bewussten politischen Angriff" gestoppt, erklärte Gyurcsany.

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