Zurück aus Dubai

Adelsmayr nennt Aussage “schwach bis dümmlich”

Österreich
18.10.2011 11:00
Sichtlich erleichtert darüber, heimischen Boden zu betreten, ist der wegen Mordes angeklagte oberösterreichische Intensivmediziner Eugen Adelsmayr am Dienstag gegen 8 Uhr in Salzburg aus dem Flugzeug gestiegen. "Aus meiner Sicht ist der Prozess am Sonntag in Dubai ganz zufriedenstellend verlaufen", sagte er. Die Aussage des Hauptbelastungszeugen, eines syrischen Arztes, bezeichnete Adelsmayr "vom Fachlichen her schwach bis dümmlich".

"Teilweise war es eine Verhöhnung des Gerichtes, aus meiner Sicht peinlich", erklärte der 52-jährige Mediziner weiter. Beweise habe der Zeuge keine vorgelegt, sondern nur aus der Krankenakte des verstorbenen Patienten zitiert. "Er will suggerieren, dass ich Sterbehilfe geübt habe. Er versuchte den Richter zu manipulieren und stellte Österreich und die EU so hin, als würden wir Sterbehilfe praktizieren, und dass Morphium nur dann gegeben wird, wenn man will, dass der Patient sanft stirbt. Morphium wurde als Todesdroge dargestellt", berichtete Adelsmayr.

Die zweite Zeugin der Anklage, eine Krankenschwester, sei ebenfalls schwach gewesen, sie habe auf Fragen mit "Ich weiß es nicht" oder "Ich war nicht anwesend" geantwortet, schilderte Adelsmayr. "Alle fünf Zeugen der Anklage sind nun zu Wort gekommen. Alle Prozessbeobachter sagen, was die Anklage da vorgebracht hat, ist relativ dünn. Es ist nichts übriggeblieben."

Für ihn habe sich erneut gezeigt, dass er aus Neid angezeigt worden sei, sagte der 52-Jährige. Dass auch ein indischer Arzt angeklagt wurde, "war ein unbeabsichtigter Kollateralschaden", der trete quasi nur als Statist auf, meinte Adelsmayr. Er hofft nach wie vor auf einen Freispruch. "Ich bin aber nicht ganz sicher, ob der Optimismus ganz angebracht ist."

Fragen an Zeugen von Richter beantwortet
Dass ihn sein Versprechen, wieder nach Dubai zurückzukehren, vor dem Richter in eine besseres Licht rückt und seine Unschuld gar untermauert, glaubt der Angeklagte nicht. Der Beisitzer habe nun den Vorsitz übernommen, weil der Vorgänger in Pension gegangen ist. "Er hat gute Fragen gestellt und war gut vorbereitet. Es war aber verwunderlich, dass er die Fragen der Verteidigung nicht zugelassen hat. Die hat immer der Richter beantwortet. Er hat die Fragen nicht an die Zeugen weitergegeben."

Adelsmayrs Anwälte bezeichneten es als "schockierend und unverständlich", dass ihnen nur ein Viertel der Krankengeschichte des Verstorbenen zur Verfügung steht. Dabei handle es sich um die Computerausdrucke der letzten zehn von insgesamt 35 Tagen des stationären Aufenthalts. "Wie kann man darauf eine Mordanklage bauen?", schüttelte der Intensivmediziner den Kopf. "Ich habe den Patienten in seinen letzten 20 Tagen dreimal gesehen, das letzte Mal 36 Stunden, bevor er gestorben ist."

Übersetzerin für Angeklagten als "Premiere in Dubai"
Der Prozess wird in arabischer Sprache geführt. Adelsmayr konnte durchsetzen, dass ihm eine Dolmetscherin simultan übersetzt. "Das ist eine Premiere in Dubai", lächelte er. Vertreten wird er von einer Rechtsanwältin, sie wird von ihrem Vater unterstützt. Die beiden Juristen betreiben dort eine Kanzlei.

Ob es in der arabischen Welt ein Nachteil ist, von einer Frau verteidigt zu werden, glaubt der Mediziner nicht. "Die Frauen dort unten müssen wesentlich effizienter sein als Männer, sie sind viel besser ausgebildet und zuverlässiger. Sie macht einen guten Job." Bis zu seiner Abreise am 28. Oktober - der nächste Prozesstermin ist am 30. Oktober anberaumt - wird er mit der Kanzlei häufig in Mail- und Telefonkontakt treten.

"Wir müssen Zeugen aussuchen. Wir hätten zehn bis zwölf, der Richter wird aber nicht mehr zulassen als für die Anklage." Er akzeptiere das dortige Rechtssystem, auch wenn die Chancen nicht gleich verteilt seien. "Die Staatsanwaltschaft hat eineinhalb Jahre gegen mich ermittelt. Wir können aber nicht mit den Zeugen sprechen, das geht nur durch den Richter."

Muss Adelsmayr als Gärtner oder Chauffeur arbeiten?
Neben den Prozessvorbereitungen wird sich der Oberösterreicher in Bad Ischl um seine schwer kranke Frau, den Haushalt und den Hund kümmern, wie er erzählte. Finanziell kommt er vorerst über die Runden, noch reichen die privaten Ersparnisse aus. Doch wenn es bis zum Urteil tatsächlich noch ein halbes Jahr dauert, dann müsse er sich wohl eine Einkommensquelle suchen. "Vielleicht als Gärtner oder Chauffeur." Als Arzt in Österreich werde sich das zeitlich nicht ausgehen.

Im Falle eines Schuldspruches droht Adelsmayr die Todesstrafe oder mindestens sieben Jahre Haft. Doch so weit will er noch nicht denken. Nach umfangreichen diplomatischen Bemühungen wurde ihm eine humanitäre Ausreiseerlaubnis erteilt - Grund dafür ist die schwere Krankheit seiner Frau. Auch in Zukunft darf er die Zeit zwischen den Verhandlungen in Österreich verbringen. "Ich möchte nicht für den Rest meiner Tage auf den Interpol-Fahndungslisten stehen." Deshalb habe er sich zur Rückkehr nach Dubai verpflichtet.

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