Ölpest-Nachspiel

Teerbrocken nach Hurrikan – BP will jetzt “umgraben”

Ausland
13.09.2012 08:29
Fischer und Naturfreunde erleben an einigen Küstenabschnitten im US-Bundesstaat Louisiana derzeit ein unangenehmes Déjà-vu: Teerbrocken am Strand, Ölflecken in den Brandungswellen. Eine neue Ölpest? Nein. Schuld an der Wiederkehr der Schreckensbilder nach dem Unglück auf der Bohrinsel "Deep Water Horizon" ist Hurrikan "Isaac", der Ende August durch den Golf von Mexiko zog und Überbleibsel der Ölpest vor zwei Jahren ans Tageslicht förderte. Der britische Ölkonzern BP will die Sache jetzt ein für allemal erledigen und großflächig Strände "umgraben".

Louisianas Küste wurde 2010 auf fast 1.000 Kilometern Länge von der Ölpest getroffen. An einigen Strandabschnitten sind in den zwei Wochen seit "Isaac" nun erneut Erdölreste in Form von Teerklumpen und schwarzem Schlamm aufgetaucht. Zunächst fürchteten die Bewohner ein neues Erdölunglück - war am Ende die Versiegelung am BP-Bohrloch "Macondo 252" aufgebrochen?

Chemische Analysen der Teerbrocken gaben aber bald Entwarnung: Es handelt sich zwar um Erdöl, wie es einst aus der BP-Quelle sprudelte, die Teerbrocken seien aber eindeutig Altreste, die auch keine toxischen Eigenschaften mehr besitzen - die brauchen sie zwar, um dem Menschen schaden zu können, nicht aber, um Strände zu verdrecken und für Störungen im Ökosystem sowie verklebte Flügel und Organe bei Vögeln und Fischen zu sorgen. Mittlerweile wurden auch an Küstenabschnitten in den 2010 ebenfalls betroffenen Bundesstaaten Alabama und Florida Ölüberreste gemeldet.

"Isaac" grub Altlasten aus
BP beantwortete die Nachricht über erneute Ölspuren an der Golfküste mit einem Vorschlag zu einem neuen Aufräum-Programm. Man sei bereit, 2010 besonders schwer getroffene Strandabschnitte noch einmal gründlich zu reinigen. Die jetzt gefundenen Teerbrocken würden nämlich nicht aus dem Meer stammen, sondern aus tieferen Sandschichten an der Küste und im Brandungsbereich, die "Isaac" mit seinen Spitzengeschwindigkeiten von 130 km/h aufwühlte.

Die Küstenbewohner stellten zunächst die Frage, ob bei den Aufräumarbeiten gepfuscht wurde und am Ende vielleicht Ölschlamm in den Küstensand eingearbeitet wurde bzw. hatten die Aufräumtrupps ja stellenweise verschmutze Erde mit Sand aus dem Hinterland ersetzt - und vielleicht das eine oder andere Mal auf den Abtransport des kontaminierten Materials "vergessen". BP behauptet hingegen, den Aufräumtrupps sei in den meisten Gebieten aufgrund geologischer und umweltpolitischer Bedenken untersagt worden, großflächig Material abzutragen bzw. beim Herausfiltern der Teerbrocken bis weit unter die Oberfläche vorzustoßen.

BP will Strände jetzt "tiefenreinigen"
Weil sich aber offenbar immer noch Überreste der Ölpest in den Küsten befinden, sei es nun Zeit für "aggressivere Methoden", erklärte Mike Utsler, Chef des von BP gegründeten Aufräumunternehmens für die Golfküste, am Mittwoch der Associated Press. Utsler schlägt ein von BP "Deep cleaning" (Tiefenreinigung) genanntes Verfahren vor, mit dem besonders schwer betroffene Küstenabschnitte noch einmal gesäubert werden sollen. Dabei würde bis zu 1,5 Meter tief ins Erdreich vorgedrungen werden.

In Alabama habe man das vielerorts gleich nach der Ölpest durchgeführt und habe dort nach "Isaac" so gut wie keinen Teer gefunden. "Wir sind bereit", fügte Utsler hinzu, "das haben wir in den letzten 29 Monaten unter Beweis gestellt." BP habe in den vergangenen zwei Jahren rund 14 Milliarden Dollar für die Aufräumarbeiten mit bisher 66 Millionen Arbeitsstunden ausgegeben.

"Das ist Ackerbau, was die da machen wollen"
Die Vorstellung, dass BP, nachdem sein Bohrinsel-Unglück die Küsten verdreckte, jetzt auch noch die Strände "umgräbt", löst bei einigen Verantwortlichen regelrecht Panik aus. Cathy Norman, Leiterin der Fourchon-Beach-Stiftung, warnte vor "jeglichem Plan", bei dem es darum gehe, dass BP Louisianas Stränden mit schwerem Gerät zu Leibe rücke: "Das ist Ackerbau, was die da machen wollen. Dabei wird kein Öl entfernt, es wird nur alles umgewälzt."

Und selbst wenn damit Verunreinigungen entfernt werden könnten: Das Küstenerdreich würde aufgelockert werden, was die Erosion der Strände um ein Vielfaches beschleunigen würde - sprich: Nach dem "Deep cleanining" würde es die sauberen Küsten wegspülen. BP solle lieber einen "chirurgischen Zugang" wählen und durch "Isaac" aufgedeckte Ölreste einzeln und behutsam entfernen.

In Louisiana will BP ausnahmsweise kein Öl finden
Auch Garret Graves, der für die Küstenagenden zuständige Mitarbeiter von Gouverneur Bobby Jindal, hält wenig von BPs Deep-cleaning-Plänen. Er befürchte, dass BP nach der Ölpest schlicht keine saubere Arbeit geleistet habe und dies nun von "Isaac" aufgedeckt wurde. Der britische Konzern weigere sich außerdem, gemeinsam mit den Behörden ein Beobachtungsprogramm auf die Beine zu stellen, mit dem Folgeschäden gesucht und beseitigt werden sollen. "Mir scheint, es ist hierbei ausnahmsweise einmal nicht in ihrem Interesse, Öl zu finden."

Zu den Aufräum-Ausgaben des Ölkonzerns zählen übrigens auch landesweit geschaltete Werbespots für die Golfküsten-Regionen, in denen BP die Zuseher auffordert: "Kommt doch runter!"

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