Bei Verkehrsdelikten

Zahlungsmoral bei Diplomaten trotz Immunität hoch

Österreich
09.08.2012 08:16
Rasen, falsch parken, Alkohol am Steuer - und das ohne Angst vor Strafen: Diplomaten haben aufgrund ihrer Immunität keine Strafverfolgung zu befürchten. Bußgelder werden zwar verhängt, müssen aber nicht bezahlt werden. Umso überraschender ist es, dass im ersten Halbjahr 2012 laut Innenministerium rund 70 Prozent der Verkehrsstrafen von den Diplomaten bezahlt wurden.

1.838 Anzeigen wegen Verkehrsübertretungen wurden etwa in Wien im ersten Halbjahr gegen Diplomaten erstattet, in "nur" 517 Fällen wurde das Verfahren im Schutz der Immunität abgebrochen. Aber "Diplomaten begehen nicht alle Übertretungen straflos", weiß Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, zu berichten. "In mehr als 70 Prozent der Fälle wurden die Verfahren ganz normal abgewickelt."

Zudem ist die Zahl der Verkehrsübertretungen im Vergleich zum Jahr 2010 - damals gab es satte 3.275 Anzeigen gegen Diplomaten - um rund 56 Prozent gesunken.

Polizisten dürfen Bußgelder gar nicht kassieren
Die häufigsten Vergehen: Schnellfahren, bei Rot über die Ampel, Sperrlinien nicht beachten, Telefonieren am Steuer bis hin zu Alkoholdelikten - "was die Standarddelikte angeht, unterscheiden sich Diplomaten kaum von anderen Verkehrsteilnehmern", sagte Peter Goldgruber, Leiter der Sicherheits- und Verkehrspolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien. Die meisten Anzeigen erfolgen über den Weg der technischen Verkehrsüberwachung (Radar, Section Control, Rotlichüberwachung etc.). Dabei sticht besonders die Section Control im Kaisermühlentunnel – das ist der Weg zum und vom Vienna Inernational Center - hervor.

Grotesk: Wird beispielsweise ein Diplomat von einem Polizisten angehalten und möchte sein Organmandat sofort bezahlen, dann "darf er das gar nicht", weil er nicht der Strafgerichtsbarkeit unterliegt, so Goldgruber. Es fehle die gesetzliche Legitimation dafür - was viele, oft auch die Beamten, gar nicht wissen. Auf die Immunität kann nur die betreffende Organisation, wie etwa die UNO, oder der Staat verzichten.

Immunität gilt nicht immer für privaten Bereich
Aufgrund des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen unterliegen Diplomaten im Empfangsstaat nicht der Strafgerichtsbarkeit. Die Immunität befreit sie aber nicht von der Gerichtsbarkeit im Entsendestaat. Dabei gibt es aber einen feinen Unterschied. Ausnahmslos gilt die Immunität nur für jene Diplomaten mit roter Legitimationskarte. Das betrifft etwa den Botschafter und seine Familie oder fixe Mitglieder von Organisationen wie UNO, IAEO oder Ähnliches - für sie gilt der Schutz sowohl beruflich als auch privat. Den Status einer blauen Legitimationskarte haben die Angestellten der Botschaft, z.B. der Chauffeur des Botschafters. Für ihn gilt die Immunität nur beruflich, aber nicht privat.

Welche Nationen die Hitliste der Verkehrsrowdys anführen, war der heimischen Polizei nicht zu entlocken. Aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2011 geht hervor, dass 2010 in Österreich die meisten nicht bezahlten Strafzetteln der Russischen Föderation zuzuordnen waren, gefolgt von Kasachstan und China. Insgesamt gibt es in Österreich laut Außenministerium 7.300 Besitzer roter Legitimationskarten und 1.500 mit blauer. Die überwiegende Mehrheit der Diplomaten hält sich in Wien auf.

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