AKW-Stresstests

Mängel in nahezu allen untersuchten Kraftwerken in EU

Ausland
02.10.2012 19:19
Besorgniserregende Stresstests: Die nach dem Reaktorunglück im japanischen Fukushima im März 2011 in Auftrag gegebene Überprüfung der Sicherheit von 145 AKWs in der EU, der Schweiz, der Ukraine und in Kroatien liefert laut einem Bericht der deutschen Tageszeitung "Die Welt" katastrophale Ergebnisse. Im vorab bekannt gewordenen Abschlussbericht der EU-Kommission sind demnach Mängel in praktisch jedem untersuchten Kraftwerk angeführt.

In einigen Staaten seien noch nicht einmal die Sicherheitsstandards umgesetzt worden, die nach den Atomkatastrophen im US-Kraftwerk Three Mile Island 1979 und im ukrainischen Tschernobyl 1986 vereinbart worden seien, heißt es im Abschlussbericht der Kommission. Die größten Defizite gebe es demnach bei den Leitlinien für schwere Unfälle.

Nachrüstungen der AKWs kosten bis zu 25 Milliarden Euro
"Praktisch alle Anlagen" bedürften verbesserter Sicherheitsmaßnahmen. Bei deutschen Atomkraftwerken kritisiert Brüssel die auf den Anlagen selbst installierten Erdbeben-Warnsysteme als unzureichend. Der Vergleich der EU-weiten Mängelliste fällt vor allem für die französischen Anlagen schlecht aus. Aber auch tschechische und slowakische Anlagen schneiden nicht zufriedenstellend ab. Insgesamt dürften sich die Kosten für die dringend benötigten Nachrüstungen der AKWs laut Kommission auf bis zu 25 Milliarden Euro belaufen.

Christiane Brunner, die Umwelt- und Energiesprecherin der österreichischen Grünen, kritisierte das Brüsseler Vorhaben, bis zu 25 Milliarden Euro in die Nachrüstungen zu investieren. Die Nationalratsabgeordnete forderte hingegen, alle Atomkraftwerke abzuschalten, die in Erdbebengebieten stehen, keinen Reaktordruckbehälter haben, älter als 30 Jahre sind oder die gleiche Bauart wie Fukushima aufweisen.

Global 2000: Stresstests als "Lizenz für nukleare Freibeuter"
Auch die österreichische Umweltorganisation Global 2000 hat in einer Aussendung am Dienstag die EU-weiten Stresstests als "Lizenz für nukleare Freibeuter" scharf kritisiert. Global 2000 beklagt die mangelhafte Qualität der Tests und spricht davon, dass die Überprüfungen lediglich "der Auslotung von Sicherheitsmargen und der Verbesserung der Sicherheitskultur" dienten. Die Organisation forderte ebenso wie Brunner die sofortige Stilllegung aller gefährdeten Atomanlagen. Nur so könne die Sicherheit verbessert werden.

Faymann: "Prüfung jedes einzelnen Kernkraftwerks in der EU"
Schon vor der offiziellen Bekanntgabe der Ergebnisse forderte die österreichische Regierung Konsequenzen. Bundeskanzler Werner Faymann verwies am Dienstag auf die ersten Medienberichte, wonach die Tests hohen Nachrüstungs- bzw. Sanierungsbedarf an den Tag gebracht haben. Österreich werde sich deshalb für eine "Prüfung jedes einzelnen Kernkraftwerks in der EU" stark machen, kündigte er an.

Menschliches Versagen und Terrorangriffe nicht berücksichtigt
Die AKWs wurden auf ihre Sicherheit hinsichtlich Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überflutungen überprüft. Materialabnutzung wichtiger Teile (Reaktordruckbehälter, Kontroll- und Messgeräte oder Leitungen und Ventille) und interne Ereignisse wie menschliches Versagen oder Brände wurden ebenso wenig untersucht wie die Sicherheit bei terroristischen Anschlägen. Gerade diese selektive Methode wurde von vielen Seiten harsch kritisiert.

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