Bewegung wächst

Anti-Wall-Street-Proteste werden zum Flächenbrand

Ausland
07.10.2011 16:23
Die Anti-Wall-Street-Proteste in den USA haben sich am Donnerstag auf viele US-Städte ausgebreitet. Washington erreichten die Proteste gleich in zweifacher Hinsicht: Während vor dem Weißen Haus "Schande, Schande" skandiert wurde, beschäftigte sich auch die Politik mit den Protesten. Die Strategen von Präsident Barack Obama sprechen mittlerweile von einer Tea-Party-Bewegung der Demokraten. Die Republikaner hingegen von Klassenkampf. Sie befürchten Unruhen.

Unter anderem gab es am Donnerstag in den Großstädten Chicago, Los Angeles, Philadelphia, Austin und Seattle Kundgebungen und Märsche der Bewegung "Occupy Wall Street". Vor dem US-Regierungssitz im Weißen Haus in Washington wurde lautstark Kritik am angeblichen Naheverhältnis der US-Politik zu Großkonzernen, dem Bankensektor und Lobbyisten geäußert.

Auch Präsident Obama, der sich selbst als Retter des Mittelstandes gibt, sparten die Aktivisten bei ihrer Kritk nicht aus: "Er ist realitätsfremd und damit beschäftigt, durch das Land zu touren, um eine Billion Dollar für seine Wiederwahl einzusammeln", so etwa der Kundgebungs-Organisator, Kevin Zeene, gegenüber der "New York Times".

Bewegung als Gegengewicht zur Tea Party?
Der Präsident bekundete unterdessen Sympathie für die Protestbewegung. "Die Menschen sind frustriert, wisst ihr, und die Proteste drücken eine noch breitere Frustration über die Funktionsweise unseres Finanzsystems aus", sagte er bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Washington.

Strategen von Obamas Demokratischer Partei hoffen auf politischen Aufwind durch die linksgerichteten Proteste, die demnach auf nationaler Ebene ein Gegengewicht zur rechtsgerichteten "Tea Party" bilden könnten, berichtete die "New York Times". Während Obama denn Vergleich nich scheut, zögerte sein Vize, Joe Biden, nicht und zog direkte Parallelen zwischen den beiden Bewegungen. Die Aktivisten selbst betonen aber bisher mehrheitlich, sich nicht von den Demokraten für deren Zwecke einspannen lassen zu wollen.

Cain: "Selbst schuld, wenn du nicht reich bist"
Heftige Kritik an den Protesten übte indessen der republikanische Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2012, Herman Cain. "Die Aktvisiten sind unamerikanisch und unkapitalistisch", sagte Cain. Er sieht in den Protesten eine Inszenierung, die von den Verfehlungen der Obama-Administration ablenken soll.

"Mache nicht die Wall Street und die Großbanken dafür verantwortlich, wenn du keinen Job hast und nicht reich bist", so Cain, "es ist niemandes persönlicher Fehler, erfolgreich zu sein, es sei aber sehr wohl jedermanns eigene Schuld, versagt zu haben". Mitt Romney, ebenfalls im republikanischen Rennen um das Präsidentenamt (siehe Infobox) dabei, sprach von einem "gefährlichen Klassenkampf".

Der prominente US-Republikaner Orrin Hatch warnte zudem davor, dass die Proteste sich zu Unruhen auswachsen könnten. "Es wird wegen dem, was diese Leute machen, in diesem Land noch Unruhen geben", sagte der US-Senator aus dem US-Staat Utah gegenüber der Zeitung "Salt Lake City Tribune". Die Proteste seien durch die populistische Politik von Obama provoziert worden.

Notenbanker kann Frust der Menschen verstehen
Unerwarteten Zuspruch erhielten die Proteste dafür aus den Reihen ihres erklärten Feindes, der US-Notenbank Federal Reserve. Der Regionalchef der "Fed" im texanischen Dallas, Richard Fisher, sagte am Donnerstag gegenüber Geschäftsleuten: "Das wird sie schockieren, aber ich bin einigermaßen verständnisvoll."

Die Notenbank wird von vielen Protestierenden für die Rettung von US-Investmentbanken auf Kosten der Steuerzahler im Jahr 2008 verantwortlich gemacht. "Es gibt viele Menschen ohne Arbeit", erklärte Fischer. "Wir haben eine sehr ungleiche Verteilung des Einkommens. Es gibt viele frustrierte Menschen, und ich kann ihre Frustration verstehen."

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