Geldvergeudung

Hier müsste die Regierung den Sparstift ansetzen

Österreich
26.11.2011 17:03
Das Verblüffendste an der aufgeregt geführten Debatte in Regierung und Opposition um die Schuldenbremse und Sparmöglichkeiten ist die Tatsache, dass sämtliche Bereiche staatlicher Geldvergeudung seit Jahren bekannt und vom Rechnungshof abwärts ebenso lange dokumentiert und beklagt worden sind.

Wenn jetzt beispielsweise die ÖVP bald täglich atemlos hechelnd wegen des unfinanzierbar gewordenen (Früh-)Pensionssystems Alarm schlägt, muss daran erinnert werden, dass einschlägige Experten wie Bernd Marin seit den 1990er-Jahren vor einem Kollaps des Rentensystems warnen. Aber klar ist, dass in diesem Bereich rund eine Milliarde Euro im Jahr einzusparen wäre.

Vergleichbare Größenordnungen wären bei den Beamten durch die Streichung von Posten und der Lage angemessene Lohnerhöhungen zu holen. Da stößt die Regierung allerdings kaum überraschend auf den üblichen Widerstand. Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer hat allen Ernstes auch bei der jüngsten Verhandlungsrunde noch von einer Anhebung der Bezüge um 3,9 Prozent schwadroniert. Und das in Zeiten, in denen die Staatsdiener sparsamerer Länder auf einen Teil ihrer Ansprüche verzichten (müssen) oder sogar ihre Jobs verlieren.

Würde in Österreich nur jede dritte Planstelle im öffentlichen Dienst nicht nachbesetzt, könnte sich der Staat an die 200 Millionen Euro sparen. Und von der Schaffung eines "Amts der Bundesregierung", das die Personalplanung, den IT-Bereich, den Fuhrpark und Gebäudeverwaltung von 13 Ministerien übernehmen würde, erwarten sich - oft schwer überschätzte - Controller eine Kostenreduktion von 20 Millionen Euro.

Landwirtschaft: Auch Kleinvieh macht Mist
Unter anderem besteht bei den zahlreichen Ebenen und Strukturen in der Landwirtschaftsverwaltung laut Behördenstudien ein Sparpotenzial von 45 Millionen Euro. Die Landwirtschaft ist überhaupt ein weites Feld, durch das gründlich gepflügt werden könnte. Einmal abgesehen davon, dass nicht die vielzitierten "kleinen Bauern" die Hauptnutznießer einer üppigen Subventionskultur sind, sondern die Agrarkonzerne und Lebensmittelmultis.

Aber das ist für die ÖVP ein Minenfeld; daher sollte wenigstens das politisch Machbare umgesetzt werden. Schon die Rückführung der Kofinanzierung von EU-Landwirtschaftsförderungen auf das gesetzliche Mindestniveau brächte eine Ersparnis von 240 Millionen Euro. Oder eine Streichung der begünstigten Mineralölsteuer auf Agrardiesel. Macht auch etwa 70 Millionen Euro aus. Wer das alles addiert, merkt sofort: Auch Kleinvieh macht viel Mist.

Fekter legt sich mit Lehrern an
Zumindest in der Bezahlung der Beamten fährt die Beamtenpartei ÖVP jetzt einen vergleichsweise mutigeren Kurs. Vizekanzler Michael Spindelegger hat jedenfalls signalisiert, dass eine Erhöhung der Beamtenbezüge um höchstens 2,5 Prozent angemessen wäre. Und die ohnehin durchsetzungsfähigere Finanzministerin Maria Fekter legte sich zuletzt sogar mit den Lehrergewerkschaftern an. Fekter erwartet - in Vertretung der sich häufig auf Tauchstation befindlichen Bildungsministerin Claudia Schmied -, dass Lehrer sechs Stunden pro Woche mehr arbeiten sollten und durchaus könnten.

Mit einer sorgsamen wirtschaftlichen Gebarung ließe sich auch in der absurd aufgeblähten Schulverwaltung eine Menge Geld sparen, ohne dass es zu Lasten der Bildung ginge. Ebenso versickern in Schulversuchen und Projekten im Ausland viele Millionen Euro. Erst unlängst soll Finanzministerin Fekter ein 300-Millionen-Euro-Loch im Ressort von Schmied in einer diskreten Notaktion gestopft haben, um das Budget für 2012 zu retten.

Straffung der Botschaften
Apropos Ausland: Eine Straffung der personell nicht eben an Unterbesetzung leidenden Botschaften mit ihrem Heer an Attachés könnte weitere 20 Millionen Euro bringen. Wenn das alles geschafft ist, dann sollte einer Vermögenssteuer nichts mehr im Wege stehen. Das würde zwar weder den Staat sanieren noch das Triple-A sichern, aber es wäre eine psychologische Maßnahme, die auch Geld in die Kassa spült. Bei dem Thema geht es in der ÖVP aber drunter und drüber.

Die Vermögenssteuer ist aber eine Bedingung der Grünen, dass sie im Parlament der Schuldenbremse als Verfassungsgesetz zustimmen. Und erst wenn das Verschuldungslimit in der Verfassung verankert ist, sind auch die Bundesländer ins Sparkorsett gezwängt. Und dort gäbe es einiges zu sparen.

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