"Das ist respektlos"

Kirche verlangt von Salzburger Mietern (60) Sittlichkeit

Ombudsfrau
23.10.2012 16:35
Mitten in der Salzburger Altstadt, hinter dem Domplatz, wo während der Festspiele die "Jedermann!"-Rufe zu hören sind, wohnt ein 60-jähriges Ehepaar. In einer Wohnung, die der katholischen Kirche gehört. Doch statt Frieden herrscht seit drei Jahren Streit. Um die Gültigkeit des Mietvertrags und um die Sittlichkeit des Ehepaares ...

Vor drei Jahren sind Frau und Herr N. nach Salzburg umgezogen. Ein Quartier haben sie über einen Makler gefunden. "Den Salzburger Dom als Nachbar", hieß es in der Internet-Anzeige. Doch mit dem Dom als Nachbarn und Vermieter begannen auch die Probleme.

Streit um Miete einer Wohnung des Salzburger Domkapitels
Als sich das Ehepaar nach dem Einzug im November 2009 über Mängel beschwerte, soll auf einmal der vom Domkapitel selbst gestempelte und unterschriebene Mietvertrag kirchenrechtlich nicht gültig gewesen sein. Die Finanzkammer hätte den Vertrag genehmigen müssen. Das hat sie aber nicht getan, obwohl ihr der Vertrag vorher bekannt war. Das Ehepaar sollte deshalb nach einer Woche ausziehen, was es abgelehnt hat. Der Fall ist seither gerichtsanhängig.

"Parallel dazu haben wir uns mit dem damaligen Dechant außergerichtlich auf den Verbleib in der Wohnung geeinigt, und das Verfahren wurde ruhend gestellt", so Herr N. Doch mit der Bestellung des neuen und jetzigen Domdechants ging der Streit von vorne los. Der wollte von einer Einigung nichts mehr wissen und legte dem Ehepaar, das wegen des Streits zur eigenen Schadloshaltung jetzt die Miete einbehält und auf ein Treuhandkonto überweist, einen neuen Mietvertrag vor. Und zwar mit neunjähriger Gültigkeit.

Die Sittenlehrer der katholischen Kirche
Aber auch mit folgendem Passus: "Weiters verpflichten sich die Mieter, im Mietobjekt keine Aktivitäten zu setzen oder zu dulden, welche den Intentionen oder Sittenlehre der katholischen Kirche zuwiderlaufen." Für Herrn N. der Gipfel der Frechheit: "Ich habe diese Forderung als anmaßend, rechtswidrig, diskriminierend und restpektlos zurückgewiesen. Wir sind ein langjährig verheiratetes Ehepaar, und wir bedürfen nicht der Anleitung des neuen Domdechanten, was unser Privatleben in unseren eigenen vier Wänden anbelangt."

Das Gericht in Salzburg hat jedenfalls in zwei Instanzen im Sinne der Kirche entschieden: Der ursprüngliche Mietvertrag sei ungültig, aber ein angemessenes Benützungsentgelt zu bezahlen.

In seiner Stellungnahme an die Ombudsfrau verweist das Salzburger Domkapitel auf diese Entscheidung. Außerdem wäre die Gültigkeit egal, da der ursprüngliche Vertrag ohnehin jetzt auslaufen würde. Alles schön und gut, aber warum werden Wohnungen überhaupt mit ungültigen Verträgen übergeben? Das Ehepaar hat sich an den Obersten Gerichtshof in Wien gewandt und hofft, dass es dort eine weltliche Entscheidung geben wird.

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