Angriff auf den Iran?

Minister rechnet mit 30 Tagen Krieg und 500 toten Israelis

Ausland
15.08.2012 18:54
Die Debatte über einen möglichen präventiven Militäreinsatz Israels gegen iranische Atomanlagen reißt nicht ab. Der scheidende israelische Heimatschutzminister Matan Vilnai räumte am Mittwoch Vorkehrungen für einen Krieg ein. Vilnai sagte der Tageszeitung "Maariv", "niemals zuvor" sei sein Land "so gut vorbereitet" gewesen: "Israel hat sich auf das Szenario eines 30-tägigen Kriegs an mehreren Fronten vorbereitet." Dabei rechne man mit etwa 500 toten Israelis.

"Heute weiß jeder genau, was er zu tun hat", sagte Vilnai. Für mehr als die Hälfte der Bevölkerung gebe es Schutzausrüstung gegen Chemie- und Biowaffen. Vilnai soll in den kommenden Tagen seinen Platz als Heimatschutzminister für den Hardliner und bisherigen Chef des israelischen Inlandsgeheimdiensts Shin Beth, Avi Dichter, räumen und als Botschafter nach China gehen. Dichter hatte jüngst auf die Frage nach seiner Meinung zu einem möglichen Angriff auf den Iran geantwortet, Israel "sollte sich mit Angriffskapazitäten ausstatten".

Die israelische Armee erprobt bereits seit Sonntag ein System, das die Zivilbevölkerung per Kurznachrichten auf Handys vor drohenden Raketenangriffen warnen soll. Am Donnerstag soll es einen landesweiten Test geben. Laut Medienberichten wird das System jetzt eingerichtet, um vor Gegenattacken nach einem möglichen Angriff auf den Iran zu warnen.

Netanyahu und Barak für Angriff
Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und Verteidigungsminister Ehud Barak befürworten einen Schlag gegen den Iran noch vor der US-Präsidentenwahl im November. Allerdings fehle laut Beobachtern beiden Politikern dazu die entscheidende Unterstützung sowohl im Militär als auch im Sicherheitskabinett. Im Falle einer Attacke drohen Vergeltungsangriffe mit Raketen aus dem Iran, von Islamisten in den Palästinenser-Gebieten und von der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon. Es wird davon ausgegangen, dass die Palästinenser im Gaza-Streifen über 10.000 und die Hisbollah über 50.000 Raketen verfügen, die auch Tel Aviv erreichen könnten.

Experten diskutieren indes, ob die israelische Bevölkerung überhaupt psychologisch zu einem Krieg bereit ist. So bezweifelt etwa der Militärhistoriker Martin van Creveld von der Hebräischen Universität in Jerusalem den Durchhaltewillen der Bevölkerung. Es sei fraglich, ob das Israelische Volk bereit sei, den Preis für einen solchen Krieg zu zahlen. In Anspielung auf die Islamisten im Libanon und den Palästinenser-Gebieten meinte er am Mittwoch in mehreren Medien: "Mehr als 20 Jahre des Kämpfens gegen die Schwachen haben in Israel eine widerliche Mischung aus Aggression und Selbstmitleid hervorgebracht."

"Der Iran ist das Problem der ganzen Welt"
Der ehemalige israelische Luftwaffenchef David Ivry hingegen, der 1981 einen Angriff auf einen irakischen Atomreaktor geplant hatte, wies die Bedenken zurück: "Wenn das Land entscheidet, dass die nationale Sicherheit auf dem Spiel steht, dann wird der Preis gezahlt." Für den Schriftsteller Amos Oz wiederum ist der Rückhalt in der Bevölkerung davon abhängig, ob der Konflikt als unbedingt notwendig gesehen werde. "Es kommt darauf an, ob es Krieg ohne Alternative ist, oder ein 'Wahl-Krieg'", sagte er. Einen israelischen Alleingang hält er für einen Fehler: "Der Iran ist nämlich das Problem der ganzen Welt."

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