Zahlreiche Affären

Immunität ade: Für Sarkozy beginnt das große Bangen

Ausland
09.05.2012 15:24
Fünf Wochen hat Nicolas Sarkozy noch, dann wird der Präsident wieder ein "Franzose unter Franzosen". Sein Amt übergibt er zwar schon am 15. Mai an Francois Hollande, doch seine Immunität als Staatschef erlischt erst einen Monat später. Dann aber könnte er sofort zu Befragungen von Untersuchungsrichtern oder Staatsanwälten vorgeladen werden - denn Sarkozy ist in eine ganze Reihe von Affären verwickelt, in denen er bisher vor einer Zeugenaussage oder gar einer Strafverfolgung geschützt war.

Als einziger Ex-Staatschef im Nachkriegsfrankreich wurde bisher der konservative Altpräsident Jacques Chirac zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Chirac stand bis 2007 an der Spitze des Staates - zwei Monate nach der Amtsübergabe wurde er dann erstmals vor einen Untersuchungsrichter geladen. Ein Pariser Strafgericht sah es schließlich im Dezember 2011 als erwiesen an, dass Chirac in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister Anfang der 1990er-Jahre auf Kosten der Steuerzahler Scheinarbeitsstellen für diverse Bekannte im Rathaus eingerichtet hatte (siehe Infobox).

Skandal- und affärenerprobter Sarkozy
Sarkozy wiederum sorgte 2007 schon wenige Stunden nach seiner Wahl für den ersten kleinen Skandal, als er in dem Glamour-Restaurant "Fouquet's" im Kreise milliardenschwerer Unternehmer feierte. Kurz nach der Party flog er dann mit dem Privatjet des überaus vermögenden Geschäftsmannes Vincent Bolloré nach Malta, um auf dessen Privatjacht erst einmal ein paar Tage auszuspannen. Im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh residierte er in der Privatvilla des Emirs von Abu Dhabi, es folgten weitere fremdfinanzierte Urlaube in den USA und in Mexiko.

Doch dies war wenig im Vergleich zu den Affären, die erst im Laufe seiner Amtszeit ans Tageslicht kamen. Im Folgenden nur die gröbsten Vorwürfe.

Affäre Bettencourt: Der L'Oreal-Milliardärin Liliane Bettencourt wird vorgeworfen, den Wahlkampf Sarkozys im Jahr 2007 mit illegalen Spenden unterstützt zu haben. Ein Untersuchungsrichter im westfranzösischen Bordeaux hat Sarkozy deshalb bereits im Visier und prüft unter anderem zwei Bar-Abhebungen von Bettencourts Konten in Höhe von je 400.000 Euro im Februar und im April 2007. Beide Abhebungen erfolgten in zeitlicher Nähe zu mutmaßlichen Treffen mit Sarkozy-Vertrauten oder sogar Sarkozy selbst. In Frankreich sind Parteispenden von Privatpersonen nur bis zu einer Höhe von 7.500 Euro im Jahr erlaubt.

Der Präsident sprach in diesem Zusammenhang zuletzt von "Stinkbomben" im Wahlkampf - es könne zwar sein, dass er die reichste Frau Frankreichs, die wegen Demenz im vergangenen Oktober entmündigt wurde, und ihren inzwischen verstorbenen Mann im Wahlkampf 2007 getroffen habe. Dies sei aber alles andere als verdächtig. Gegen Sarkozys Vertrauten Eric Woerth, den langjährigen Schatzmeister der konservativen Regierungspartei UMP, laufen diesbezüglich jedoch schon zwei Ermittlungsverfahren.

Bespitzelung von Journalisten: Im Zuge der Bettencourt-Affäre wurden auch Journalisten der renommierten linksliberalen Tageszeitung "Le Monde" ausgeforscht, die zu den Parteispenden recherchierten. Die Ausforschung erfolgte auf Anordnung eines Staatsanwaltes, der ein Sarkozy-Vertrauter ist. Beteiligt waren daran auch Polizeichef Frederic Pechenard und Inlandsgeheimdienst-Chef Bernard Squarcini. Die Zeitung erstattete Anzeige und wirft dem Präsidialamt vor, hinter der Bespitzelung zu stecken. Der Élysée-Palast wies dies zurück.

Gadafi-Gelder: Sarkozy wird vorgeworfen, dass sein Wahlkampf 2007 vom früheren libyschen Machthaber Muammar al-Gadafi mit 50 Millionen Euro unterstützt worden sei. Der Präsident nannte den Verdacht im Wahlkampf "grotesk" und erstattete Anzeige gegen den Internet-Enthüllungsdienst "Mediapart", der dazu ein angebliches Dokument veröffentlicht hatte. Die Staatsanwaltschaft Paris ermittelt nun wegen des Verdachts auf Fälschung.

Karatschi-Affäre: In dem Fall geht es um Schmiergeldzahlungen, die für ein Waffengeschäft nach Pakistan und dann teils wieder zurück nach Frankreich geflossen sein sollen, um den Präsidentschaftswahlkampf 1995 des damaligen Premierministers Edouard Balladur mitzufinanzieren. Sarkozy, der jegliche Verwicklung in die Affäre bestreitet, war zu der Zeit Haushaltsminister und Wahlkampfsprecher Balladurs. Zeugen behaupten, er habe damals die Gründung einer Firma in Luxemburg gebilligt, über die die Gelder geflossen sein sollen. Gegen mehrere Verdächtige laufen Ermittlungen.

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