In erster Instanz

Bescheid positiv: Flughafen Wien darf dritte Piste bauen

Wirtschaft
11.07.2012 10:20
Der Flughafen Wien kann voraussichtlich seine dritte Piste bauen. Nach zwölf Jahren Verfahrensdauer wurde nun ein positiver Umweltverträglichkeits-Bescheid in erster Instanz erlassen, wie Vorstand Günther Ofner am Mittwoch bekannt gab. Ofner und sein Kollege Julian Jäger sehen darin einen enormen Wettbewerbsvorteil für Wien. Denn in ganz Europa werden die Flughafenkapazitäten knapp.

Der 800-seitige Bescheid mit Tausenden Seiten Beilagen werde aller Voraussicht nach am Freitag zugestellt, sagte Ofner. Ende August werde die Rechtsmittelfrist auslaufen, "wir rechnen damit, dass es weitere Einwendungen geben kann", so Ofner. Dann werde der Umweltsenat einige Zeit brauchen. Somit könne es realistischer Weise frühestens Ende 2013, möglicherweise Anfang 2014 eine rechtskräftige Entscheidung geben.

Jäger will daher aufgrund des erstinstanzlichen Bescheids noch nicht von grünem Licht für den Bau reden, sondern von einem ersten wichtigen Schritt. "Juristisch glauben wir, dass alle Voraussetzungen gegeben sind", so die Vorstände. Die größten Fragen, die anfechtbar waren, sollten ausgeräumt sein.

Zweit Pisten reichen nur bis 2020
Der Vorstand des Flughafen Wien will - einen positiven letztinstanzlichen Bescheid vorausgesetzt - 2014/2015 endgültig entscheiden, ob mit dem Bau der dritten Start- und Landebahn in Wien-Schwechat begonnen wird. Das macht der Airport auch von der Entwicklung der großen in Wien ansässigen Airlines AUA (Austrian Airlines) und Niki (flyniki) abhängig. Dafür sei man aber positiv gestimmt, hieß es am Mittwoch vom Flughafen.

"Unsere Prognosen für 2020 gehen davon aus, dass wir bis dahin zumindest 30 Millionen Passagiere in Wien haben", sagte Ofner. Derzeit sind es 22 Millionen. Mit 30 Millionen Passagieren wäre die bisherige Zwei-Pistenkapazität von Wien aber endgültig erschöpft. 90 bis 95 Flugbewegungen werden pro Stunde durch die dritte Piste möglich. Bisher liegt die Spitzenkapazität bei 68.

"Sind Vorhersagen falsch, bauen wir keine dritte Piste"
"Wenn sich die Vorhersagen als falsch herausstellen sollten, werden wir auch keine dritte Piste bauen", sagten Ofner und sein Vorstandskollege Julian Jäger. Sorgen von Anrainern, dass sich mit dem Airportausbau die Zahl der Überflüge über Wien vervielfachen könnte, wurden am Mittwoch zurückgewiesen. Pro einer Million Passagiere würden am Airport Wien direkt 1.000 und indirekt weitere 2.000 Jobs geschaffen, rechneten die Manager vor.

Nach den Problemen mit den Mega-Bauvorhaben an großen deutschen Flughäfen (Verzögerung in Berlin, Ausbaustopp in München) sieht der Flughafen Wien für sich die Wettbewerbschancen gewachsen. Die Lufthansa habe ja schon angekündigt, notfalls stärker über Wien oder Zürich auszuweichen. Die Zusage der Lufthansa an die AUA, 2013 und 2014 zusätzliche Langstreckenflieger nach Wien zu stellen (für Nordamerika oder Asien-Destinationen) wird vom Flughafen ausdrücklich begrüßt.

Baubeginn nicht vor 2016
Nach dem rechtskräftigen Bescheid könne man allerdings erst die Detail-Planungsphase beginnen, die mindestens zwei Jahre dauert. Mit der Umsetzung des Pisten-Baus werde nicht vor 2016 begonnen. Das reiche aber, um bis 2020 oder 2021 fertig zu sein, heißt es. Auf ein Jahr mehr komme es dabei nicht an.

Ende des Jahres werden die Baukosten feststehen. In bisherigen Berichten war von 1,8 bis zwei Milliarden Euro die Rede gewesen, abhängig von den Auflagen, was vom Vorstand nicht kommentiert wurde. Ofner: "Die 1,8 Milliarden können wir nicht annähernd bestätigen, es gibt keine von uns autorisierte Kostenschätzung." Ohne Bescheid-Vorlage und Kostenkalkulation lege man keine Zahlen auf den Tisch. "Wenn die Wachstumsprognosen eintreten, ist aus heutiger Sicht die Wirtschaftlichkeit gegeben." Bratislava wäre aber in keinem Fall ein Ersatz für die dritte Piste, bekräftigte Jäger.

"Keine zwingende Kapitalerhöhung"
Ofner sieht auch keinen zwingenden Bedarf, für dieses Milliardenprojekt das Kapital zu erhöhen. Sollte allerdings frisches Kapital nötig werden, werde es auch kein Problem sein, es zu beschaffen. Hauptaktionäre des börsennotierten Flughafens Wien sind die Stadt Wien und das Land Niederösterreich. Sie würden, so Ofner, die Strategie des Unternehmens mittragen.

Der aktuelle Investitionszyklus soll bis 2015 abgeschlossen sein, die Verschuldung bis 2016 sinken. "Wir haben dann eine gute Basis, mit den folgenden Cash Flows einen Großteil der erwarteten Kosten aus eigener Kraft zu finanzieren. Nach menschlichem Ermessen sollte das Projekt auch ohne zwingende Kapitalerhöhung machbar sein", so Ofner.

Neue Piste für Superjumbos
Die neue Piste wird 60 Meter breit. Die zwei alten Start- und Landebahnen sind nur 45 Meter breit. Die Piste drei wird für so genannte "Code-F-Flugzeuge" tauglich, das heißt, dann können auch große Superjumbos wie der A380 in Wien landen. Der Flughafen verpflichtete sich in den Mediationsverfahren, dass es nachts zwischen 22.30 Uhr und 6 Uhr früh keine Nutzung der dritten Piste geben wird. Ingesamt wird zudem aufs Jahr gerechnet die Zahl der nächtlichen Flugbewegungen (West-Anflüge auf Schwechat) auf ingesamt acht weiter zurückgenommen, außer wenn es Gewitter oder sonstige Ausnahmesituationen gibt.

Ein gesetzliches Nachtflugverbot wie in Frankfurt gibt es in Wien weiterhin nicht. Ofner räumte ein, dass es bei großen Infrastrukturvorhaben wie es Bahnstrecken, Autobahnen oder Flughäfen seien, leider nicht schmerzlos abgehen kann. "Die Flughafen Wien AG fühlt sich an alle Punkte des Mediationsverfahrens gebunden", wurde versichert.

Bisher 50 Millionen für Lärmschutz
Für Lärmschutzfenster von Anrainerhaushalten hat der Airport bisher 50 Millionen Euro ausgegeben. Außerdem wird ein Umweltfonds dotiert. Man habe "ganz wenigen Leuten" angeboten, Häuser und Grundstücke abzulösen, das sei kaum in Anspruch genommen worden.

Die Flugrouten selbst waren nicht Teil des jetzigen Bescheidverfahrens. Die werden für die dritten Piste erst später festgelegt, wenn die Bauentscheidung gefallen ist. Enteignungsberechtigungen für ökologisch relevante Ausgleichsmaßnahmen wurden gegen Kritik verteidigt, "Man kann nicht hunderte Millionen investieren und dann letztlich daran scheitern, dass ein Stück Land nicht zur Verfügung steht."

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