Dutzende vermisst

Mehrere Tote nach neuem Erdbeben im Osten der Türkei

Ausland
10.11.2011 14:38
Die Provinz Van im Osten der Türkei ist am späten Mittwochabend erneut von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Mehrere Menschen kamen dabei ums Leben, rund 800 Einsatzkärfte suchen in den Trümmern nach Überlebenden. Bisher wurden 27 Menschen aus den eingestürzten Häusern gerettet, Dutzende werden immer noch vermisst.

Die Elektrizität sei ausgefallen, viele Menschen seien in Panik auf die Straße gelaufen und hätten sich häufig aus Angst vor Nachbeben in der Nacht auch nicht wieder in ihre Häuser getraut, hieß es in Medienberichten.

Nach Angaben des Nachrichtensenders CNN Türk seien etwa 100 Menschen in Krankenhäuser gebracht worden. Die Stärke des Bebens wurde mit 5,6 angegeben, es hatte die Provinz um 21.23 Uhr Ortszeit (20.23 Uhr MEZ) erschüttert. Der Katastrophenschutz richtete eine Luftbrücke ein, 23 Flugzeuge lieferten Hilfspersonal und Material in die Region.

Hotels eingestürzt
Insgesamt seien 25 Gebäude eingestürzt, davon seien jedoch 22 seit dem Oktober-Beben leer gewesen, teilten die lokalen Behörden mit. Zwei der zusammengebrochenen Häuser seien Hotels gewesen. Zu ihnen gehörte auch das "Bayram Hotel" in der Stadt Van. Es war bei Journalisten beliebt, die über das Beben vom 23. Oktober berichtet hatten.

Unklar ist bislang, wie viele Menschen noch unter den Trümmern liegen könnten, sagte der türkische Vize-Ministerpräsident Besir Atalay am Donnerstagnachmittag im Unglücksgebiet. Ein Mitarbeiter vom Empfang des einen Hotels sagte laut der Nachrichtenagentur Anadolu, in seinem Etablissement hätten 32 Gäste gewohnt. Allerdings hätten sich zum Zeitpunkt des Erdbebens auch Gäste von auswärts im Hotel aufgehalten. Unter den Toten war auch ein japanischer Helfer, der kurz nach seiner Bergung seinen schweren Verletzungen erlag.

"Mit dem Gebäude war alles in Ordnung"
Warum die Häuser nach dem schweren Beben im Oktober noch benutzt werden durften, blieb allerdings unklar. Hotelinhaber Aslan Bayram sagte dem türkischen Nachrichtensender NTV: "Ich habe mein Hotel als sicher empfunden und übernachte seit dem Beben vor drei Wochen hier. Ich habe alles kontrollieren lassen. Mit dem Gebäude war alles in Ordnung." Nach seinen Angaben waren zum Zeitpunkt des Bebens 15 Menschen in dem Hotel, mindestens drei seien bisher gerettet worden.

Assia Shihab, Reporterin des französischen Fernsehens, sagte am Donnerstag, sie habe Risse in den Wänden gesehen. Der Aufzug habe nicht funktioniert. Die Journalistin hatte drei Nächte in dem Hotel verbracht. "Die Angestellten haben uns gesagt, es ist sicher. Aber man konnte sehen, dass sie sich selbst nicht sicher waren." Ihr Kameramann habe es vorgezogen, im Auto zu schlafen.

Der türkische Kameramann einer privaten Nachrichtenagentur sagte, er und seine beiden Kollegen hätten im Auto gemerkt, dass die Erde wackelte. Sie seien zurück zum Hotel gefahren, um ihre Ausrüstung zu holen. Als sie ankamen, sei das Gebäude bereits eingestürzt gewesen, sagte der Mann dem Sender Channel 24 TV.

600 Tote erst im Oktober
Das Epizentrum lag rund 20 Kilometer südwestlich der Stadt Van. Es war das zweite Beben in kurzer Zeit in der Provinz Van. Erst am 23. Oktober waren dort bei einem Erdbeben der Stärke 7,2 mehr als 600 Menschen ums Leben gekommen. Die Provinz Van liegt im Südosten des Landes und grenzt an den Iran. Sie wird mehrheitlich von Kurden bewohnt.

In der Region müsse mit weiteren Erdstößen gerechnet werden, die eine Stärke von bis zu 6,2 erreichen könnten, zitierte die Zeitung "Milliyet" den Experten Mustafa Erdik des türkischen Kandilli Observatoriums. Nach dem erneuten Beben werden vermutlich noch einmal Tausende Menschen ihre Häuser verlassen und im Freien übernachten - aus Angst vor weiteren Erdstößen. Die türkische Regierung hat Zelte geschickt, Meteorologen erwarten Schneeregen.

Türken in ständiger Beben-Angst
Die Türkei wird immer wieder von heftigen Erdbeben heimgesucht. Im Jahr 1999 wurden bei zwei großen Erdstößen im Nordwesten des Landes mehr als 20.000 Menschen getötet. In Van gab es 1976 ein Erdbeben mit fast 4.000 Toten.

In der Region reiben zwei Erdplatten gegeneinander, weswegen es immer wieder zu schweren Erschütterungen kommt. Schon minimale Bewegungen entlang der sogenannten anatolischen Verwerfung reichen aus, um das Land zu erschüttern. Die Türkei lebt somit in ständiger Angst vor neuen Erdstößen.

Rund 92 Prozent des 780.000 Quadratkilometer großen Landes liegen auf Erdbebengürteln. Etwa 95 Prozent der Türken leben auf unsicherem Grund, auf dem auch 98 Prozent der Industrieanlagen sowie die wichtigsten Staudämme und Kraftwerke stehen. Fast die Hälfte dieser Staudämme wurde in besonders gefährdeten Gebieten gebaut.

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