Urlaub auf Kos

Altkanzler Schröder: “Griechen-Bashing muss aufhören”

Ausland
15.08.2012 17:56
Der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder fordert, öffentliche Beschimpfungen Griechenlands im Zusammenhang mit der Schuldenkrise einzustellen. Dies sei der europäischen Idee nicht dienlich und werde dem Euro nicht helfen, sagte Schröder am Mittwoch im staatlichen griechischen Fernsehen. "Vor allen Dingen wünsche ich mir, dass das, was ich Griechenland-Bashing nenne, aufhört", meinte Schröder auf der Insel Kos, wo er seinen Urlaub verbringt.

Er habe sich bewusst entschieden, wegen der Finanzkrise und aus Solidarität seinen Urlaub in Griechenland zu verbringen, so der Altkanzler. "Hier gibt es fleißige Menschen, die mit ihrer Arbeit ihre Familien durchbringen, und die können nicht gleichgesetzt werden mit den Fehlentwicklungen, die es ohne Zweifel gegeben hat." Athen müsse mehr Zeit gegeben werden: "Wenn nun festgestellt wird, Griechenland macht seine Reformen, es erneuert sich, dann müsste man Athen Zeit geben, um die Lasten gerecht verteilen zu können."

Zugleich ging Schröder hart ins Gericht mit der CSU und FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler, der unlängst gesagt hatte, ein Euro-Austritt Griechenlands habe "längst seinen Schrecken verloren". "Der deutsche Wirtschaftsminister versucht seinen Job als Vorsitzender seiner liberalen Partei mit dem Griechenland-Bashing zu retten", sagte Schröder. Zudem gebe es Politiker in Bayern, "die glauben, sie können Landtagswahlen mit Griechenland-Bashing gewinnen". Dies sei in beiden Fällen falsch.

Der ehemalige deutsche Regierungschef äußerte sich optimistisch, dass der Euro gerettet werden könne: "Ich bin mir ziemlich sicher. Ich hoffe und erwarte, dass Griechenland dabeibleibt. Aber es wird nicht einfach sein." Das Bruttosozialprodukt Griechenlands mache nur drei Prozent der EU aus, so Schröder. Das müsse mit Solidarität und Gemeinsamkeit zu schaffen sein - Europa dürfe nicht nur nach Marktgesetzen funktionieren.

Griechenland will mehr Zeit beim Sparen - Merkel winkt ab
Indes will Griechenland für die Sanierung seiner maroden Staatsfinanzen offenbar mehr Zeit als vereinbart. Ministerpräsident Antonis Samaras wolle das mit den internationalen Kreditgebern besprochene Sparprogramm erst bis 2016 umsetzen, berichtete die "Financial Times" am Mittwoch unter Berufung auf ein ihr vorliegendes internes Dokument. Demnach werde Samaras diesen Plan in der kommenden Woche der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Francois Hollande präsentieren. Die griechische Regierung hatte wegen der lahmenden Wirtschaft schon mehrfach einen Aufschub ins Gespräch gebracht. Merkel pochte jedoch am Mittwochnachmittag darauf, dass Griechenland seine Zusagen einhalten solle.

Die bisherigen Vereinbarungen sehen vor, dass die Ausgaben der griechischen Regierung bis 2014 um 11,5 Milliarden Euro reduziert werden. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Grundlage für Hilfen seien weiter die im sogenannten Memorandum of Understanding getroffenen Vereinbarungen und Leistungen der Athener Regierung. "Und dieses gilt für uns." Dies entspreche auch der europäischen Haltung. Die Griechen hingegen wollen neben der zeitlichen Streckung anscheinend auch über den Umfang diskutieren, heißt es der "FT". Zudem könnte die Budgetlücke demnach um bis zu 20 Milliarden Euro höher ausfallen als bisher bekannt. Athen wolle das neue Loch allerdings ohne ein neues Hilfspaket stopfen.

Mehrere EU-Spitzenpolitiker - darunter auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker - hatten in den vergangenen Wochen bereits angedeutet, dass Athen mehr Zeit eingeräumt werden könnte. Allerdings soll es inhaltlich beim Sparprogramm keine substanziellen Zugeständnisse geben. Auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle zeigte sich am Mittwoch erneut offen dafür, Griechenland etwas mehr Zeit zu geben. "Mit der in den griechischen Wahlkämpfen verlorenen Zeit muss umgegangen werden", sagte Westerwelle in Berlin. Aber es sei klar, dass es keine substanziellen Änderungen an den Reformvereinbarungen geben könne.

Aufschub könnte auch drittes Milliarden-Hilfspaket bedeuten
Aber auch ein Aufschub des Rettungsprogramms wäre für die Helfer problematisch, weil dann vermutlich ein drittes Hilfspaket für Athen nötig würde. Am 22. August wird Juncker in Athen erwartet. Zwei Tage später will Samaras nach Berlin und Paris reisen, um mit den zwei stärksten Euro-Partnern zu sprechen.

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