Athen unter Druck

Deutsche und IWF wollen Geldhahn zudrehen

Ausland
23.07.2012 18:06
Die Geduld der großen Geldgeber mit Athen scheint langsam, aber sicher zu Ende zu gehen. Deutsche Medien zeichnen ein düsteres Bild: Griechenland drohe nun tatsächlich der Staatsbankrott, an dem es freilich selbst schuld sei. Premier Antonis Samaras steige nämlich - um beim Wähler nicht noch mehr in Missgunst zu fallen - im Sparprogramm zu sehr auf die Bremse. Deutschland und auch der Internationale Währungsfonds seien daher nicht mehr bereit, weitere Milliarden nach Athen zu schicken.

Griechenland, dessen Sanierungsplan durch den Dauerwahlkampf im Frühjahr nahezu zum Erliegen gekommen sei, stehe unmittelbar vor dem Abgrund, analysiert etwa die "Süddeutsche Zeitung" am Montag. Es sei "undenkbar, dass Angela Merkel noch einmal vor den Bundestag tritt und um Zustimmung für ein drittes Griechenland-Paket bittet", zitiert man aus Kreisen rund um die deutsche Kanzlerin (rechts im Bild mit IWF-Chefin Christine Lagarde), die es sich schließlich auch nicht weiter mit dem Wähler verscherzen wolle.

Der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler scheint mit den Griechen überhaupt schon abgeschlossen zu haben. Ein Austritt Athens aus der Euro-Zone habe "längst seinen Schrecken verloren", erklärt er in einem Interview mit dem Sender ARD. Es sei wahrscheinlich, so Rösler, dass die Griechen ihre Auflagen nicht erfüllen würden, und dann könne es auch keine weiteren Zahlungen mehr geben.

Lediglich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble versucht in der "Bild"-Zeitung etwas zu beruhigen und meint, man möge doch erst einmal den neuen Bericht der Troika abwarten. Die Troika aus Internationalem Wirtschaftsfonds, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank wird Anfang September ihren Abschlussbericht vorlegen, von dem dann weitere Zahlungen an Griechenland abhängig sind.

IWF brachte Fass ins Rollen
Auch das Nachrichtenmagazin "Spiegel" geht hart mit den Griechen ins Gericht: "Die Regierung in Athen kann den Schuldenstand nicht wie vereinbart bis zum Jahr 2020 auf rund 120 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung drücken. (...) Zudem haben Länder wie die Niederlande und Finnland ihre Hilfen daran gekoppelt, dass sich der IWF beteiligt."

Und genau hier, beim Internationalen Währungsfonds, scheint der Hund begraben zu liegen. "Hochrangige Vertreter" des Fonds hätten den EU-Spitzen in Brüssel bereits mitgeteilt, dass man sich nicht an weiteren Hilfen für Griechenland beteiligen werde, schrieb der "Spiegel". IWF-Chefin Lagarde hatte sich zudem bereits Anfang Juli gegen neue Verhandlungen mit Athen über eine Lockerung der Sparauflagen ausgesprochen.

IWF reagierte auf Berichte und betonte Unterstützung
Am Abend allerdings betonte der IWF Unterstützung für die Griechen und verwies auf die bestehenden Hilfsprogramme für Athen. "Der IWF unterstützt Griechenland dabei, seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu überwinden", sagte ein IWF-Sprecher als Reaktion auf die Medienberichte, wonach der IWF seine Finanzhilfen einstellen könnte. Bei der Fortsetzung der Expertenmission von EU, IWF und Europäischer Zentralbank in Griechenland solle ab Dienstag diskutiert werden, wie die stockenden Reformen fortgesetzt werden könnten, hieß es weiter.

Budgetloch stopfen
EU, IWF und EZB versuchen seit jeher, in der Griechenland-Frage an einem Strang zu ziehen. Im griechischen Budget klafft - nach zwei europäischen Hilfspaketen über Hunderte Milliarden Euro, Haftungsübernahmen und Schuldenschnitten - weiterhin ein zweistelliges Milliardenloch. Um das Land über den August zu bringen, könnte nun ein letztes Mal die EZB einspringen, sagt man. Wie es dann aber wirklich mit den Griechen weitergeht, ist ungewiss. Der deutsche Wirtschaftsminister Rösler meinte: "Wenn die Griechen zahlungsunfähig sind, kommen sie vielleicht von selbst darauf, aus der Euro-Zone auszutreten..."

Kritik in Deutschland an Rösler-Äußerungen
Rösler provozierte mit den Äußerungen heftige Kritik, sogar in den eigenen Reihen. Auch das Auswärtige Amt rückte von Rösler ab. Der für Europa zuständige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Link, sagte am Montag in Brüssel, ein Ausscheiden des Landes aus dem Währungsraum dürfe nicht herbeigeredet werden. Position der deutschen Regierung sei, dass kein Land herausgedrängt werden dürfe. Der liberale Europaabgeordnete Jorgo Chatzimarkakis ging noch weiter: Er warf seinem Parteichef in der "Saarbrücker Zeitung" Unprofessionalität vor.

Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn, nannte die Äußerungen von Rösler angesichts der Probleme Spaniens und Italiens "grob fahrlässig". Rösler zeige damit, "dass er leider immer noch nicht die Eurokrise verstanden hat", bemängelte Horn gegenüber dem "Handelsblatt".

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