Prag bleibt auf Kurs

Temelin-Lizenz verlängert, AKW-Ausbau geplant

Ausland
05.06.2012 11:13
Der zweite Block des südböhmischen Atomkraftwerkes Temelin hat von der tschechischen Atombehörde SUJB die Lizenz für weitere zehn Betriebsjahre erhalten. Dies teilte ein Temelin-Sprecher am Dienstag in einer Aussendung mit. Block 1 hatte bereits vor zwei Jahren die Lizenz bekommen. Nun sind auch ein Ausbau des AKWs sowie die Steigerung des Atomanteils an der Stromproduktion in Tschechien von bisher einem Drittel auf 50 Prozent geplant.

Laut SUJB-Chefin Dana Drabova hat Block 2 des Kernkraftwerks alle Bedingungen für die Fortsetzung seines Betriebes erfüllt: "Vor der Erteilung der Lizenz beurteilen wir, ob das Kraftwerk alle Voraussetzungen dafür hat, dass es sicher weitere zehn Jahre betrieben werden kann." Die staatliche Aufsicht habe auch die Lehre aus der Havarie im japanischen AKW Fukushima sowie die aus den Stresstests in Temelin hervorgegangenen Empfehlungen berücksichtigt.

Temelin-Direktor Milos Stepanovsky sagte, das Kraftwerk werde kontinuierlich modernisiert: "Jährlich investieren wir Hunderte Millionen Kronen (1 Euro = 25,7 Kronen) in die Verbesserung der Anlagen. Das Projekt Temelin sieht eine Lebenszeit von mindestens weiteren 30 Jahren vor. Wir rechnen aber mit einem längeren Betrieb. Ausschlaggebend wird der Zustand des Druckbehälters sein, alles andere kann man modernisieren." Der erste Block Temelins war im Jahr 2000 in Betrieb genommen worden, der zweite im Jahr 2002.

Expertenkommission empfiehlt Ausbau der Atomkraft
Zurzeit wird der Ausbau des Kraftwerkes geplant, bis 2025 sollen zwei zusätzliche Reaktoren errichtet werden. Entsprechende Ausschreibungen sowie eine Umweltverträglichkeitsprüfung laufen bereits. Der Atomanteil an der Stromproduktion in Tschechien soll damit bis 2030 von bisher einem Drittel auf 50 Prozent steigen. Das empfahl vergangene Woche eine achtköpfige Expertengruppe, der auch Drabova angehörte. Das Dokument soll als Grundlage für ein neues Energiekonzept Tschechiens in den kommenden Jahrzehnten dienen, das der Regierung in Prag bis August vorgelegt werden soll.

Der Plan würde bedeuten, dass neben Temelin eventuell auch das südmährische Atomkraftwerk Dukovany ausgebaut wird. Während in Temelin die zwei zusätzlichen Blöcke entstehen sollen, soll in Dukovany ein fünfter Block gebaut werden. Die Experten empfehlen in dem Bericht auch, dass die Regierung auf ihre "großzügige Unterstützung" für erneuerbare Energiequellen verzichtet, sobald deren Anteil an der Stromproduktion 15 Prozent erreicht hat.

Berlakovich: "Die Wolke macht nicht vor den Grenzen halt"
In einer Reaktion auf die Empfehlung der Expertenkommission sprach sich Österreichs Umweltminister Nikolaus Berlakovich vergangene Woche bei einer Diskussionsveranstaltung in Wien neuerlich gegen den geplanten Temelin-Ausbau aus: "Aus österreichischer Sicht ist Atomkraft keine Antwort." Energiegewinnung sei zwar die Angelegenheit der Nationalstaaten, doch müsse die Einhaltung der EU-Sicherheitsstandards sichergestellt sein. "Die Wolke macht nicht vor den Grenzen halt. Niemand kann behaupten, dass man Atomkraft kontrollieren kann", betonte Berlakovich.

Der tschechische Delegationsleiter, Vize-Umweltminister Ivo Hlavac, entgegnete daraufhin, die Tschechen hätten keine Nuklearobsession, sondern hielten Atomkraft für realistisch und finanzierbar. Vaclav Bartuska, tschechischer Sonderbotschafter der Regierung für Energiesicherheit, wiederum entgegnete auf die Frage aus dem Publikum, warum Tschechien nicht lieber auf erneuerbare Energien setze, dass das Land seine Verpflichtungen gegenüber der EU erfüllt habe. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, könne Tschechien die erneuerbaren Energien nicht noch mehr subventionieren. "Europa hat sich Ziele gesetzt, die es nicht schaffen kann. Europa hat andere Sorgen."

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