Von wegen Drachme

Neuer Griechen-Premier ist ein wahrer Euro-Fan

Ausland
11.11.2011 16:30
Der neue griechische Regierungschef und Finanzexperte Lucas Papademos hat ein offizielles Bekenntnis zum Euro abgelegt - und damit wohl gleich zu Beginn seiner Regentschaft als Chef der Übergangsregierung den Zurück-zur-Drachme-Gerüchten den Wind aus den Segeln genommen. Die Teilnahme an der Währungsgemeinschaft sei für Griechenland eine "Garantie der Geldwertstabilität und ein Faktor wirtschaftlicher Stabilität". Indes wurde am Freitag das Übergangskabinett angelobt.

"Griechenland steht am Scheideweg", erklärte Papademos am Donnerstag vor Journalisten in Athen. Die Wirtschaft seines Landes stehe vor großen Problemen, der Weg werde nicht leicht sein. Das Primärziel der Übergangsregierung sei es, das Rettungspaket der EU umzusetzen.

In den Turbulenzen um die Rettung Griechenlands war zuletzt auch ein Austritt des Landes aus der Euro-Zone und eine Rückkehr zur Nationalwährung Drachme diskutiert worden (Infobox). Diese Option dürfte nun - zumindest vorerst - vom Tisch sein. Papademos, der Vize-Präsident der Europäischen Zentralbank war und auch der griechischen Staatsbank vorstand, gilt zudem als Architekt des Beitritts Griechenlands zum Euro-Raum.

Pleite-Verhinderung als Regierungsziel
Papademos wird nun die Übergangsregierung leiten, welche tagelang in schwierigen Verhandlungen zwischen den politischen Parteien vereinbart worden war. Ihre Hauptaufgabe ist es, die Pleite des Landes zu verhindern, die Vorgaben des internationalen Hilfspaketes umzusetzen und verlorenes Vertrauen wiederherzustellen. Griechenland ist bekanntlich auf internationale Hilfen angewiesen. Im Gegenzug für die milliardenschwere Unterstützung durch EU und IWF muss Athen massive Einsparungen vornehmen.

Übergangsregierung in Athen angelobt
Das Übergangskabinett wurde am Freitagnachmittag in Athen vereidigt, nachdem der bisherige sozialdemokratische Regierungschef Giorgos Papandreou - dessen Kabinett bereits zuvor in wirtschaftlichen Belangen von Papademos beraten worden war - am Mittwoch offiziell seinen Rücktritt erklärt hatte.

Der bisherige Finanzminister Evangelos Venizelos von der sozialdemokratischen PASOK behält sein Amt. Das Außenamt übernimmt der frühere EU-Umweltkommissar und Vize-Vorsitzende der konservativen Nea Dimokratia (ND), Stavros Dimas. Sein Parteifreund Dimitris Avramopoulos, Alt-Bürgermeister von Athen, wird Verteidigungsminister. Erstmals seit dem Ende der Militärdiktatur 1974 ist auch eine rechtsnationalistische Partei an der Regierung beteiligt: Makis Voridis von der LAOS-Partei wird das Ministerium für Infrastruktur und Verkehr leiten.

Insgesamt umfasst die neue Regierung 17 Mitglieder, 14 davon gehören der PASOK an. Die Sozialdemokraten, die ND und LAOS verfügen über eine deutliche Mehrheit von 254 Abgeordneten im 300-köpfigen griechischen Parlament. Wann es die angekündigten Neuwahlen gibt, ist indes noch offen - der zuvor genannte Februar sei lediglich ein "Orientierungspunkt", hieß es zuletzt.

"Vorzeige-Europäer mit erwiesenem Sachverstand"
Bei der internationalen Presse scheint der Neo-Griechen-Premier - so wie sein designiertes Pendant in Italien, Mario Monti - jedenfalls bereits einen dicken Stein im Brett zu haben. Papademos sei der beste Kandidat für eine Regierung der nationalen Einheit, schrieb etwa das "Handelsblatt" in Düsseldorf. Vor allem spreche für ihn, dass er als ehemaliger Vizepräsident der Europäischen Zentralbank eng vernetzt sei in Europa. Das könne Griechenland nur nützen. Wenngleich er es als Parteiloser sehr schwer haben werde.

Der Berliner "Tagesspiegel" meint: "Mit Mario Monti und Lucas Papademos sollen Vorzeige-Europäer mit erwiesenem Finanzsachverstand Italien und Griechenland führen. Nicht radikale Umbrüche oder die Spaltung werden Europa zur Ruhe bringen können, sondern überzeugende Protagonisten mit glaubwürdigen Strategien. Auch für die französische Zeitung "Le Monde" ist Papademos ein "Verfechter der Disziplin", der von seinen ehemaligen Kollegen bei der Europäischen Zentralbank schwer respektiert würde und immer das Wohl der Institution im Auge gehabt habe. Er besitze einen "ausgeprägten Sinn für Diplomatie".

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