Korrupte Republik?

Lobbyist Hochegger “singt” vor dem U-Ausschuss

Österreich
17.02.2012 07:46
Der Lobbyist Peter Hochegger, der als zentrale Figur in der Telekom-Korruptionsaffäre gilt, hat am Donnerstag vor dem U-Ausschuss ausführlich "gesungen". Zunächst erklärte er seine Politengagements, anschließend plauderte er zum Thema Telekom aus dem Nähkästchen und zu guter Letzt schilderte Hochegger, wie er im Auftrag des früheren FPÖ-Politikers Walter Meischberger Stimmung für Raiffeisen beim damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser gemacht habe.

Meischberger habe 2003 die Raiffeisen Centrobank RCB als Kunde zu ihm gebracht. Grund: Die Stimmung zwischen Raiffeisen und dem damaligen Finanzminister Grasser sei nicht gut gewesen.

Er habe RCB dann gemeinsam mit Meischberger bei mehreren Aufträgen betreut. Ein Drittel sei an die Valora, zwei Drittel an Meischberger gegangen. FPÖ-Fraktionsführer Walter Rosenkranz ortete am Donnerstag einen möglichen Zusammenhang mit dem Börsegang der Post. Die RCB hatte den Börsegang 2006 gemeinsam mit anderen Finanzinstituten gemanagt. Betreut wurde das Projekt vom Finanzministerium.

Im Jahr 2006 habe Meischberger dem Lobbyisten dann angekündigt, dass Grasser die Regierung verlassen werde und wahrscheinlich zu einer internationalen Investmentbank gehen werde. "Wir müssen sein Kontaktnetzwerk sichern, da kann man gemeinsam viel erreichen", habe Meischberger ihm damals gesagt. Grasser sei dann nach seiner Amtszeit als Finanzminister in die gemeinsame Gesellschaft Valora Solutions gekommen, an der Meischberger und Hochegger und Grasser jeweils ein Drittel der Anteile hielten.

Zahlreiche Zahlungen an Politiker?
Sehr interessiert zeigten sich die Abgeordneten bei der Befragung Hocheggers an jenen Personen aus der Politik, die angeblich gegen fürstliche Entlohnung für ihn tätig waren. Hochegger nannte unter anderem die SPÖ-Politiker Alfred Gusenbauer, Karl Blecha und Peter Schieder, den ÖVP-Vertreter Ernst Strasser, die Ex-FPÖ-Politiker Meischberger und Mattias Reichhold sowie die Grüne Monika Langthaler. Er gab zudem an, dass er seit 1997 für die Telekom-Austria-Gruppe tätig ist.

Ex-Kanzler Gusenbauer dementierte umgehend. Er habe "zu keiner Zeit, weder direkt noch indirekt, für Herrn Peter Hochegger gearbeitet" und auch nicht mit der Telekom zusammengearbeitet. Das von Hochegger behauptete Jahresgehalt in der Höhe von 100.000 Euro sei frei erfunden.

Für Hochegger wiederum ist es "undenkbar", dass Gusenbauer nicht gewusst habe, dass er indirekt für den Lobbyisten gearbeitet hat. "Wir haben uns mehrere Male getroffen, es gab mehrere Meetings mit ihm", sagte Hochegger am Donnerstagabend in der "ZiB 2".

"Ich habe einige Dinge nicht richtig gemacht"
Zu Beginn seiner Befragung hatte Hochegger erklärt, er sei "strafrechtlich nicht schuldig", das Leben sei aber ein "Lernprozess". Aus heutiger Sicht habe er einige Dinge "nicht richtig gemacht. Nach moralischem Maßstab war das nicht korrekt". In seinen Ausführungen blieb der Lobbyist aber sehr allgemein und bestätigte lediglich, was er bereits den Ermittlungsbehörden gesagt hatte und was ihm im U-Ausschuss vorgelesen wurde.

So bejahte er, für die Ablösung des seinerzeitigen Telekom-Regulators Heinrich Otruba lobbyiert zu haben. Ein Konzept für den Nachfolger von Otruba, Georg Serentschy, wurde nicht umgesetzt, so Hochegger. Dass er ein Konzept für Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach erstellt hat, könne sein. Seines Wissens nach sei es aber nicht in Auftrag gegeben worden. Die vom BZÖ-Abgeordneten Stefan Petzner gestellte Frage, ob er jemals im Zusammenhang mit Gorbach und der Universaldienstverordnung eine Wahrnehmung über Schmiergeld seitens der Telekom gemacht habe, verneinte Hochegger.

Zu den zitierten Aussagen des ehemaligen Telekom-Managers Gernot Schieszler, wonach für eine Universaldienstverordnung im Sinne der Telekom eine Million Euro an Schmiergeld notwendig gewesen sei, meinte Hochegger, die Aussage "entspricht nicht der Wahrheit". Das Verhältnis zu Schieszler beschrieb er als "sehr gut". Dass er in einem Gesetzeskauf involviert gewesen sein soll, habe er erst bei seinen Einvernahmen erfahren. "Ich war sehr überrascht über die Unterstellung", so Hochegger.

"In Kursmanipulation nicht eingeweiht"
Im weiteren Verlauf der Befragung schilderte Hochegger noch seine Rolle bei der mutmaßlichen Manipulation des Telekom-Aktienkurses. Die Telekom sei auf ihn zugekommen, weil sie eine Zahlung abwickeln müsse, die nicht über die eigenen Bücher laufen dürfe. Er habe deswegen eine Scheinrechnung über 1,1 Millionen Euro gestellt, das Geld erhalten und im Sinne des Konzerns weitergeleitet. Wofür das Geld nötig gewesen sei, habe er nicht gewusst.

Jedenfalls habe er keine Kenntnis von einer Kursmanipulation durch den Broker Johann Wanovits im Jahr 2004 gehabt, die ein Boni-Programm für die Vorstände auslöste. "Die Telekom hat mich in die Kursmanipulation nicht eingeweiht", sagte er. Ermittler glauben, dass mit dem Geld Aktienkäufe finanziert worden seien, die wiederum den Kurs nach oben trieben.

Er habe Wanovits erst 2008 kennengelernt. Damals habe ihm der Broker erzählt, dass er der Telekom im Jahr 2004 einen "großen Gefallen" getan habe. Auch der Broker habe dabei einen kleinen Gewinn gemacht, Wanovits habe das Ganze aber als "sportliche Herausforderung" geschildert, sagte Hochegger. Laut Schieszlers Aussage dienten 500.000 Euro als Schmiergeld für Wanovits.

Telekom-Boss Ametsreiter verspricht volle Aufklärung
Telekom-Austria-Chef Hannes Ametsreiter versprach bei seiner Befragung einmal mehr volle Aufklärung der zahlreichen Affären. Gleichzeitig schränkte er ein, dass er nicht garantieren kann, dass die am Mittwoch vom Magazin "News" bekannt gemachten 200.000 Mails vollzählig dem U-Ausschuss zur Verfügung gestellt werden. Selbst Auskünfte darüber, ob diese Mails bereits der Staatsanwaltschaft übermittelt wurden, will Ametsreiter vom Rat seiner Juristen abhängig machen. Er begründet die Zurückhaltung mit der Börsenotierung des teilstaatlichen Unternehmens, die Einfluss auf die Freigabe firmenrelevanter Daten habe.

Aufregung um Mailverkehr zwischen Telekom und BWB
Wirbel gab es zudem um einen vom Grünen Peter Pilz präsentierten Mailverkehr, der Grüne ortet eine informelle Absprache zwischen der Bundeswettbewerbsbehörde BWB und der Telekom in einem Kartellverfahren. Die BWB wies auf Anfrage alle Vorwürfe zurück. Der BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner warf ÖIAG-Chef Markus Beyrer vor, als ÖVP-Mann gemeinsam mit Ametsreiter zu versuchen, die Verbindungen der Telekom zur ÖVP zu vertuschen. Die ÖIAG verwaltet den 28-Prozent-Staatsanteil an der Telekom.

Am Abend wurden schließlich auch noch die Zeugenladungen für die nächste Sitzung am 27. Februar beschlossen. Vor den Ausschuss treten sollen laut der Vorsitzenden Gabriela Moser Ex-ÖIAG-Chef Peter Michaelis und der Vorstand der Finanzmarktaufsicht, Kurt Pribil. Ebenso erscheinen sollen Andreas Krenn von der Telekom und der ehemalige BZÖ-Politiker Klaus Wittauer. Ein Antrag Petzners auf Ladung von ÖIAG-Chef Beyrer wurde nur von BZÖ und Grünen unterstützt und fand damit keine Mehrheit.

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