Banges Warten

Kann Notregierung Griechenland noch retten?

Ausland
08.11.2011 07:24
Europa und auch Griechenland selbst blicken mit Spannung nach Athen: Dort soll am Dienstag die neue Übergangsregierung offiziell vorgestellt werden, auf die sich die Parteien nach quälenden Verhandlungen am Montag geeinigt haben. Der Wechsel in Athen setzt voraus, dass Ministerpräsident Giorgos Papandreou zurücktritt. Als heißester Kandidat auf die Nachfolge gilt der ehemalige Vizepräsident der EZB, Lucas Papademos. Allerdings wurden am Montagabend zwei weitere Namen ins Spiel gebracht.

Der Name des möglichen neuen Ministerpräsidenten schien zunächst klar zu sein: Papademos. Der 64-jährige parteilose Wirtschaftswissenschaftler war früher Gouverneur der griechischen Staatsbank und gilt als Architekt des Beitritts Griechenlands zum Euro-Raum. Dafür genießt er im eigenen Land großen Respekt. Nach seiner achtjährigen Amtszeit schied Papademos 2010 aus der Europäischen Zentralbank aus.

Zwei weitere Kandidaten im Rennen?
Mittlerweile heißt es allerdings, seine Kandidatur könnte gescheitert sein, weil er weitreichende Befugnisse gefordert und eine reine Expertenregierung abgelehnt habe. Die griechischen Medien spekulierten am Montagabend, neuer Ministerpräsident könnte Panagiotis Roumeliotis werden. Er ist bisher ständiger Vertreter Griechenlands beim Internationalen Währungsfonds. Auch EU-Ombudsmann Nikiforos Diamantouros wurde als möglicher Kandidat ins Gespräch gebracht.

Papandreou-Rücktritt?
Noch-Ministerpräsident Papandreou berief nach den Gesprächen (Bild) am Montagabend für Dienstag um 11 Uhr eine Kabinettssitzung ein. Griechische Medien vermuteten, Papandreou werde dabei auch offiziell zurücktreten.

Die Übergangsregierung soll aus Sozialisten und Konservativen bestehen. Die beiden großen, aber aufs Bitterste verfeindeten Parteien hatten am Sonntagabend beschlossen, das sinkende Schiff Griechenland zu retten. Hauptaufgabe sei die Umsetzung der EU-Beschlüsse vom 26. Oktober. Anschließend soll es am 19. Februar vorgezogene Neuwahlen geben. Diese waren eine Forderung der konservativen Nea Dimokratia (ND) unter Antonis Samaras, die sozialistische PASOK unter Papandreou wollte dies eigentlich vermeiden.

Einigung nach Ohrfeigen aus Brüssel
Das neue Kabinett soll mit breiter Mehrheit im Parlament Maßnahmen zur Abwendung eines Staatsbankrotts durchsetzen. Die Einigung auf die Übergangsregierung kam durch Druck von außen zustande. Es waren die EU und die EU-Kommission in Brüssel, die den Griechen mehrere Ohrfeigen verpassen mussten, ehe sie laut politischen Beobachtern endlich wach wurden.

"Es gibt kein Geld, wenn ihr euch nicht einigt", hieß es klipp und klar. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sprachen am Rande des G-20-Gipfels in Cannes Klartext mit den Griechen. Ohne frisches Kapital droht Athen im Dezember die Zahlungsunfähigkeit. Ob der neuen Regierung die notwendigen Einschnitte gelingen, ist ungewiss. Die Sache ist so verfahren, dass viele Beobachter nur noch wenig Hoffnung hegen, dass das Land noch gerettet werden kann.

Euro-Zone fordert schriftliche Zusage
Am Montagabend hat dann die Euro-Gruppe die Auszahlung der acht Milliarden Euro schweren nächsten Kredittranche für Athen an eine schriftliche Zusicherung der neuen Regierung der nationalen Einheit in Griechenland geknüpft. Wie Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker nach Beratungen der Euro-Finanzminister in Brüssel sagte, könne die Kredittranche bis zum 29. November freigegeben werden, wenn die Regierung die beim Euro-Gipfel vom 27. Oktober festgelegten Bedingungen für das zweite Rettungspaket, einschließlich der Beteiligung privater Gläubiger, bekräftige. Auch EU-Währungskommissar Olli Rehn betonte: "Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die griechische Regierung ihre Verpflichtungen schriftlich gibt."

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble forderte zudem einen breiten Konsens in Athen, um das ausgehandelte Rettungspaket für das Land umsetzen zu können. "Nicht nur die Regierung und die sie tragenden politischen Kräfte, sondern auch die Opposition" müssten zu den Vereinbarungen stehen, sagte er am Montagabend in Brüssel.

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