Trost des Buddha

Korea lockt mit Urlaub im Tempel für Gestresste

Reisen & Urlaub
15.10.2011 17:00
Wir sind unterwegs, um das "Templestay"-Programm kennenzulernen, mit dem Koreas Tourismusmanager gestresste, sinnsuchende Europäer in die (buddhistisch geprägte) Kultur des Landes locken und zu sich selbst finden lassen möchten. Das erinnert an die Einkehrtage österreichischer Klöster und an Pilgerreisen in die Mönchsrepublik Athos. Nur weiter (8.300 Kilometer und etwa elf Flugstunden zwischen Wien und Seoul) und eben um einiges exotischer.

Gewiss majestätisch zieht er dahin, der himmelblaue Korean-Air-Jumbo, der den Umlauf Wien-Zürich-Seoul bedient; denn ruhig liegt er in der Luft, während im Inneren die erste Begegnung mit koreanischer (Ess-)Kultur stattfindet: "Bibimbap" wird ausprobiert, und die hilfsbereite Stewardess reicht eine gezeichnete Anleitung dazu. Diverses Gemüse gilt es in der Schale mit Reis zu mischen, auch gochujang kommt rein, eine scharfe Chilipaste und neben doenjang, einer Paste aus fermentierten Sojabohnen, die Standardzutat südkoreanischen Essens. Pikant, so ein Bibimbap. Ob vielleicht unsere Redewendung "Ich bin pappsatt" davon kommt?

Bei der Landung am Incheon International Airport, 36 Kilometer westlich von Seoul, noch ein Wiener Walzer aus den Flugzeuglautsprechern – und dann ab in die asiatische Exotik!

Man reist in ein Land, das nur um ein Viertel größer als Österreich ist, in dem aber sechsmal mehr Menschen wohnen, von denen 21 Prozent den Nachnamen "Kim" tragen. 500 Menschen pro Quadratkilometer – wo soll es da Rückzugsorte zum Meditieren geben, noch dazu mit dem obskuren Nordkorea im Rücken? Nun, rund 81 Prozent der Koreaner leben in Städten; zum Beispiel 10,4 Millionen in der Hauptstadt Seoul.

Orte der Stille in der Großstadt
Doch selbst in Seoul, das einer US-amerikanischen Metropole wie New York oder Chicago in Anmutung und Infrastruktur sehr ähnelt, minus Gehupe, Sirenengeheul und Obdachlose, gibt es Orte der Stille – zum Beispiel im hochmodernen Nationalmuseum (das architektonisch wie ein Linzer Lentos-Museum in XXX-Large daherkommt), wo man zuschauen kann, wie ein Zeichner riesige Buddha-Statuen aus Gusseisen abbildet, oder wo man Jahrhunderte kunstvoller Keramik betrachten kann, für die Korea berühmt ist.

Und immer wieder mal öffnet sich draußen in den Straßen ein Durchgang zu einem buddhistischen Tempel, in dem tatsächlich Passanten für ein kurzes Gebet innehalten oder Blumenstöcke "opfern". In Seoul ist auch das "Templestay Information Center" zu finden, in dem man sich mit Informationen eindecken und im Restaurant die speziellen, von tierischen Produkten freien Tempel-Speisen verkosten kann.

Meditation für alle Sinne
Später lernt man dann, diese Speisen auch richtig zu essen, zum Beispiel im Mihwangsa Tempel nahe Haenam an der Südspitze der koreanischen Halbinsel – fünf Busstunden südlich von Seoul, die an Reisfeldern in allen Erleuchtungen von Grün, Tausenden Gewächshäusern und Obstplantagen mit bereits am Baum verpackten Früchten vorbeiführen. Wirklich jeder verfügbare Quadratmeter in diesem Land scheint bepflanzt und bebaut zu sein.

Mihwangsa ist einer der gut 40 buddhistischen Tempel, die sich in ganz Südkorea für Übernachtungs- und Mitmachgäste geöffnet haben. Der umgebende Wald sorgt für Abschirmung, hinter der 749 gegründeten Tempelanlage (zum Vergleich: Stift Kremsmünster in Oberösterreich entstand im Jahr 777) ragt der Berg Dharma auf wie ein Paravent, und von oben hat man nach einer (langsamen) Dreiviertelstunde Aufstieg einen schönen Blick auf zwei Meeresbuchten. Also viele Ankerpunkte für meditierende Augen.

Mehr als ein Besucher
"Templestay" heißt, mehr als ein Besucher zu sein – man lebt den Alltag der Mönche mit und ihre Zeremonien. Man schläft auf einer Art Futon auf dem Boden (mit Fußbodenheizung – eine uralte koreanische Tradition), wird um vier Uhr geweckt, zuerst durch ein klackendes Holzinstrument und dann mit der großen Glocke, an die man auch selbst mal Hand anlegen darf. Dann folgt die "Morgenmesse" mit buddhistischen Gebetsgesängen und oftmaligem Niederwerfen, sodass man auch gleich eine Art Morgensport hinter sich bringt.

Man erlebt Tee- und Speisezeremonien und lernt, Essen und Abwaschen in einem einzigen Gang zu vereinen, also kein Krümelchen übrigzulassen. Erste Einweisungen in Meditation und Yoga gehören in den zweitägigen "Schnupperkursen" auch dazu, können in den ebenfalls angebotenen Acht-Tages-Programmen vertieft werden.

Beliebt sind gemeinsame, schweigend verbrachte Spaziergänge, etwa (vor Sonnenaufgang) im Hof im Kreis, oder untertags durch den Laubwald. Heilsam ist auch das gemeinsame Fegen des Tempelhofes mit dem Reisigbesen. Denn, wie sagt Obermönch Kumgang Sunim mit Recht? "Eine gute Methode, seine Sorgen wegzuwischen."

Szenenwechsel zum Tempel Haeinsa bei Hapcheon, wo sich spirituelle Erlebnisse mit faszinierender koreanische Kultur auf UNESCO-Weltkulturerbe-Niveau kombinieren lassen: Haeinsa ist Heimstatt der "Tripitaka Koreana", heilige buddhistische Texte, die auf gut 80.000 Holzschnitttafeln aufgezeichnet sind; im Jahr 1251, nach 16 Jahren, ist diese diffizile Arbeit fertig geworden. Zum zweiten Mal – denn das erste Set wurde 1232 von Mongolen zerstört. Ein im 15. Jahrhundert errichtetes Archivgebäude behütet die Tafeln bis heute.

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