"Wahres Martyrium"

Mordfall Elisabeth W.: Liebhaber steht nun vor Gericht

Österreich
21.08.2012 13:31
Mit den Eingangsplädoyers hat am Dienstag im Wiener Straflandesgericht der Prozess um die in ihrer Wohnung erdrosselte Elisabeth W. begonnen. Während der Staatsanwalt am 27-jährigen Lotfi D., dem er Raubmord anlastet, kaum ein gutes Haar ließ, betonte der Verteidiger, sein Mandant habe kein Motiv gehabt, die wohlhabende 48-Jährige zu töten. Im Gegenteil: "Es wäre das Dümmste für ihn, den Goldesel zu schlachten. Sie war für ihn eine Lebensversicherung."

Laut Staatsanwalt Leopold Bien soll der gut aussehende Tunesier ("Er wusste wohl, dass sein Hauptkapital sein gewinnendes Äußeres war") in der Nacht auf den 10. September 2011 in der Diskothek "Take Five" gezielt Kontakt zu Elisabeth W. aufgenommen haben, die dort Stammgast war. Er habe in der lebenslustigen, gut angezogenen, um mehr als 20 Jahre älteren Frau "Wohlstand und Geld gesehen" und daher ihre Nähe gesucht, so Bien.

Tatsächlich übernachtete Lotfi D. wenige Tage später erstmals bei der gut situierten 48-Jährigen. Einer Bekannten fiel später auf, dass er danach über ungewöhnlich viel Bargeld verfügte, neu eingekleidet war und einen teuren iPod besaß.

Fest steht, dass der 27-Jährige auch die Nacht auf den 15. September bei der Frau verbrachte und dass die Stunden von "Alkohol, Sex und Nikotin" geprägt waren, wie Verteidiger Farid Rifaat ausführte. Als Lotfi D. am frühen Morgen die Wohnung in der Rauhensteingasse verließ, soll seiner Darstellung zufolge Elisabeth W. aber noch gelebt haben.

Ankläger: Opfer erlebte "wahres Martyrium"
Für den Staatsanwalt ist das eine reine Schutzbehauptung: Laut Bien habe der Angeklagte der 48-Jährigen zunächst "ein wahres Martyrium" bereitet, um in den Besitz ihres wertvollen Schmucks und sonstiger Wertgegenstände zu gelangen. Er habe ihr wuchtige Faustschläge und Tritte ins Gesicht versetzt, die zu diesem Zeitpunkt an Armen und Beinen Gefesselte geknebelt und sie schließlich mit seinem eigenen Ledergürtel erdrosselt.

Der Verteidiger wiederum brachte unbekannte Personen ins Spiel, die den Mord begangen haben sollen. Die Frau habe zahllose Bekanntschaften unterhalten und beispielsweise Kellnern und Türstehern in Nachtlokalen gemeinsame Luxusurlaube versprochen. Vor allem verwies Rifaat aber auf mehrere Haare, die am Unterarm der Leiche sichergestellt wurden und nicht dem Angeklagten zugeordnet werden konnten.

Demgegenüber argumentierte der Staatsanwalt, dass am Ledergürtel, also der Tatwaffe, sowie an der Schmuckschatulle und am Leintuch ausschließlich Spuren des Angeklagten und der Toten und keiner dritten Person gefunden wurden. Außerdem habe der 27-Jährige nur Stunden nach dem Ableben von Elisabeth W. einem Bekannten Schmuckstücke aus deren Besitz und einen Laptop gezeigt, die er aus der Wohnung entwendet habe.

Nach dem Auffinden der Leiche hatte sich Lotfi D. nach Nizza begeben, um dort angeblich einen Onkel zu besuchen. Auf Basis eines Europäischen Haftbefehls klickten dann am 18. Oktober die Handschellen. Am 26. Oktober wurde er von der französischen Justiz ausgeliefert. Die heimische Justiz hatte sich in ihrem Übergabeersuchen allerdings nur auf den Mordverdacht bezogen und den nun ebenfalls angeklagten Raubvorwurf noch nicht geltend gemacht.

Richterin vertagte Verhandlung auf Oktober
Da nach Ansicht von Richterin Bettina Körber dieses Versäumnis nachgeholt werden muss, um das Verfahren gesetzmäßig fortführen zu können, wurde die Verhandlung noch vor der Einvernahme des Angeklagten, der lediglich Gelegenheit bekam, ein "Ich bin nicht schuldig" zu deponieren, auf den 9. Oktober vertagt.

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