5 Manager angezeigt

Weltkonzern Nestlé soll Mitschuld an Mord tragen

Ausland
06.03.2012 21:08
Eine in Berlin ansässige Anwaltsgruppe hat bei der Staatsanwaltschaft des Schweizer Kantons Zug Strafanzeige gegen den weltgrößten Nahrungsmittelkonzern Nestlé und fünf seiner Topmanager eingereicht. Die Angezeigten sollen demnach die Ermordung eines kolumbianischen Gewerkschafters mitverschuldet haben.

Rund sechseinhalb Jahre nach dem Tod von Luciano Romero in Valledupar im Nordosten Kolumbiens soll nun Nestlé für die Tat von kolumbianischen Paramilitärs geradestehen. Diese hatten den Gewerkschafter verschleppt, unter Folter verhört und durch 50 Messerstiche getötet.

Die Anwaltsgruppe des European Center for Constitutional and Human Rights sowie die kolumbianische Lebensmittelgewerkschaft Sinaltrainal haben am Montag in Zug Strafanzeige gegen den Konzern und fünf Mitarbeiter eingereicht, wie die Anwälte selbst und Schweizer Nichtregierungsorganisationen am Dienstag mitteilten.

Die Strafanzeige sei in Zug eingereicht worden, weil sich in der dortigen Gemeinde Cham einer der beiden Unternehmenssitze von Nestlé befindet. Die Zuger Staatsanwaltschaft bestätigte der Nachrichtenagentur sda den Eingang der Strafanzeige.

"Unterlassen von Schutzmaßnahmen"
Den Beschuldigten wird vorgeworfen, durch Unterlassen von Schutzmaßnahmen den gewaltsamen Tod des Gewerkschafters mitverursacht zu haben, wie es in der Strafanzeige heißt, die der Schweizer Nachrichtenagentur vorliegt.

Der von der kolumbianischen Justiz bereits verurteilte Mord an Luciano Romero sei im Kontext eines über 50 Jahre andauernden bewaffneten Konflikts geschehen, so die Anwaltsgruppe. Romero habe bereits vor seiner Ermordung über Jahre hinweg Todesdrohungen erhalten. Dabei hätten auch leitende Mitarbeiter der kolumbianischen Nestlé-Tochter Cicolac eine Rolle gespielt, wirft man dem Konzern vor.

"Sie verleumdeten ihn und andere Gewerkschafter mehrfach als angebliche Guerilla-Kämpfer", schreiben die Autoren der Strafanzeige. Romero sei grundlos beschuldigt worden, für einen Bombenanschlag auf das Werksgelände von Cicolac verantwortlich zu sein.

Gewerkschafter für KV-Verhandlungen zuständig
Romero war bis Oktober 2002 bei Cicolac angestellt. Als Gewerkschafter vertrat er die Arbeiter in Verhandlungen über einen Kollektivvertrag. Die öffentlichen Diffamierungen seien für die Gewerkschafter lebensbedrohlich gewesen, heißt es in der Anzeige: "Denn die lokale Nestlé-Vertretung war auf mehreren Ebenen mit paramilitärischen Kreisen verflochten." So seien beispielsweise gewisse Milchlieferanten von Cicolac mit den Paramilitärs verbandelt gewesen.

Die Schweizer Unternehmensführung habe von dem "Risikoverhalten" ihrer Kadermitarbeiter in Kolumbien und den daraus folgenden Gefahren für die Gewerkschafter gewusst, so die Juristen weiter. "Sie blieb dennoch untätig."

Beispielloser Prozess möglich
Ob dieses Verhalten strafrechtlich relevant ist, muss nun die Zuger Staatsanwaltschaft prüfen. Die Strafanzeige gegen Nestlé und deren Topmanager ist in einem solchen Zusammenhang einmalig: "Damit könnte ein Schweizer Unternehmen erstmals für im Ausland begangenes Unrecht in der Schweiz haftbar gemacht werden", schreibt der Verein Multiwatch im Namen zahlreicher Schweizer Nichtregierungsorganisationen.

Nestlé weist sämtliche Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Mord zurück und will sich "entschieden dagegen verteidigen". Es gebe keinerlei Beweise für die Anschuldigungen.

Die Gewerkschaft Sinaltrainal habe Nestlé zudem bereits wiederholt der Komplizenschaft an der Ermordung von Gewerkschaftern in Kolumbien beschuldigt. "Sie hat ihre Rechtsstreitigkeiten gegen das Unternehmen weder vor Gerichten in Kolumbien, noch in den USA oder vor der Internationalen Arbeitsorganisation gewonnen."

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